Markus Söder, der Vorsitzende der CSU, sorgte kürzlich für Aufsehen mit seinem Plan, durch staatliche Beteiligungen – also mithilfe von Steuergeldern – an französischen und tschechischen Atomkraftwerken günstigen Atomstrom nach Bayern zu holen. Der Vorschlag ist so absurd, dass ihn selbst die atomkraftfreundliche FDP zerriss.

Söder schielte wohl vor allem auf den geplanten Neubau von zwei Reaktorblöcken im tschechischen Dukovany, dessen Kosten von der dortigen Regierung auf rund 16 Milliarden Euro geschätzt werden. Auch CDU-Vorsitzender Merz hat sich inzwischen für eine Beteiligung Deutschland an französischer Atomkraft ausgesprochen.

Wie sieht denn die Realisierungschance dieser zwei geplanten neuen Blöcke in Dukovany überhaupt aus?

Bereits um 2010 hatte die tschechische Regierung beschlossen, neue Reaktoren in Dukovany und Temelín zu bauen. Die Ausschreibungen dazu wurden jedoch Mitte der 2010er Jahre eingestellt, da sich herausstellte, dass die Blöcke weder vom Staat noch von privater Hand finanzierbar waren.

Später fasste die Regierung erneut den Beschluss, den Bau neuer Atomreaktoren über eine internationale Ausschreibung anzugehen. Anfang dieses Jahres erhielt der koreanische Reaktorbauer Korea Hydro & Nuclear Power (KHNP), ein Tochterunternehmen des koreanischen Energieversorgers KEPCO, den Zuschlag. Die Mitbewerber EDF aus Frankreich und Westinghouse aus den USA gingen leer aus, da KHNP deutlich günstiger war.

Doch trotz des Zuschlags ist die Planung des Reaktors, geschweige denn der Bau, noch lange nicht gesichert, auch wenn Atomkraftbefürworter behaupten, dass in Tschechien bald neue Atomreaktoren gebaut würden.

Anhörung im koreanischen Parlament zeigt erhebliche Zweifel an der Finanzierbarkeit

In Korea gibt es statt einhelliger Freude über ein lukratives Exportgeschäft erhebliche Zweifel an der Umsetzung. Dies wurde in einer Anhörung im koreanischen Parlament am 14. Oktober deutlich. Es besteht die Befürchtung, dass KHNP mit einem Dumpingpreis zwar die Ausschreibung gewann, jedoch die Verschuldung des staatlichen Mutterkonzerns KEPCO und damit auch die Staatsverschuldung weiter erhöhen könnte.

Es stehen zudem hohe, bislang nicht einkalkulierte Lizenzgebühren im Raum, die inzwischen von Westinghouse gegenüber KHNP geltend gemacht wurden.

Abgeordnete der Opposition warnten, dass das tschechische Projekt für KHNP ebenso verlustreich sein könnte wie der Bau von vier Reaktorblöcken des Kernkraftwerks Barakah in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dort wurde das Projekt durch zusätzliche Zahlungen von 1,3 Milliarden Dollar an Westinghouse für Lizenzrechte sowie durch Streitigkeiten mit den Auftragnehmern Hyundai Engineering & Construction und Samsung C&T über Mehrkosten in Höhe von etwa 360 Millionen Dollar massiv verteuert.

Der KHNP-Mutterkonzern KEPCO ist bereits hoch verschuldet, aktuell belaufen sich die Schulden auf über 140 Milliarden US-Dollar – eine Summe, die höher ist als die Staatsverschuldung der Tschechischen Republik. Damit übersteigen die Schulden von KEPCO sogar die bereits enormen Verbindlichkeiten der französischen Atomfirma EDF, die bei rund 64 Milliarden Euro liegen.

Atomenergie ist also kein lukratives Geschäft, wie viele behaupten, sondern ein Fass ohne Boden, das zu hohen Unternehmens- und Staatsverschuldungen führt – wie die Beispiele Frankreich und Korea zeigen.

Wo geht der tschechische Atommüll hin?

Auch in Tschechien gibt es – wie in Frankreich oder Deutschland – bis heute kein Endlager für Atommüll. Niemand weiß, wie der Atommüll langfristig und verantwortungsvoll entsorgt werden soll, ohne künftige Generationen zu gefährden.

Obwohl die Debatte in Deutschland weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwunden ist, werden die Probleme mit dem bereits angefallenen Atommüll immer gravierender. Der kürzlich erschienene „Sorgenbericht Atommüll“ zeigt die gravierenden Mängel der aktuellen Atommülllager in Deutschland auf: rostende Atommüllfässer, Zwischenlager ohne Genehmigung und eine unzureichende Suche nach Endlagerstandorten.

Die tschechische Regierung hat nun drei Orte in die engere Auswahl für ein Atommüllendlager genommen. Alle drei Gemeinden wollen sich vor Gericht dagegen wehren, dass Voruntersuchungen bei ihnen stattfinden sollen.

Es handelt sich um Brezový Potok in der Region Böhmerwald, Janoch bei Temelín in der Region Budweis und Horka in der Region Třebíč.

Der Widerstand dieser tschechischen Gemeinden ist ähnlich dem in Bayern. Auch Ministerpräsident Söder lehnt weiterhin ein Atommüllendlager in Bayern ab.

Zwar will Söder tschechischen, französischen und deutschen Atomstrom, lehnt aber die Endlagerung von Atommüll in Bayern ab, obwohl Bayern einen Löwenanteil des deutschen Atommülls produziert hat. Welch dreiste Verantwortungslosigkeit!

Besonders erschreckend ist, dass die Freien Wähler, die CSU, die AfD und andere Populisten Söders und Merz‘ absurden Vorstoß auch noch wohlwollend unterstützen.

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