Welche Klimaschutztechnologien werden sich durchsetzen und welche nicht? – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Die Dominanz chinesischer Technologieführerschaft bei Klimaschutztechnologien, wie Solartechnik, Batterien, E-Mobile u.a., hat Europa wachgerüttelt.

Vor einigen Wochen hat der Draghi Report in der EU die Defizite der EU in der Wirtschaftspolitik schonungslos aufgezeigt. Sie liegen vor allem auch in Europas industrieller Schwäche bei sauberen Klimaschutztechnologien.
„Die einzige Möglichkeit, die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der EU zu sichern, besteht in der Abkehr von fossilen Brennstoffen und der Hinwendung zu einer sauberen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft“, sagte Präsidentin von der Leyen bei der Vorstellung des Draghi Berichts.

Eine sehr späte Erkenntnis, denn von der Leyen hat mit ihrem Green Deal eben nicht die Erneuerbaren Energien so stark wie möglich in den Mittelpunkt gerückt, sondern diese mit klimaschädlichen und schmutzigen Technologien gleichgesetzt, wie Erdgas und Atomkraft. Das genau hat den Ausbau der Erneuerbaren Energien in der EU stark behindert.

Auch das französische Institute for Climate Economics hat in einem Bericht vor den Defiziten der europäischen und nationalstaatlichen Klimaschutzpolitik gewarnt, die zu einem Rückstand im internationalen Wettbewerb um neue klimaschützende Technologien führen. Die Forscher vermissen eine klare europäische Strategie und stellen eine sich selbst lähmende Verzettelung vieler Programme der EU und der Nationalstaaten fest.

Fehleinschätzungen zur Klimawirksamkeit vieler Technologien führen zu fehlerhafter Politik und zum industriellen Rückstand gegenüber China

Doch wie kann es dazu kommen, dass die EU in vielen sauberen Klimaschutztechnologien nun so stark im industriellen Rückstand ist?

Es gibt unglaublich viele neue und alte Technologien, die tatsächlich entscheidend für einen wirksamen Klimaschutz sind. Viele andere Technologien geben aber nur den Anschein, für den Klimaschutz relevant zu sein, sind es aber nicht. Dieses Image erhalten sie meist durch die Propaganda der dahinterstehenden fossilen und atomaren Wirtschaft. Schlimmstes Beispiel sind Erdgaskraftwerke, die immer noch angeblich zum Klimaschutz beitragen würden, es aber nicht tun, wenn man die gesamte Life-Cycle-Kette ansieht. Bei der Förderung des Erdgases und beim Transport werden große Mengen Methan freigesetzt, weshalb ein Erdgaskraftwerk mindestens so klimaschädlich ist wie ein Kohlekraftwerk.

Wer nun Erdgas- und Atomkraftwerke als „grüne“ Technologie in die EU-Taxonomie aufnimmt, muss sich nicht wundern, wenn die industriellen Anstrengungen dorthin gehen und sowohl öffentliches als auch privates Kapital fehlinvestiert wird.

Wie kann man wirksame Klimaschutztechnologien von Scheinlösungen unterscheiden?

Der Laie kann sich bei der Vielfalt wissenschaftlicher Analysen, berechtigter Kritik, aber auch Desinformationen und Lügen nur schwer ein wirkliches Bild verschaffen und die Technologien auf ihre Klimawirksamkeit hin tatsächlich bewerten. Auch Politik, Medien, selbst Wissenschaftler und vor allem auch Finanzinvestoren finden oft nicht die klare Beurteilungskraft, welche Klimaschutztechnologien wirklich zum Klimaschutz beitragen und zudem in einem großen Weltmarkt auch tatsächlich Chancen für die ökonomische Umsetzung haben. Für Finanzinvestoren sind Fehleinschätzungen besonders gefährlich, weil sie viel Geld in den Sand setzen können, wenn ihre Bewertungen falsch sind.
Aber auch die Politik läuft große Gefahr, viele staatliche Gelder fehlzuinvestieren, wenn sie staatliche Subventionen für einen Hochlauf von Technologien gewährt, die am Ende doch keine Chance haben, im Wettbewerb zu bestehen oder gar kontraproduktiv zum Klimaschutz sind.

Entscheidend ist also die Frage, was tatsächlich wirksamer Klimaschutz ist. Angesichts einer mit 426 ppm CO2 schon überbelasteten Atmosphäre darf kein zusätzliches CO2 und keine anderen Klimagase mehr in die Atmosphäre emittiert werden, und zusätzlich müssen große CO2-Mengen wieder aus ihr entfernt werden. Nur Technologien, die im gesamten Life-Cycle eine dieser beiden Kriterien erfüllen, tragen daher zum Klimaschutz bei.

Vier Kriterien für erfolgreiche Klimaschutztechnologien

Vier der wichtigsten Kriterien, wie sie sich in meinem langen politischen Leben für mich herauskristallisiert haben, möchte ich nennen, an denen sich Investoren, Politiker und Medien bei der Beurteilung orientieren könnten.
Sie sind natürlich nicht umfassend, aber sie bieten eine einfache Grundlage für weitere Bewertungen.

