Am letzten Freitag stand Dr. Maiken Winter mit anderen engagierten Menschen der Kirchenvernetzungsgruppe der ehemals „Letzten Generation“ vor dem Amtsgericht Nürnberg. Sie wurden wegen Nötigung angeklagt. Der Grund für die Anklage: Eine kurzzeitige Straßenblockade, bei der sie sich am Nürnberger Hauptbahnhof friedlich auf die Straße setzten. Die Aktion war eingebettet in den Evangelischen Kirchentag im Juni 2023, bei dem an vielen Orten über Klimaschutz diskutiert wurde. Ihr Anliegen: Protest gegen die mangelhafte Klimapolitik in Deutschland. Ich kenne und schätze Maiken seit vielen Jahren als integre und engagierte Klimaschützerin.

Sie wurde schuldig gesprochen und zu 60 Tagessätzen verurteilt. Das entspricht zwei Monatsgehältern oder auch der Strafe bei schwerem Hausfriedensbruch.

Ich erachte dieses Urteil als nicht gerechtfertigt. Es besteht längst kein Zweifel mehr daran, dass sich die gesamte Menschheit aufgrund der rasant zunehmenden Erderhitzung in einem planetaren Notstand befindet. Mit jedem weiteren Tag unzureichenden Handelns von Gesellschaft und Politik verschärft sich die Lage – wie selbst UN-Generalsekretär Guterres unermüdlich betont.

Die Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung sind sogar laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts unzureichend. Damit ist aus meiner Sicht höchstrichterlich belegt, dass alle rechtlichen Maßnahmen ausgeschöpft sind und somit die Voraussetzungen des § 34 StGB einen Freispruch vorliegen – insbesondere die Gegenwärtigkeit der Gefahr, die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Notstandshandlung sowie deren Angemessenheit.

Maiken berichtete mir nach dem Urteil, dass die Dringlichkeit der Klimakrise für den Fall als belanglos angesehen wurde. Es ging ausschließlich um das Recht der Autofahrer, Auto zu fahren – ein Recht, das jedoch im Gegensatz zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen keinen Verfassungsrang hat. Es ging nicht um unser aller Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, auf Eigentum und um den Schutz der Freiheiten kommender Generationen.

Das Unverständnis der Gerichte für die Klimanotlage zeigt sich auch darin, dass der Prozess – wie es wohl oft geschieht – vor einem Verkehrsgericht geführt wurde.

Maiken Winter:
„Ich stehe fassungslos vor diesem Ergebnis, tief erschüttert darüber, dass die Gerichtsbarkeit nicht unabhängig erscheint und sich nicht erlaubt, die klimatische Notlage anzuerkennen. Tief erschüttert darüber, dass all unser Einsatz, unsere ehrlichen, offenen, engagierten Reden die Mauer des Nicht-Wissen-Wollens nicht aufweichen konnten. Unfassbar ist auch, dass wir angeblich Gewalt ausgeübt haben sollen. Ist es Gewalt, wenn man friedlich auf der Straße sitzt und sich ohne Gegenwehr wegtragen lässt? Das Absurde war, dass ein Polizeivideo als Beweis für unsere ‚Gewalt‘ gezeigt wurde – ein Video, in dem in zwei Fällen Polizeigewalt zu sehen ist. Diese Aufnahmen verstören mich seit Tagen. Der Gewaltbegriff muss dringend klarer definiert werden.

Unsere Intention, die klimatische Notlage, unser gesamter Beitrag zur Gesellschaft, unser Glaube und unsere Weltanschauung – nichts davon zählte. Es war erschütternd und lässt mich traurig und sehr besorgt zurück. Wohin führt es, wenn diejenigen, die sich für Grundrechte einsetzen, als Straftäter verurteilt werden? Wir sind doch diejenigen, die besonders an den Staat und die Gerichtsbarkeit geglaubt haben. Dieser – wohl leider naive – Glaube ist nun gebrochen. Kann das die Intention des Staates sein?“

Auch andere Gerichtsurteile sind unverhältnismäßig hart

Mir liegt keine Übersicht über die Verurteilungen in ähnlichen Fällen vor, aber sie dürften wohl in die Hunderte gehen.

Krass ist die Aburteilung von Karl Braig, den ich ebenfalls als engagierten Klimaschützer kenne und schätze. Er wurde wegen einer kurzzeitigen, gewaltfreien Straßenblockade zu fünf Monaten Haft verurteilt.

