Auf dem letzten Weltgipfel zur Eindämmung des Plastikmülls in Busan, Südkorea, wurde erneut kein Ergebnis erzielt und eine Beschlussfassung auf das nächste Jahr verschoben. So geht das nun schon seit einigen Jahren. Verhindert haben selbst ein Minimalergebnis die Ölstaaten.
Quelle: https://www.tagesschau.de/wissen/suedkorea-busan-abkommen-plastikmuell-100.html
Inzwischen wachsen die Plastikmüllberge immer weiter, die Meere und viele Landschaften werden mehr und mehr zugemüllt, die Mikroplastikverseuchung schädigt unser aller Gesundheit und auch die Erdaufheizung wird über den Plastikmüll immer mehr angefacht. Dabei sind die Plastikreste nicht nur in den Meeren tödlich für viele Fische. Vor vielen Jahren zeigte mir ein Forscher eine Dokumentation aus Abu Dhabi über verendete Kamele, Wüstenfüchse und andere Tiere, die am unverdaulichen Plastik in ihren Mägen gestorben sind.
Laut Statista produziert die Welt mehr Plastik als jemals zuvor. Das zeigen aktuelle Daten des Wirtschaftsverbands PlasticsEurope. Demnach stieg die Menge des weltweit produzierten Kunststoffs 2023 auf rund 414 Millionen Tonnen – das sind fast zwölf Prozent mehr als fünf Jahre zuvor. Grundlage für all dieses Plastik sind zu über 90 Prozent fossile Rohstoffe wie Erdöl oder Erdgas. Recycelte Kunststoffe spielen dagegen – anders als viele Verpackungen im Supermarkt suggerieren – nur eine untergeordnete Rolle, wie der Blick auf die Statista-Grafik zeigt. Zuletzt lag ihr Anteil an der globalen Plastikproduktion bei rund neun Prozent. Und wie sieht es mit Kunststoffen auf Basis biologischer Rohstoffe aus? Mit 0,7 Prozent spielt Plastik aus Stärke- und cellulosereichen Pflanzen wie Mais oder Miscanthus, Ölsaaten oder Holz praktisch keine Rolle.
Erdölwirtschaft verhindert Kreislaufwirtschaft mit Biokunststoffen
Ähnlich wie die Erdölstaaten auf der letzten UN-Klimakonferenz in Aserbaidschan wirksame Klimaschutzmaßnahmen verhinderten, haben die Lobbyisten der Erdölwirtschaft eine Lösung für die immer schlimmer werdene Verseuchung der Erde mit Plastikmüll auch auf dem Plastik-UN-Gipfel in Busan scheitern lassen.
Deren Interessen sind klar: Bestandschutz für die immensen Gewinne aus den Geschäften mit Erdöl, Erdgas und Kohle. Diese Profitgier ist unersättlich. Sie behindert gleichermaßen den globalen Umstieg auf 100% Erneuerbare Energien und ebenso die Umstellung von der fossilen Petrochemie auf Biokunststoffe.
Selbstverrottbare Biokunststoffe sind die entscheidende Lösung
Eine Rohstoffbasis für Kunststoffe aus Pflanzen, Algen, Pilzen oder Bakterien wäre die wichtigste Strategie, um die weitere Plastikvermüllung der Erde und die Klimaaufheizung durch Plastik zu beenden. Wenn Biokunststoffe so designt werden, dass sie nach Ende der
Nutzungsdauer kompostierbar sind, liegt eine echte Kreislaufwirtschaft vor. Wichtig ist auch ein regenerativer Pflanzenanbau für die Rohstoffe, der naturverträglich ist, also ohne Pestizide und Mineraldünger auskommt.
Forschung und Entwicklung sowie Start-ups dafür gibt es seit vielen Jahrzehnten.
So hat die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR), bei der ich bis heute Mitglied im fachlichen Beirat bin, hervorragende und vielfältige Biokunststoffprodukte seit über 20 Jahren auf den Weg gebracht. Doch eine industrielle Umsetzung im nennenswerten Maßstab hat bis heute nicht stattgefunden. Quelle: https://mediathek.fnr.de/biokunststoffe.html
Selbst in China behindert die Erdöllobby den Aufschwung der Biokunststoffe
Jüngst besuchte ich in Bengbu, China, die Firma BBCA. Sie ist mit über 2000 Mitarbeitern im Sektor Biokunststoffe einer der größeren Hersteller von kompostierbaren Verpackungsmaterialien, Plastikflaschen, Geschirr, ja sogar Kleidung aus Pflanzenstärke oder Holz.
Der Vizepräsident von BBCA, Herr Highway He, sagte mir gleich anfangs im Gespräch unverblümt, dass der größte Feind von BBCA die Erdölwirtschaft sei, da sie ihr Geschäft mit Kunststoffen aus Erdöl gefährdet sehen.
Ich war verblüfft über diese klare Offenheit und konnte ihm nur zustimmen.
