In den vergangenen Wochen zeichneten sich an gleich mehreren Fronten anstehende Umwälzungen bei der Förderung der Erneuerbaren Energien ab. Den Anfang machte die EU-Kommission kurz vor Weihnachten mit der Vorstellung der Neufassung der Energie- und Umweltbeihilfeleitlinien. Nach dem Jahreswechsel folgten die Ankündigungen der neuen Bundesregierung im Rahmen ihres Klimaschutz Sofortprogramms.

Gelockerte Vorgaben aus Brüssel

Mehr Beinfreiheit bei der Förderung der Erneuerbaren versprachen zunächst die am 21.12.2021 veröffentlichten neuen Beihilfeleitlinien. Die überarbeiteten Kommissionsvorgaben für eine europarechtskonforme EE-Förderung fügen sich ein in das „Fit for 55“-Programm der der Brüsseler Behörde. Das neue Regelwerk ersetzt die Leitlinien von 2014, die zum Jahreswechsel ausliefen. Der Rechtsakt firmiert nunmehr unter dem Namen der „Climate, Energy and Environmental Aid Guidelines“ kurz „CEEAG“.

Wie schon der Name vermuten lässt, sprechen die CEEAG ein breites Feld klimafreundlicher Subventionen an. Wenig überraschend sind die Leitlinien daher auch hinsichtlich ihres Textumfangs deutlich angewachsen. So nehmen die Kommissionsvorgaben nunmehr neben Treibhausgasvermeidung auch Maßnahmen zur Treibhausgasspeicherung in den Blick. Die Förderung Erneuerbarer Energien ist „nur“ noch als ein Unterpunkt unter vielen geregelt. Nämlich unter dem allgemeinen Abschnitt betreffend die Beihilfen zur Reduzierung von Treibhausgasen (Ziff. 4.1 CEEAG).

Brüssel gibt den Mitgliedstaaten zukünftig mehr Spielraum hinsichtlich der Aussschreibungsschwellen. Auch bei der Kommission scheint man sich nunmehr im Klaren zu sein, dass eine wettbewerbliche Ermittlung der Fördersätze insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen sowie Bürgerenergieprojekte (noch) überfordert. Belegen ließ sich dies anhand der Akteursstruktur schon länger, wie unlängst auch das Umweltbundesamt aufzeigte.

Nach Rn. 107 CEEAG können nunmehr Anlagen unterhalb einer Leistung von 1 MW von der Ausschreibungspflicht ausgenommen werden. Privilegiert werden zudem Projekte, die zu 100 Prozent im Eigentum von kleinen und mittleren Unternehmen („KMU“ bzw. „SME“) oder Bürgerenergiegesellschaften stehen. Diese können bis zu einer Leistung von 6 MW von der Ausschreibungspflicht befreit werden. Bei Windenergie liegt der Schwellwert sogar bei 18 MW, vorausgesetzt es handelt sich um Bürgerenergie oder um Projekte von Klein- und Kleinstunternehmen.

Was heißt das für „unser“ EEG?

Damit auch deutsche Anlagenbetreiber von diesen Erleichterungen profitieren können, muss die Ampel die Vorgaben noch in das bestehende Ausschreibungsmodell integrieren. Eine unmittelbare Wirkung kommt auch den neuen Leitlinien nicht zu. Umsetzungsbedarf besteht hier insbesondere beim Stichwort Bürgerenergie. Das EEG steckt in diesem Bereich noch voller Altlasten aus Zeiten der großen Koalition. Die Vorangegangene Bundesregierung zeichnete sich bei der Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben vor allem durch Tatenlosigkeit aus. Die Bestimmungen der zweiten Erneuerbaren Energien Richtlinie (RED II) wurden trotz Ablaufen der Umsetzungsfrist kaum in deutsches Recht überführt. Verbände bemühten sich insbesondere hinsichtlich der Bürgerenergie um die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens. Für Teile des EEG steht die Unionsrechtswidrigkeit im Raum, insbesondere beim Eigenverbrauch. Ein Verfahren läuft (Az. INFR(2021)0192).

Durch die Privilegierungen innerhalb der CEEAG ist die neue Bundesregierung zusätzlich gefragt. Meint man es endlich ernst mit Bürgernaher dezentraler Energieerzeugung, muss der neu gewonnene Spielraum bei der nächsten EEG-Reform zwingend genutzt werden. Immerhin der Termin für die nächste Überarbeitung zeichnet sich bereits ab. Im Rahmen der Klimaschutz-Eröffnungsbilanz kündigte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck umfassende Änderungen beim EEG noch im Jahr 2022 an.

Reformpläne der Ampel: Große und kleine Änderungen

Zwei zentrale Aspekte dürften sich zukünftig bereits in § 1 EEG wiederfinden. Zunächst die neue Zielmarkte von 80 Prozent Erneuerbarer Energien am Strommix im Jahr 2030. Zu anderen feiert auch ein bereits bei der Novelle zum EEG 2021 angedachtes Konzept ein Revival: Das Gesetz soll die Erneuerbaren auch ausdrücklich als im überragenden öffentlichen Interesse stehend benennen. Ökostromerzeugung als Teil der öffentlichen Sicherheit. Hier hatte sich die CDU in der vorangegangenen Legislaturperiode noch quergestellt. Vermutlich um Verhandlungsmasse für Jamaika zu sammeln.

Im Übrigen sollen entsprechend des neuen Ausbauziels die Ausschreibungsvolumina heraufgesetzt werden. Im Rahmen eines Solarbeschleunigungspakets sollen auch die Ausschreibungsschwellen heraufgesetzt und die PV-Flächenkulisse erweitert werden. Auch die Rahmenbedingungen für Mieterstorm sollen verbessert werden. Geplant sind ebenso bessere gesetzliche Rahmenbedingungen für den die Verbrauch von EE-Strom unmittelbar in der Erzeugerregion.

An diesem Punkt schließt sich ein weiteres Vorhaben an: Das vollständige Entfallen der EEG-Umlage auf Verbraucher- und Eigenversorgerseite. Ab 2023 soll die Finanzierung der EEG-Förderungen vollständig aus dem Bundeshaushalt gespeist werden. Damit dürften auch die Eigenversorgungsprivilegien (§§ 61 ff. EEG) hinfällig werden. Das wiederum wirft die Frage auf, wie Eigenversorgungssachverhalte zukünftig gefördert werden sollen. Bis jetzt speisen dezentrale Selbstversorgungsprojekte ihre Wirtschaftlichkeit insbesondere aus reduzierten EEG-Umlagepflichten. Dies dürfte mit dem nächsten Jahreswechsel entfallen. Hier peilt man im BMWK wohl den ganz großen Wurf an: Ein neues Strommarktdesign „Klimaneutrales Stromsystem“. Abgaben, Umlagen, Steuern und Entgelte sollen reformiert werden. Nach der jahrelangen schwarz-roten Flaute kündigt sich also ein deutlicher Wetterumschwung an.