Ein Entwurf zum EEG 2023 sieht vor, in § 2 die besondere Bedeutung der erneuerbaren Energien gesetzlich zu verankern. Das OVG Lüneburg sieht dies kritisch.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor (BR-Drucks. 162/22) sieht zahlreiche Anpassungen vor, die das Ziel verfolgen, bis ins Jahr 2030 mindestens 80 % des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien zu erzeugen.
§ 2 EEG 2023 im Gesetzentwurf
Erstaunlich früh, schenkte das OVG Lüneburg mit Beschluss vom 21.04.2022 (Az.: 12 MS 188/21) der bloß angedachten Fassung des künftigen § 2 EEG 2023 Aufmerksamkeit, der wie folgt lauten soll:
„Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Satz 2 gilt nicht gegenüber Belangen des Landes- und Bündnisverteidigung.“
Zweifel an Geltung von § 2 EEG 2023 im Denkmalrecht
Das OVG Lüneburg äußerte nun im o.g. Beschluss pro forma Bedenken hinsichtlich der angedachten Fassung von § 2 EEG 2023, in dem es für den Bereich des Denkmalrechts die Gesetzgebungskompetenz des Bundes anzweifelte:
„Wie weit die Rechtswirkungen eines § 2 S. 2 EEG 2003 in das Denkmalrecht hinreichen könnten, (…) mag hier dahinstehen. Es sei allerdings angemerkt, dass der Bund auf dem Gebiet des Denkmalschutzes nur in eng begrenzten Sonderbereichen über Rechtssetzungsbefugnisse verfügt. Ob vor diesem Hintergrund die weitreichenden Regelungsvorstellungen der Bundesregierung realistisch sind, mag zunächst im Gesetzgebungsverfahren erörtert werden.“
Gesetzgeber sollte hellhörig werden
Nun ist das Gesetz noch nicht in Kraft und auch das OVG Lüneburg hat sich nur recht vage zu § 2 EEG 2023 geäußert. So oder so erscheint allerdings bereits der Nutzen eines § 2 EEG 2023 fragwürdig: Denn aufgrund der Klimabeschlüsse des BVerfG vom 23.04.2021 (1 BvR 2656/18 u.a.) steht mittlerweile außer Frage, dass ein (gewichtiges) öffentliches Interesse am Ausbau der Erneuerbaren Energien besteht. Dies wurde zuletzt auch durch das BVerfG mit Beschluss vom 23.03.2022 (1 BvR 1187/17) – wir berichteten hier – bestätigt. § 2 EEG 2023 wäre somit allenfalls klarstellend, aber nicht konstitutiv.
Der Gesetzgeber sollte sich daher genau überlegen, ob er § 2 EEG 2023 tatsächlich in angedachter Fassung verabschieden möchte. Zusätzlich ist zu bedenken, dass die positiv gemeinte Verankerung in § 2 EEG 2023 eine gegenteilige Wirkung haben könnte. Denn Fachbehörden wenden primär ihre Fachgesetze an, nicht das EEG 2023 – fehlt dann aber ein ähnlicher Grundsatz, könnte dies als bewusste gesetzgeberische Lücke gegen den Vorrang von Erneuerbaren Energien gewertet werden. Damit würde dann die klimafreundliche Rechtsprechung des BVerfG sogar konterkariert werden.