Die Erkenntnis, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nur in unzureichender Weise vorangetrieben wird, ist nicht erst durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG, Beschluss vom 24.03.2021, 1 BvR 2656/18) sichtbar geworden.

Der Klimawandel und dessen Auswirkungen gaben der Regierung nicht ausreichend Anlass, die Ausbauziele für erneuerbare Energien deutlich anzuheben. Erschreckender Weise führt erst das Bewusstsein der Abhängigkeit von anderen Staaten im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zu einer „Zeitenwende für die Energieversorgung in Deutschland“. Nunmehr sei die Energiesouveränität zu einer Frage der nationalen und europäischen Sicherheit geworden.

Das sogenannte Osterpaket soll mit seinen in Kraft treten zum 01.01.2023 den Startpunkt eines bisher unvergleichlichen Ausbaumarathons geben, um insbesondere den Importbedarf fossiler Energieträger schnell reduzieren zu können. Im Jahr 2035 soll sodann der Energiebedarf fast ausschließlich aus erneuerbaren Energien gedeckt werden können. Bereits für das Jahr 2030 ist vorgesehen, dass 80% des zu erwartenden Bruttostrombedarfs von etwa 750 Twh aus erneuerbaren Energieträgern gedeckt werden kann.

Ermöglicht wird dieser beschleunigte Ausbau vorrangig durch die gesetzliche Verankerung eines wesentlichen Grundsatzes:

„Die Nutzung erneuerbarer Energien liegt im überragenden öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit.“

Für den Ausbau hinderlich waren bisher insbesondere die lange Verfahrensdauer zur Genehmigung von Anlagen. Bei den PV-Dachanlagen standen unter anderen denkmalrechtliche Beweggründe entgegen und auch die Windenergie musste oftmals gegen „behördliche Windmühlen“ kämpfen. Mit dem nunmehr gesetzlich verankerten Grundsatz, unterliegen die bisher einer Planung entgegenstehende Belange im Wege der Abwägung. Dies bietet einerseits die erforderliche Sicherheit für Investoren Erzeugungsanlagen für Strom zu errichten und andererseits beschleunigt dieser Grundsatz als solcher bereits die Genehmigungsverfahren erheblich, da durch ihn langwierige Streitigkeiten entfallen.

Mit der Anhebung des Ausbauzieles geht die Anhebung der Ausbaupfade einher. Beispielsweise sollen diese für die Windenergie an Land auf 10 GW pro Jahr angehoben werden. Zur Verdeutlichung dieser ambitionierten Ziele: Im Jahr 2020 wurden Onshore-Anlagen mit einer installierten Leistung von insgesamt 1.431 MW errichtet, dies konnte im Jahr 2021 „gesteigert“ werden auf 1.925 MW.

Zum Abbau der Hemmnisse des Ausbaus der Windenergie an Land soll noch im Sommer 2022 ein gesondertes Gesetzespaket („Sommerpaket“) verabschiedet werden. Flankierend hierzu sehen die Änderung des EEG insbesondere vor, das Referenzertragsmodell weiter zu entwickeln. Das Potenzial der Südregion soll weiter erschlossen werden.

Eine weitere Säule des Ausbaus von Windenergie an Land können zukünftig Bürgerenergiegesellschaften bilden. Sie erfahren durch das Gesetzespaket eine Stärkung. Zugleich sollen sie in der Planungs- und Genehmigungsphase durch ein Förderprogramm der BAFA unterstützt werden.