Die Beweggründe für seine Klimaaktivitäten beschreibt er auf seiner Internetseite:

https://karl.hamatoma.de

Ungleichbehandlung gegenüber Bauernprotesten

Tausende Bauern haben im letzten Winter mit Traktoren Straßen blockiert – meist nicht nur kurzzeitig wie Maiken Winter, sondern oft stundenlang. Aus meiner Sicht waren diese Straßenblockaden wesentlich gefährlicher als die der ehemals „Letzten Generation“.

Im Internet habe ich vergeblich nach Verurteilungen von Bauern gesucht, die im Prinzip dasselbe taten wie die Klimaschützer. Das Ziel der Bauernproteste war jedoch das genaue Gegenteil: Sie protestierten, um eine für alle Steuerzahler belastende Subvention für den fossilen Agrardiesel aufrechtzuerhalten. Damit setzten sie sich dafür ein, das Klima weiter aufheizen zu dürfen und den Klimanotstand zu verschärfen. Diese Tatsache wurde vom Anwalt einer der Angeklagten ausdrücklich thematisiert – blieb jedoch von der Richterin unkommentiert.

Eine Verurteilung eines Landwirts habe ich jedoch gefunden: Ein Traktorfahrer verletzte bei einer Straßenblockade sogar einen einschreitenden Polizisten. Doch während viele Mitglieder der „Letzten Generation“ für kurzzeitige, gewaltfreie Straßensperrungen Gefängnisstrafen erhielten, bekam er keine Haftstrafe, sondern ein besonders mildes Urteil – selbst bei der Verletzung eines Polizisten! Die Geldstrafe von 3.000 Euro ist genauso hoch wie die von Maiken. Wo bleibt da die Gleichbehandlung vor Gericht?

Namhafte Persönlichkeiten reichten Stellungnahmen im Prozess von Maiken Winter ein

Das Gericht ließ alle eingereichten Stellungnahmen von herausragenden internationalen Persönlichkeiten nicht zu: https://www.wissenleben.de/2025/02/14/stimmen-f%C3%BCr-klima-aktivist-innen/

So zum Beispiel von Prof. Hans-Joachim Schellnhuber, dem ehemaligen Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, der als direkter Berater von Ex-Kanzlerin Merkel bei den Verhandlungen zum Pariser Klimaschutzabkommen tätig war.

Auch ich hatte vor Gericht einen Beweisantrag gestellt und für einen Freispruch plädiert.

Lesen Sie im Folgenden meinen vollständigen vor Gericht eingebrachten Beweisantrag:

 


 

Rede Gerichtsprozess Maiken Winter

14. Feb 2025; Amtsgericht Nürnberg

Hans-Josef Fell

Hohes Gericht

Im Jahre 2022 war ich bereits als Sachverständiger zu einem Prozess in Berlin geladen. Dort stand ein junger Klimaaktivist vor Gericht, der mit einer Aktion des gewaltfreien Widerstandes gegen die Untätigkeit der Regierungen protestierte und für seine eigene Zukunft wesentlich stärkere Klimaschutzmaßnahmen und politische Entscheidungen forderte.

Ich legte dem Gericht damals als Beweise die sprunghaft angestiegene Temperaturerhöhung der irdischen Atmosphärentemperatur vor. Sie betrug damals, also 2022, im globalen Mittel 1,4°C über dem vorindustriellen Niveau. Das in Paris 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossene Ziel 1,5°C nicht zu überschreiten, schien noch einhaltbar.

Heute, gut zwei Jahre später, schauen selbst die Klimaforscher erschrocken auf eine von ihnen so nicht vorhergesagte Erdaufheizung. Im letzten Jahr 2024 erreichte die Atmosphäre eine globale Mitteltemperatur über 1,6°C. Das in Paris 2015 völkerrechtlich verbindlich einzuhaltende Ziel von 1,5°C wurde schon 9 Jahre später überschritten. Der Januar 2025 war mit 1,7°C Temperaturerhöhung zum Entsetzen der Klimaforscher unerwartet nochmal extrem viel heißer. Erwartet hatten die Klimaforscher wegen dem aktuellen vorhandenen Naturphänomen La Nina einen leichten Rückgang der Erdtemperatur, doch sie ist erneut sprunghaft angestiegen.

Die Ursache liegt ganz klar im gesellschaftlichen und politischen Versagen Klimaschutzvorsorge zu betreiben.