Diese Kriterien sind:

Erfolgreiche und erfolgversprechende Klimaschutztechnologien …

A) liefern einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz: Nullemission und Kohlenstoffsenken in der gesamten Life-Cycle-Kette
B) behaupten sich nach dem Markthochlauf im Wettbewerb mit Konkurrenztechnologien auch ohne staatliche Subventionen
C) kennen nach dem Markthochlauf keine billigeren Alternativen, die die gleichen Vorteile deutlich kostengünstiger liefern könnten
D) verursachen keine Schäden in anderen gesellschaftlich wichtigen Feldern, dazu gehören Gesundheit, Sicherheit vor Unfällen (z. B. Explosionen), Schutz der Biodiversität und Umweltschutz allgemein.

Zu A):
Nur wirklich wirksame Beiträge zum Klimaschutz sind langfristig tragfähig. Angesichts der dramatisch sich zuspitzenden Klimanotlage werden Aktivitäten, die weitere Klimagase in die bereits heute völlig überlastete Atmosphäre geben, immer weniger gesellschaftliche Akzeptanz finden, bis es am Ende gesetzliche Verbote von Emissionen gibt.
Daher sind langfristig nur solche Aktivitäten und Technologien erfolgversprechend, die in der gesamten Life-Cycle-Kette keine Emissionen verursachen.

Folgende Scheinaktivitäten für den Klimaschutz fallen damit aus, da sie immer mit hohen Treibhausgasemissionen verbunden sind:

Blauer Wasserstoff (aus Erdgas mit CCS gewonnener Wasserstoff). Er verursacht hohe Methanemissionen bei der Förderung und dem Transport von Erdgas. Zudem ist auch CCS nicht emissionsfrei. Bei Leckagen während der Abscheidung und beim Transport wird CO₂ freigesetzt. Außerdem ist blauer Wasserstoff sehr teuer. Der Norwegische Gaskonzern Equinor hat zusammen mit Shell gerade ein mit viel Vorschußlorbeeren auf den Weg gebrachtes Projekt, blauen Wasserstoff über Pipelines nach Deutschland zu bringen abgesagt: Hauptgründe: Viel zu teuer und keine Nachfrage im Markt nach blauem Wasserstoff.
Fossiles CCS: Carbon Capture Storage, also die Abscheidung von CO2 aus den Abgasen fossiler Verbrennungsprozesse mit anschließender Speicherung im Untergrund (z. B. Erdgaskraftwerke mit CO2-Speicherung in Meeresböden). CCS ist eine End-of-Pipe-Technologie, die die Emissionen der Vorkette nicht vermeidet. Damit fällt CCS für fossile Verbrennungsprozesse als Klimaschutztechnologie aus.
Fossiles CCU: Carbon Capture and Use, also die Nutzung von Kohlenstoff, der aus fossilen Verbrennungen abgeschieden und in Wertstoffe umgewandelt wird. Schon in der Förderung von Erdöl fallen hohe Emissionen an, und bei der Müllverbrennung wird der gesamte Kohlenstoff wieder in die Atmosphäre freigesetzt. Fossiles CCU ist also kein Beitrag zum Klimaschutz.

Zu B): Technologien, die wegen besserer Alternativen nicht zum Zuge kommen:

Wasserstoffauto: Eigene Berechnungen zeigen, dass bei heimischer Produktion von grünem Wasserstoff im Wasserstoffauto nur etwa 15 % der Energie aus Solar- oder Windkraft für den Antrieb genutzt werden kann. Bei Importwasserstoff, z. B. aus Australien, sind es sogar nur 8 %. Im Vergleich dazu wird der Strom aus heimischer Solar- und Windkraft im E-Auto zu 69 % als Antriebsenergie genutzt. Diese Energieverschwendung im Wasserstoffauto macht es im Vergleich zum E-Auto völlig unwirtschaftlich. Daher hat das Wasserstoffauto keine Chance gegen das E-Auto. Experten war dies bereits vor 20 Jahren klar, und es zeigt sich heute deutlich im Automarkt: E-Autos boomen, während Wasserstoffautos trotz jahrzehntelanger, massiver Subventionen kaum präsent sind.
Wasserstoffheizung: Auch hier gilt, dass für den Betrieb einer Brennstoffzelle mit grünem Wasserstoff wesentlich mehr Ökostrom benötigt wird als für eine Wärmepumpe. Daher sind Wasserstoffheizungen im Vergleich zu Heizsystemen mit direkter Ökostromnutzung, wie Wärmepumpen und elektrischen Infrarotheizungen, komplett unwirtschaftlich.
Hochtemperaturbereitstellung in der Industrie: In der Start-Up-Entwicklung befinden sich Hochtemperaturspeicher, die Temperaturen über 1.200 °C erreichen und direkt mit Ökostrom aufgeladen werden. Sie liefern die nötige Hochtemperatur für viele industrielle Prozesse. Die Bereitstellung dieser Temperaturen mit grünem Wasserstoff ist wesentlich ineffizienter und somit deutlich teurer als die Nutzung von Hochtemperaturspeichern.