Die Plastikberge aus Erdöl wachsen immer schneller
Die letzten Entwicklungen sprechen für sich. Seit der Covidkrise gab es wieder einen großen Anstieg des globalen Erdölverbrauchs. Die Petrochemie verantwortet 60% dieses Wachstums. Quelle:
Es ist so klar: Auch die Erdölindustrie sieht das Heraufziehen des Endes vom Erdöl als Kraftstoff im Verkehr durch das rasante Wachsen der E-Mobilität. Somit tut sie alles, um wenigstens die Petrochemie am Wachsen zu halten, allen Problemen der globalen Plastikverseuchung und der Erdaufheizung zum Trotz.
Selbst Umweltschutzverbände finden keine Lösung
Ich habe einige Interviews von Umweltverbänden wie Greenpeace oder WWF zu ihrer Enttäuschung über die ergebnislose UN-Konferenz gehört. Sie kritisierten zu Recht, dass es keine Einigung in Busan gab. Ihre Forderungen sind aber nicht geeignet, die Plastikverseuchung der Erde an der Wurzel zu packen und so das Problem zu lösen. Ihre Vorschläge sind im Wesentlichen: eine Produktionsobergrenze der Plastikproduktion und höhere Recyclingquoten. Das Ziel des Wechselns der Rohstoffbasis in der Plastikwirtschaft hin zu nachwachsenden Rohstoffen sprachen sie überhaupt nicht an.
Bezeichnend und beispielhaft für das Versagen der Umweltverbände ist die große Aktion von WWF zur Plastikkonferenz in Busan.
Hunderttausende Menschen haben unterschrieben, weil sie ein Ende der Plastikvermüllung wollen.
Doch wenn man sich den Forderungskatalog von WWF anschaut, so ist der doch sehr dünn. Nur Vermeidung, ein Verbot von vermeidbarem Plastik, eine nicht näher spezifizierte Obergrenze der Plastikproduktion und mehr Recycling wird gefordert. Quelle: https://www.wwf.de/themen-projekte/plastik/globales-abkommen
Damit entpuppen sich die großen Umweltverbände wie so oft selbst als Bremser zur echten Kreislaufwirtschaft, da sie eine Chemie auf Basis von Naturrohstoffen wie Pflanzen, Algen und Pilzen nicht als entscheidende Lösung ansehen.
Selbst wenn es eine Einigung im nächsten Jahr auf eine Produktionsobergrenze von vielleicht 300 Millionen Tonnen Plastikmüll geben sollte und die Recyclingquote von 9% auf vielleicht 50 % gesteigert werden sollte, so landen immer noch viel zu große Mengen in den Flüssen und Meeren, in den Fluren, Wüsten und Wäldern, teilweise unverrottbar über Jahrtausende. Oder sie landen in der Müllverbrennung, wo sie dann als CO2 aus dem Schornstein entweichen.
Da große Umweltverbände wie z.B. der WWF die zentrale Forderung für einen Wechsel der fossilen Rohstoffbasis hin zu Naturstoffen nicht erheben, stützen sie voll die Interessen der Erdölwirtschaft, eben die Rohstoffbasis fossil zu lassen – wie beispielsweise der WWF – Ähnlich ist das auch bei Greenpeace, Nabu oder BUND.
Natürlich sind Vermeidung von Plastik und Recycling ein wichtiger Beitrag. Doch sie alleine sind keine Lösung. Recycling von petrochemischen Produkten kann immer nur ein Downrecycling sein. Am Ende der mehrfachen Recyclingschleifen bleiben doch riesige Müllmengen nicht mehr weiter recycelbarer Kunststoffe, die dann in die klimaschädliche Müllverbrennung oder auf ungesicherte Deponien in Afrika oder Asien wandern.
Biokunststoffe sind im Gegensatz zur Petrochemie Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft
Eine echte Kreislaufwirtschaft kann es eben nur mit Biokunststoffen geben. Pflanzen, Algen und Pilze wachsen indem sie CO2 aus der Atmosphäre holen. Aus ihnen können Rohstoffe, wie beispielsweise Bionaphta, gewonnen werden, die die Basischemikalie für viele Kunststoffe ist, aber auch für Kraftstoffe, Farben, Kleber u.a.
Die so hergestellten Biokunststoffe landen – sofern sie kompostierbar hergestellt wurden –nach der Nutzungsdauer z.B. auf dem heimischen Kompost oder in der Kompostieranlage und werden so zu wertvollem Humusboden, wo der vormalige der Atmosphäre entnommene Kohlenstoff gespeichert wird. Der Kohlenstoffkreislauf ist im besten Falle sogar CO2-senkend, aber auf jeden Falle CO2-neutral, sofern die Pflanzen im Bioanbau und nicht mit einer intensiven Pestizidlandwirtschaft angebaut werden.
Das aber ist genau die Angst, die viele Umweltverbände umtreibt: Biokunststoffe würden ja nur aus intensiver Landwirtschaft kommen und seien nicht umweltverträglich. Doch damit stützen sie die klimaschädliche Nutzung von Erdöl, Erdgas und Kohle auch in der Petrochemie (Kunststoffe, Kraftstoffe, Farben u.a.).