So lagen die Treibhausgasemissionen nach einem Rekordjahr 2023 in 2024 schon wieder auf einem neuen Rekordniveau.

Obwohl sich in Paris fast alle Nationen der Welt 2015 in Paris völkerrechtlich verpflichtend auf Emissionssenkungen verpflichtet hatten, hat das menschliche Handeln das glatte Gegenteil bewirkt.

Auch Deutschland wird die selbst auferlegten gesetzlich verpflichtenden Emissionsreduktionsziele nicht erreichen, so der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung in seinem kürzlich vorgelegten Gutachten. So sind zwar 2024 die Emissionen leicht gesunken, aber die gesetzlichen Ziele bis 2030 sind mit bisherigen und den gesetzlichen Maßnahmen nicht zu erreichen.

Dabei sind nüchtern und ohne Beschönigung betrachtet, auch diese nationalen gesetzlichen Ziele viel zu schwach, um einen Beitrag zu leisten, den der Planet für den Klimaschutz bräuchte.

Um das bereits überschrittene Temperaturziel von 1,5°C tatsächlich einzuhalten müssten jetzt Abkühlungsprozesse der Erde eingeleitet werden.

Dies geht nur mit einer Verringerung der Treibhausgaskonzentration der irdischen Atmosphäre von heute 425 ppm CO2 auf unter 350 ppm, was als sichere planetarische Grenze gilt. Dies bedeutet, dass nur unter diesem Niveau die menschliche Zivilisation eine Chance für das Überleben hat, so die Forschungsergebnisse des Leiters des Klimaforschungsinstituts PIK in Potsdam.

Um die bereits viel zu hohe Konzentration der Klimagase in der Atmosphäre zu senken, müsste die Menschheit möglichst schon um 2030 alle Treibhausgasemissionen beenden und große Mengen Kohlenstoff aus der Atmosphäre wieder entfernen.

Wenn dies nicht gelingt, wird die Erdgemeinschaft in die Klimahölle gehen, so die zutreffenden Worte von UN-Generalsekretär António Guterres.

Dass dies die bittere Konsequenz sein wird, ist längst bekannt:

1988 hat die Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag den ersten Bericht zur „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre“ veröffentlicht.

Ein Zitat auf Seite 225 belegt eindringlich, dass schon damals 1988 die existenzielle Bedrohung der menschlichen Zivilisation klar erkannt wurde: „Die Ernährungssituation der Menschheit würde immer schwieriger werden, was großen sozialen Konfliktstoff in sich birgt. Regionale Konflikte sind zu erwarten. Weitere Auswirkungen sind Völkerwanderungen im großen Stil, da viele Völker versuchen werden, in fruchtbarere Gebiete vorzudringen oder dem ansteigenden Meer zu entfliehen.“

Was Klimahölle bedeutet, hat die europäische Umweltbehörde Anfang letzten Jahres in einem letzten Weckruf an die Politik formuliert.

Sie warnte, dass es bereits in den nächsten Jahrzehnten unbeherrschbare Katastrophen auch in Europa geben wird, falls nicht radikal in der Klimaschutzpolitik umgesteuert wird.

Zu befürchten sind auch in Europa jährlich Hundertausende Tote durch Hitzewellen, Waldbrände, Hunger durch Dürren, Flutregen, u.a. Katastrophen, Biodiversitätsverluste, massive wirtschaftliche Einbrüche, eine Zunahme von Flüchtlingsbewegungen durch Meeresspiegelanstieg und Verlust von zivilisatorischen Lebensräumen.

Dies sind keine Kassandrarufe, sondern nüchterne naturwissenschaftliche Erkenntnisse. Wenn wir nicht angemessen handeln, werden diese Katastrophen, weit über das Maß hinaus, was wir schon erleben mussten, im Ahrtal, in Valencia oder jüngst in Los Angeles, massiv zunehmen. Die Naturgesetze sind unbestechlich, die Wissenschaft kennt sie heute genau. Diese Naturgesetze werden sich nicht darum kümmern, ob wir Menschen sie kennen, sie anerkennen und uns danach richten wollen oder können oder eben nicht. Sie sind unerbittlich und lassen sich durch nichts beeinflussen.

Beeinflussen lassen sich aber die menschlichen und politischen Handlungen, um die Ursachen dieser Erdaufheizung zu stoppen oder gar umzudrehen, damit wir den Planeten wieder in eine Abkühlung bringen.

