Die zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Bewertung von Photovoltaik-Anlagen unterscheidet sich fundamental. Im Zivilrecht hat der BGH nun Grundsätzliches geklärt.
Dem Urteil (Az: V ZR 69/20) zugrunde liegt die Frage, ob an einzelnen Modulen einer Freiflächen-Photovoltaik-Anlage (in der Folge: PV-Anlage) Eigentum erworben werden kann. Laut BGH muss differenziert werden. Wir erklären, worauf es ankommt.
Die Ausgangslage:
Der rechtsgeschäftliche Erwerb von Eigentum richtet sich nach den §§ 929 ff. und §§ 93 ff. BGB. § 93 BGB besagt: An wesentlichen Bestandteilen einer Sache – das sind solche, die nicht voneinander getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird – kann kein gesondertes Eigentum entstehen. Die Veräußerung einzelner Module einer Photovoltaik-Anlage ist daher nur möglich, wenn sie nicht als wesentlicher Bestandteil der Gesamtanlage einzuordnen sind. Gleiches gilt nach § 94 BGB für wesentliche Bestandteile eines Grundstücks oder Gebäudes.
Die Entscheidung des BGH:
§ 94 Abs. 2 BGB steht einem Eigentumserwerb an einzelnen Modulen grundsätzlich nicht im Weg. Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen sind in der Regel aufgrund ihrer Bauart nicht als Gebäude einzuordnen.
An wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks (§ 94 Abs. 1) kann dennoch Eigentum erworben werden, wenn die Freiflächen-Photovoltaik-Anlage nur vorübergehend – z.B. aufgrund eines Pachtverhältnisses – auf dem Grundstück errichtet ist, § 95 Abs. 1.
§ 95 Abs. 1 ist aber nur auf wesentliche Bestandteile eines Grundstückes anwendbar. Nicht dagegen (auch nicht analog!) auf wesentliche Bestandteile einer beweglichen Sache (hier PV-Anlage).
Für die Bewertung, ob etwas wesentlicher Bestandteil einer Sache i.S.d. § 93 BGB ist, kommt es grundsätzlich auf die Auswirkungen einer gedachten Trennung an. Nach BGH soll nun je nach Konstellation auf einen anderen Zeitpunkt abzustellen sein. Geht es um den möglichen Verlust von Eigentum infolge der Verbindung, ist auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Verbindung abzustellen. Soll dagegen Eigentum begründet werden, nachdem die Verbindung bereits stattgefunden hat, ist auf die Verhältnisse im Moment der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen.
Bewertung: Positive Klarstellungen durch BGH
Das Urteil des BGH zeigt einmal mehr, dass Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen im Zivilrecht einerseits und im öffentlichen Recht andererseits unterschiedlich zu bewerten sind. Werden sie im Baurecht als bauliche Anlage eingestuft, hat der BGH nun deutlich gemacht, dass sie im zivilrechtlichen Sinne grundsätzlich keine Gebäude darstellen. Und auch vergütungsrechtlich sind Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen keine baulichen Anlagen. Die einzelnen Module werden jedoch unter den Voraussetzungen von § 24 EEG 2021 vergütungsrechtlich zu einer Anlage zusammengefasst.
Positiv zu bewerten ist auch die Klarstellung im Rahmen des § 93 BGB, anhand welcher Kriterien die Wesentlichkeit festgestellt werden kann. Das vom BGH jetzt angeführte zeitliche Kriterium dürfte eine Einordnung leichter gestalten. Allerdings sind diverse Konstellationen vorstellbar, in denen auch die Bewertung nach dem jeweiligen Zeitpunkt Schwierigkeiten bringen dürfte. Die nächsten Grundsatzurteile des BGH dürften daher nicht lange auf sich warten lassen.
Für die Praxis bedeutet dies, dass mit dem Erwerb eines Grundstücks eine darauf befindliche Freiflächen-Photovoltaik-Anlage nicht automatisch mitverkauft ist und dass bei Erwerb einer solchen Anlage oder Teilen davon nicht unbedingt das Grundstück mitgekauft werden muss.