Zudem haben auch Kompostierfirmen in den letzten Jahren erheblichen Schaden angerichtet. So wenden sie sich gegen die Aufnahme von kompostierbaren Mülltüten, vor allem, weil deren Verrottungsdauer zu lange dauere für ihre gewohnten Abläufe in der Biomüllkompostierung. Quelle: https://www.abfallwelt.de/abfaelle/kompostierbare-biomuellbeutel/
Statt ihre Arbeitsabläufe den kompostierbaren Biokunststoffen anzupassen und mit der Biokunststoffwirtschaft zusammenzuarbeiten, um die Kompostiereigenschaften der Biokunststoffe zu optimieren, verbieten sie einfach die Nutzung von Biomüllbeuteln.
In meinem häuslichen Kompost kompostieren meine Biomüllbeutel hervorragend.
Damit erweisen die Kompostierer, Umweltbehörden und viele Umweltverbände der Umstellung auf biobasierte Kunststoffe einen Bärendienst und unterstützen so weiter die Erdölchemie mit ihren klimaschädlichen Entsorgungswegen über die Müllverbrennung.
Auch langlebiger Plastik zersetzt sich in der Natur zu CO2
Manchmal hört man das Argument, dass diese petrochemischen Kunststoffe sehr langlebig seien und nicht verrotten können und so als Müll in der Landschaft oder im Meer wenigstens nicht das Klima aufheizen. Mikro- und Makroplastik in den Meeren würden noch über Jahrhunderte dort verbleiben.
Doch auch das widerlegen neuere Forschungen: Selbst in der kalten Arktis zersetzen Mikroorganismen Mikro- und Makroplastik unter Freisetzung von CO2. Quelle:
https://www.tagesschau.de/wissen/forschung/bakterien-plastik-arktis-100.html
Und selbst Mikroplastik in den Meeren wird von Bakterien zersetzt. Abbauprodukt ist CO2. Quelle:
https://www.mdr.de/wissen/mikroben-bakterien-enzyme-fressen-zersetzen-plastik-plaste-100.html
Tolle Beispiele für plastikfreien Einkauf und Bioplastik
Was kann denn Verbraucher tun, um mitzuhelfen die Plastikverseuchung der Erde zu beenden?
Zunächst ist es natürlich bestens erdölbasierte Kunststoffe zu vermeiden. Es gibt immer mehr Läden und Online Shops, die plastikfreie Waren und Verpackungen anbieten:
https://utopia.de/ratgeber/plastikfrei-einkaufen-die-besten-onlineshops-im-vergleich_13530/
Viele Firmen versuchen die Dominanz der Erdölchemie zu durchbrechen und setzen auf Biokunststoffe.
Zum Beispiel mit selbst verrottenden Pflanztöpfen aus Pflanzen:
https://www.meinwoody.de/collections/baum-anzuchtsets
Oder Biochemie aus Meeresalgen:
https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/wertvoller-algen-dschungel/
Oder Gras als Rohstoff für Textilien, Bio-Plastik, Carbonfasern, Flugbenzin:
https://www.wissenschaft.de/technik-digitales/der-gruene-gigant/
Es gibt längst umfassende Forschungen, wie Biokunststoffe aus Bionaphta, dem chemischen Grundstoff für Kunststoffe, Farben, Lacke, Kleber, Kraftstoffe wie Flugbenzin u.a. hergestellt werden können:
Auch faserbasierte Bio-polymerwerkstoffe sind inzwischen entwickelt:
https://technikumlaubholz.de/faserbasierte-biopolymerwerkstoffe/
Es gäbe noch viele weitere Beispiele anzufügen.
Alle diese wertvollen Forschungsergebnisse, Start-ups und etablierten Unternehmen brauchen unsere Unterstützung als VerbraucherInnen sowie politische Unterstützung, damit sie schnell wachsen und die klimaschädliche und plastikverseuchende Petrochemie ablösen können. Ganz so wie wir es mit der Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien statt Energie aus Erdöl, Erdgas, Kohle und Atom anstreben.
Solange aber viele Umweltverbände und mit ihnen viele Umweltminister Biokunststoffe, genauso wie Biokraftstoffe, von vornherein nicht in den Mittelpunkt ihrer Forschungen und politischen Unterstützung stellen, werden sie keine Lösung zur Plastikvermüllung der Meere und der Landschaften finden, sondern nur das klimaschädliche Geschäft der Erdölindustrie weiter stützen.
Selbst wenn es in einem Jahr ein UN-Plastikmüllabkommen mit Obergrenzen für die Produktion und einer hohen Recyclingquote gäbe, so würde die Plastikvermüllung der Erde nicht gestoppt, da es eben auch dann keinen Wechsel hin zu selbstverrottbarem Bioplastik aus nachwachsenden Rohstoffen gäbe.
Quelle: Read More