Einem großen Teil unserer Bevölkerung, Medien, Unternehmen und Politik sind diese genannten Entwicklungen nicht in ihrer Schärfe bewusst.

Einem kleinen Teil der Bevölkerung aber sehr wohl. Sie haben sich zum Teil seit Jahrzehnten intensiv mit den Fragen des Klimawandels und den notwendigen Maßnahmen für wirksamen Klimaschutz beschäftigt.

Sie haben persönlich mit der Umstellung auf Erneuerbare Energien oder emissionsfreie Mobilität aktiv als Vorbildern für den Klimaschutz gehandelt. Sie haben Ausbildung und Arbeitsplätze in Firmen gewählt, wo der Klimaschutz aktiv gelebt und Klimaschutzprodukte wie Erneuerbare Energien oder Biokunststoffe hergestellt werden. Sie haben Protestmärsche, z.B. mit Fridays for Future, organisiert. Sie sind in Parlamenten auf kommunaler, Länder- oder Bundesebene aktiv geworden, sie haben sich in Klimaschutzorganisationen eingesetzt, sie haben Freizeit geopfert, persönlich viel Geld investiert, sie haben Verzicht, z.B. auf Urlaubsflüge geübt; schlicht sie haben alle gesetzlich erlaubten und empfohlenen Maßnahmen persönlich aktiv höchst engagiert durchlebt, in der Hoffnung damit Anstöße zu geben, die gesamte Gesellschaft und Politik zum notwendigen Klimaschutz anzutreiben.

Ja, einige haben sogar Gerichte bemüht und am Schluss Erfolg beim Bundesverfassungsgericht gehabt, welches

2021 einen klaren Beschluss fasste. Es stellte in seinem Urteil fest, dass aufgrund des deutschen Klimaschutzgesetzes von 2019 und die darin festgelegten, bis zum Jahr 2030 zugelassenen, Emissionsmengen praktisch jegliche grundrechtlich geschützte Freiheit gefährdet ist.

Im Oktober 2023 forderten in einem Appell an die Bundesregierung 60 Verfassungs- und VölkerrechtlerInnen ein effektives Klimaschutzprogramm mit ausreichenden Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaschutzziele und damit die völker- und verfassungsrechtlichen Verpflichtungen zu beschließen.

Die Jura-Unterzeichnenden erinnerten damals insbesondere auch an die erwähnte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 2021, in der klargestellt wurde, dass das Grundgesetz zu wirksamen Maßnahmen gegen die Erderwärmung sogar verpflichtet.

Doch bis heute gibt es keine der dramatischen Klimaaufheizung angemessene Politik.

Alle diese engagierten Klimaschützer sehen, dass ihre zum Teil jahrzehntelangen Aktivitäten für den Schutz der im Grundgesetz 20a verankerten Lebensgrundlagen nicht ausreichend Rechnung getragen wird.

Nicht in ausreichenden politischen Gesetzen, nicht in ausreichendem unternehmerischem Handeln von Firmen, die unbeirrt ihre Geschäfte auf fossilen klimaschädlichen Geschäftsmodellen aufbauen, nicht im größeren Teil der Bevölkerung, nicht in ausreichender Berichterstattung der Medien.

Das Ergebnis dieses jahrzehntelangen kollektiven Versagens der Weltgemeinschaft und auch der nationalen Gesellschaft hier in Deutschland sind die schon erwähnten 1,7°C globale Erdaufheizung im Januar 2025. Die kaum Zweifel daran lassen, dass selbst die schlimmsten Prognosen vieler Klimaforscher übertroffen werden.

Bei den Wissenden, die sich wie oben beschrieben vielfach eingesetzt haben, wächst die Erkenntnis, dass offensichtlich mit allen legalen Methoden wirksamer Klimaschutz nicht mehr organisiert werden kann. Sie suchen nach Möglichkeiten, wie man eine Gesellschaft noch vor dem Untergang wachrütteln kann.

Alle gesetzlich erlaubten Mittel sind ausgeschöpft, sie haben offensichtlich nicht das bewirkt, was der Planet an menschlichem Handeln gesellschaftlich wie politisch benötigt, um auf dem kollektiven Marsch in die Klimahölle umzudrehen.

Ich persönlich kann authentisch über das große Versagen von Politik und Gesellschaft berichten. In den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts wurde mir die Problematik der Erdaufheizung mit den schon damals vorhandenen wissenschaftlichen Ergebnissen sonnenklar.

