Tilman Weber
Der bereinigte rechnerische Überschusswert Ebit des abgelaufenen Geschäftsjahres ergab demnach einen Verlust im Kerngeschäft von 233 Millionen Euro bei einer Marge von minus 2,5 Prozent, wie das deutsch-dänisch-spanische Windenergieunternehmen des Siemens-Konzerns nun bilanziert. Dieser vor Abzug von Integrations- und Restrukturierungskosten genommene Wert aus dem sich gerade in vielfacher Hinsicht neu aufstellenden Tochterunternehmen sei eine wesentliche Folge des negativen Einflusses der Coronapandemie. Im von Oktober 2019 bis September 2020 währenden Geschäftsjahr habe Covid 19 den Ebit-Wert um 181 Millionen Euro geschmälert, teilte Siemens Gamesa Renewable Energy (SGRE) mit.
Covid 19 drückt Investorenstimmung und Umsätze
Alleine der Umsatz habe sich durch Corona um rund eine Milliarde Euro reduziert, erklärte SGRE. Eine geringere kommerzielle Aktivität im Markt sei die Ursache dafür, so deutet das Unternehmen an. Es verweist so auf die branchenweit beklagte abwartende Haltung von Investoren, die wegen der Pandemie und rückläufigem Strombedarf nun Projekte hinauszögern. Außerdem hätten Verzögerungen in den Projektabwicklungen die Bilanz geschmälert, die aus Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und menschlicher Kontakte sowie unterbrochenen Lieferketten für Komponenten resultieren. Die Umsätze des Geschäftsjahres 2020 seien damit um sieben Prozent auf nun 9,483 Milliarden Euro zurückgegangen.
Wachsender globaler Grünstrombedarf treibt dennoch Auftragseingang an
Dennoch sorgt der weltweit zunehmende Bedarf an Erneuerbare-Energien-Stromerzeugung bei dem weltweit breit aufgestellten Windkraftkonzern für weiter anziehende Auftragseingänge. So nahmen die Bestellungen finanziell auf ein Volumen von 14,736 Milliarden Euro zu. Die aktuellen noch zu erledigenden Aufträge in den Büchern nahmen im Jahresvergleich bis Ende des Bilanzzeitraumes um 18,6 Prozent auf 30,2 Milliarden Euro zu. Aufgrund wachsender Nachfrage durch die gegen die rasante Klimaerwärmung kämpfende Mehrheit aller Staaten nach Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen sieht die Internationale Energieagentur IEA einen Anstieg des jährlichen globalen Windkraftausbaus von rund 60 auf etwa 280 Gigawatt (GW) jährlich voraus, wie SGRE in der Bilanz unterstreicht.
Während die Aufträge für Windturbinen an Land sich gemessen an der bestellten Nennleistung im Jahresvergleich um 13,5 Prozent auf 8,1 GW reduzierten, verdoppelte sich die Nachfrage bei Offshore-Windturbinen durch Bestellungen von 4,1 GW. Die am schnellsten wachsende Abteilung des Windturbinenherstellers war allerdings die Service-Sparte, nachdem SGRE die Wartungsaufträge für Anlagen des in Konkurs gegangenen Wettbewerbers Senvion übernommen hatte. Aber auch bei Windkraft an Land sieht SGRE einen Aufwärtstrend: Alleine für die gerade erst Serienreife erreichende neue Onshore-Windturbinenplattform SG 5.X mit Anlagen der neuen bisher größten Onshore-Leistungsklasse von fünf bis sechs Megawatt seien bis heute schon Aufträge für ein GW eingegangen.
Ab 2021 wieder rasch wachsendes Geschäft erwartet
Siemens Gamesa sei ins neue Finanzjahr mit sehr guten Voraussetzungen dafür aufgebrochen, um das Unternehmen zu einer nachhaltigen Profitabilität zurückzubringen, betonte der neue Geschäftsführer Andreas Nauen. Nauen war im Juni vom SGRE-Amt des bisherigen Offshore-Spartenchefs in den CEO-Stuhl gewechselt und hatte Vorgänger Markus Tacke abgelöst. Der von Nauen bereits zu verantwortende Ausblick auf die kommenden drei Geschäftsjahre in der jetzigen Bilanz ist bereits für das kommende Geschäftsjahr wieder positiv: 2021 soll der Umsatz auf 10,2 bis 11,2 Milliarden Euro wieder anziehen und auch bis 2023 weiter wachsen. Auch die Ebit-Marge soll schnell zulegen, auf zunächst drei bis fünf Prozent im kommenden Jahr und bis 2023 auf acht bis zehn Prozent.
Börsengang der Siemens Energy
Die von SGRE zu bewältigenden Umstrukturierungen betreffen die fortlaufende Neuaufstellung des Unternehmens im sich konsolidierenden Windenergiemarkt, die nicht zuletzt von Firmen-Übernahmen und Firmen-Zusammenschlüssen gekennzeichnet ist. So verband der Siemenskonzern seine Windsparte 2017 mit dem spanischen Windturbinenhersteller Gamesa. Und in diesem Jahr übernahm Siemens Gamesa wichtige Teile des insolventen Unternehmens Senvion. Außerdem hat der Siemenskonzern nun eine Neuorganisation des Windenergiegeschäfts eingeleitet, das nun Teil einer neu gegründeten und sehr eigenständig aufgestellten Energiekonzerntochter wurde. Im September hat Siemens das neue Tochterunternehmen Siemens Energy auch an die Börse gebracht.