Klimaschutz und der Ausbau der Erneuerbaren Energien sind von öffentlichem Interesse. Auf jede Anlage komme es an, so das BVerfG. Das VG Saarland sieht das anders.
Damit zeigt die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes mit dem Urteil vom 15.12.2021 eindrucksvoll, warum seit Januar 2021 die Zuständigkeit für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen bei den Oberverwaltungsgerichten liegt. Nach Abarbeitung der Altverfahren vor den Verwaltungsgerichten dürfte das Risiko solcher Urteile in Zukunft deutlich sinken.
Der Hintergrund:
Gegenstand des Verfahrens, in dem die Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft den Anlagenbetreiber als Kläger vertrat, war die teilweise Untersagung des Betriebs einer Windenergieanlage aufgrund der Nichteinhaltung einer Nebenbestimmung zum Schutz des Rotmilans. So erreichte die geforderte Aussaat von Feldfrüchten aufgrund schlechter Witterungsbedingungen nicht die erforderliche Höhe und Dichte, um die Flächen als Jagdgebiet für den Rotmilan unattraktiv zu machen.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts des Saarlandes:
Das Gericht entschied nun, dass die Untersagung des Betriebs der Windenergieanlage während der Hauptbrutzeit des Rotmilans rechtmäßig war.
Dass ein Rotmilan-Horst bzw. ein Revierbesatz durch den Rotmilan – immerhin Grundlage für die Nebenbestimmung – seit Jahren tatsächlich nicht mehr existiert, spiele keine Rolle, weil der Anlagenbetreiber dies nicht durch Fachgutachten belegt hätte und die Sachverhaltsermittlung nicht Aufgabe der Behörde sei. Der Fakt eines Tötungsrisikos für den Rotmilan sei zudem in der bestandskräftigen Genehmigung aus dem Jahr 2014 umfassend geklärt worden.
Auch bezweifelte das Verwaltungsgericht des Saarlandes den Beitrag von Windenergieanlangen zur „so genannten Energiewende“. Weiter verneinte es das Gewicht des in jeder Abwägung zu berücksichtigenden „öffentlichen Interesses“ am Ausbau Erneuerbarer Energien.
Bündelung bei den Oberverwaltungsgerichten – eine richtige Entscheidung
Das Verwaltungsgericht des Saarlandes verkennt damit die Beschlüsse des BVerfG und des OVG Koblenz aus dem Jahr 2021.
Wäre diese Entscheidung von einem Oberverwaltungsgericht getroffen worden, so müsste hierin ein bedenklicher Schritt zurück in Puncto Klimaschutz und Ausbau der Erneuerbaren Energien konstatiert werden. So dürfte von dem Urteil allenfalls die Signalwirkung ausgehen, dass die Zuweisung der Zuständigkeiten für Windenergieanlagen an die Oberverwaltungsgerichte sich bereits jetzt als richtig erweist.
Es bleibt zu hoffen, dass die Aufgabe sowie die Kosten der Sachverhaltsermittlung in Zukunft nicht durch die Oberverwaltungsgerichte den Betreiber:innen auferlegt wird. Dies würde den Rechtsschutz gegen (Untersagungs-)Verfügungen erheblich erschweren.
EU-Forschungsprojekt: Rotmilan nicht gefährdet
Hilfreich dürfte zumindest das Zwischenergebnis eines EU-Forschungsprojekts sein, von dem die Tagesschau am 22.02.2022 berichtete: Demnach ist die Gefährdung des Rotmilans durch Windenergieanlagen vergleichbar niedrig. Vielmehr seien Gift in toten Ratten, die als Nahrung dienen, sowie Unfälle im Straßen- und Bahnverkehr die häufigsten Todesursachen.
Bestätigt sich diese Einschätzung, könnte das Hemmnis „Rotmilan“ schon bald erheblich an Bedeutung verlieren. Für den Klimaschutz und den Ausbau der Erneuerbaren Energien gute Aussichten.