Ich habe mich persönlich engagiert, im eigenen Handeln, mit einem Solarhaus schon in den 80er-Jahren, mit dem Einzug in den Bundestag, wo es mit meinen Bundestagskollegen gelang, das bisher erfolgreichste Klimaschutzgesetz der Welt, das EEG zu verabschieden. Es hat es geschafft, was damals niemand für möglich hielt: Die emissionsfreien klimaschützenden Erneuerbare Energien sind die kostengünstigste Art der Energieversorgung geworden. Wir haben damals wirksamen Klimaschutz auf den Weg gesetzt. Ich selbst bin dafür in der gesamten Welt mit vielen Auszeichnungen überhäuft worden.

Doch trotz dieses riesigen Erfolges musste ich nach meinem Ausscheiden aus dem Bundestag im Jahre 2013 feststellen, dass diese großen Anfangserfolge von der klimazerstörenden fossilen Wirtschaft mit größtem Lobbyeinfluss auf Politik wieder zunichte gemacht wurden, mit der Folge, dass selbst das Bundesverfassungsgericht feststellte, dass nicht einmal die ohnehin unzulänglichen nationalen Klimaziele eingehalten werden.

Viele der engagierten Klimaschützer haben mit mir erleben müssen, wie die politischen Rahmenbedingungen wieder aktiv verschlechtert wurden, wie ihr persönlicher Einsatz ins Leere lief und engagierten sich immer mehr, weil sie keine gesetzeskonformen Handlungsmöglichkeiten mehr sahen, die stark genug wären, die Erdaufheizung wenigstens zu stoppen.

Drei von diesen hoch engagierten Klimaschützern, die alles rechtlich Mögliche versucht haben, stehen hier heute hier vor Gericht.

Sie haben sich in der Geschichte der Menschheit umgeschaut, welche Methoden erfolgreich sein könnten, um großes gesellschaftliches Unrecht abzuschaffen.

Die Geschichte lehrt uns, dass die Apartheit nur durch mutige Aktivitäten des gewaltfreien zivilen Ungehorsams unter Martin Luther King in den USA oder Nelson Mandela in Südafrika abgeschafft wurde. Dass die Frauenbewegung durch gewaltfreien zivilen Ungehorsam die Gleichberechtigung der Frau zumindest ein großes Stück weit erringen konnte. Doch immer noch nicht in allen Ländern. Im Iran beispielweise machen Frauen gewaltfreien zivilen Ungehorsam und weigern sich den gesetzlich verordneten Schleier zu tragen. Dafür landen sie im Gefängnis. Auch in der DDR wurden viele Menschen wegen ihres zivilen Ungehorsams ins Gefängnis gesteckt und konnten doch genau mit dem Mittel des zivilen Ungehorsams am Ende Freiheit und die deutsche Einigung erkämpfen.

Menschen in Deutschland, die gegen die vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Ungerechtigkeit durch eine nicht ausreichende Klimaschutzgesetzgebung Deutschlands mit gewaltfreiem zivilem Ungehorsam, z.B. Straßenblockaden, protestierten, landen in Deutschland genauso im Gefängnis, wie Frauen im Iran oder wie Studenten in Hongkong, die 2019 friedlich und gewaltfrei mit Sitzblockaden gegen die Beendigung ihrer demokratischen Freiheitsrechte demonstrierten.

Ich kann nur an das hohe Gericht appellieren und den Notstand der Menschheit in Bezug auf den nicht ausreichenden Klimaschutz festzustellen und darin die Legitimität der gewaltfrei mit zivilem Ungehorsam protestierenden Menschen nach §34 StGB festzustellen.

Offensichtlich sind die Gesetzesgrundlagen auch in Deutschland nicht geeignet, die drohende Auslöschung der menschlichen Zivilisation noch zu verhindern. In einem Notstand aber ist gewaltfreier ziviler Ungehorsam ein legitimes Mittel, um auf diesen Notstand aufmerksam zu machen, da gesetzlich zur Verfügung stehende Mittel ausgeschöpft und eben nicht ausreichend sind, um den Notstand zu beenden.

Die horrende 1,7°C Erderwärmung im Januar 2025 ist Beleg genug für den Notstand, in welchem sich die Menschheit befindet.

Die Beweistatsachen sind wesentlich, um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 StGB zu beweisen, insbesondere die Gegenwärtigkeit der Gefahr, die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Notstandshandlung sowie deren Angemessenheit.

Die Angeklagten haben somit gemäß §34 StGB gerechtfertigt gehandelt.

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