Eine über die im Koalitionsvertrag vereinbarte hinausgehende Förderung soll die Solarenergie erfahren. Für die Solarenergie sind diesbezüglich Ausbauraten von 22 GW pro Jahr vorgesehen. Zugleich soll der Anreiz zur Errichtung der Anlagen durch Anhebung der Vergütungssätze gefördert werden. Für nicht ausschreibungspflichtige Anlagen, die den erzeugten Strom vollständig in das öffentliche Netz einspeisen, sollen die Fördersätze auf ein angemessenes Maß angehoben werden. Aber auch bei Anlagen zum Eigenverbrauch ist eine dem durchschnittlichen Eigenverbrauch angemessene Förderung zu erwarten. Bei unerwarteten Entwicklungen sollen kurzfristige Anpassungen des Fördersystems aufgrund einer Rechtsverordnung möglich sein. Zugleich soll die Degression der Vergütungssätze bis Anfang 2024 ausgesetzt werden. Ab Februar 2024 ist sodann eine halbjährliche Degression vorgesehen. Die kleinteilige Steuerung entfällt damit gänzlich. Entfallen soll zudem die Deckelung der Förderung des Mieterstromzuschlages. Die Errichtung kleinere Solaranlagen gewinnt mit diesen Änderungen erneut an Attraktivität.

Darüber hinaus wird das EEG künftig eine breitere Anlagenvielfalt erfassen. So können nicht nur „klassische“ Freiflächenanlagen gefördert werden, sondern auch Agri PV, schwimmende PV oder Parkplatz-PV. Zudem wird die Flächenkulisse – die für Solaranlagen geeigneten förderfähigen Flächen – erweitert. Nur aufgrund dieser Maßnahmen besteht die Möglichkeit das Ausbauziel für die Solarenergie zu erreichen.

Um in Hinblick auf den Beginn des Ausbaus von Solaranlagen ein abwartendes Verhalten zu vermeiden, sollen die Regelungen zur Anhebung der Fördersätze für Solaranlagen bereits im Jahr 2022 in Kraft treten. Die Regelungen bedürfen jedoch der beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission. Eine Anwendung dieser Regelungen steht daher unter den Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung.

Das Fördersystem als solches für Strom aus EE-Erzeugungsanlagen war bisher im EEG verankert. Änderung an diesem bedurften einer Gesetzesänderung. Ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien bedarf jedoch einer passgenauen Förderung. Im EEG soll aufgrund dessen eine Verordnungsermächtigung geschaffen werden, die eine schnelle Anpassung des Fördersystems auf die aktuellen Gegebenheiten ermöglicht.

Flankierend zur Förderung von Erzeugungsanlagen für Strom ist auch der Ausbau des Netzes erforderlich. Hierfür sind Änderungen des Bundesbedarfsplanungsgesetzes sowie Gesetzesänderungen zur Beschleunigung des Netzausbaues vorgesehen.

Mit fortschreitender Entwicklung hin zu einer treibhausgasneutralen Stromversorgung ist zugleich ein steigender Energiebedarf zu erwarten. Die vorgesehenen Anpassungen des Kraftwerkparkes sollen diesen Mehrbedarf decken und somit die Versorgungssicherheit in gewohnter Weise sicherstellen.

Finanziert wird der Ausbau der erneuerbaren Energien künftig über das Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“, sodass die EEG-Förderung über den Strompreis zur Entlastung der Stromverbraucher zunächst beendet wird. Die Möglichkeit der Refinanzierung der EEG-Förderkosten bleibt jedoch hilfsweise bestehen.

Fazit

Das Osterpaket beinhaltet seit langen Maßnahmen die tatsächlich der Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien dienen. Insbesondere die überfällige Verankerung der Bedeutung der Erneuerbaren Energien, ist geeignet eine tatsächliche Beschleunigung des Ausbaus dieser herbeizuführen.

Die Anwendung der konkreten Regelungen in der behördlichen Praxis wird zeigen, ob eine Planung beispielsweise für Windenergieanlagen an Land tatsächlich deutlich verkürzt werden kann. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür sind jedoch mit dem Osterpaket angelegt.

Das Gesetzespaket setzt zur Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien zudem auf finanzielle Anreize ohne die Stromverbraucher weiter zu belasten. Dies ist geeignet die Akzeptanz erneuerbarer Energien zu fördern und könnte einen Zuwachs von Akteuren im Bereich von kleineren Anlagen und Bürgerenergiegesellschaften bewirken.

In dem Osterpaket steckt somit das Potenzial zur Schaffung neuer „Zeiten “ für den Ausbau der erneuerbaren Energien.