Fazit: Ein großflächiges Wasserstoffnetz hat keine Zukunft, da es keinen nennenswerten Wasserstoffmarkt in der angestrebten Größenordnung gibt, der die Pipelines ausreichend füllen könnte. Wasserstoff wird im Verkehr kaum eingesetzt werden, ebenso wenig in Heizungen, und auch in der Industrie gibt es viele bessere Alternativen für eine grüne Produktion. Dadurch werden die großen Wasserstoffnetze nicht genügend ausgelastet sein, um wirtschaftlich betrieben zu werden. Die vielen Milliarden an Subventionen für Wasserstoffnetze werden letztlich verschwendetes Steuergeld sein.

Zu C):

Beispiel Düngemittel:
Viele setzen auf Ammoniak aus grünem Wasserstoff und Kohlenstoff, z. B. aus CCS, als Grundlage für Düngemittel. Doch Naturdünger aus Biogasanlagen oder Biokohle aus landwirtschaftlichen Abfällen sind heute verfügbar und deutlich kostengünstiger, da sie auf Reststoffe zurückgreifen und keine teuren Ausgangsmaterialien benötigen.
Beispiel E-Fuels im Flugzeug:
Viele Forscher und Unternehmen entwickeln neue Flugkraftstoffe, die als synthetische Kraftstoffe aus grünem Wasserstoff und Kohlenstoff aus CO₂-Abscheidung hergestellt werden sollen. Auch diese E-Fuels haben jedoch keine vielversprechende Zukunft. Biokraftstoffe, beispielsweise aus Ölpflanzen, die auf ariden Flächen angebaut werden, bieten zahlreiche Synergien: Sie können die Ausbreitung von Wüsten verhindern, Armutsbekämpfung unterstützen und in Kombination mit Obst- und Getreideanbau auch zur Bekämpfung des Hungers beitragen. Solches Flugbenzin, das über Bioraffinerien aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird, ist heute und auch in Zukunft deutlich wirtschaftlicher als E-Fuels und zudem sofort verfügbar.

Zu D):

Gefährliche Alternativen
Treibhausgase mit Atomenergie zu vermeiden, ist ein Paradebeispiel für gefährliche Alternativen. Abgesehen davon, dass auch die Atomenergie nicht entlang der gesamten Produktionskette frei von Treibhausgasemissionen ist (Emissionen entstehen etwa bei der Uranförderung und der Herstellung von Brennelementen), ist die ungelöste Entsorgung des Atommülls allein Grund genug, diese Technologie nicht als Klimaschutzmaßnahme zu akzeptieren. Hinzu kommt das unverantwortlich hohe Risiko eines Super-GAUs, insbesondere in Kriegsgebieten oder bei Terrorangriffen.
Wasserstoff ist hoch explosiv
Das Unfallrisiko (Explosionen) bei der Verwendung von Wasserstoff ist deutlich höher als bei anderen Energieträgern. Wasserstoff ist ein leicht flüchtiges, hoch explosives Gas. Erst kürzlich explodierte ein Wasserstofftank im Chemiepark Leuna. Diese Explosion verursachte neben dem wirtschaftlichen Schaden erhebliche Lieferengpässe, die sogar dazu führten, dass ein Regionalzugbetreiber wieder auf umweltschädliche Dieselloks umsteigen musste.

Auch ein Brand zerstörte kürzlich eine neue Wasserstofftankstelle nur zwei Wochen nach ihrer Inbetriebnahme in Gersthofen bei Augsburg. Glücklicherweise gab es auch hier keine Personenschäden, doch der Sach- und Imageschaden war beträchtlich.

Allen Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft kann nur geraten werden: Prüfen Sie genau, ob die geplante Klimaschutztechnologie wirklich tragfähig ist. Ist sie auch in Zukunft wettbewerbsfähig und somit für Investitionen oder Subventionen geeignet? Das bedeutet: Leistet die Innovation mit Nullemissionen tatsächlich einen Beitrag zum Klimaschutz? Gibt es möglicherweise bessere und kostengünstigere emissionsfreie Alternativen, die erst in einigen Jahren verfügbar sind? Sind die Risiken für Umwelt oder Sicherheit wirklich beherrschbar? Wer solche Technikfolgenabschätzungen nicht durchführt, läuft schnell Gefahr, in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten oder den Staatshaushalt mit letztlich ineffektiven Subventionen unnötig zu belasten.

In vielen Fällen sind direkte Lösungen mit Ökostrom (z. B. E-Mobilität, E-Heizungen oder Batterien und Wärmespeicher) die besseren Alternativen gegenüber scheinbaren Lösungen wie Erdgas, Wasserstoff, CCS oder CCU, die häufig in politischen Diskussionen und durch staatliche Unterstützung gefördert werden.

Was die Bewertung von grünem Wasserstoff insgesamt betrifft, führt eine rein physikalische Analyse zu einem vernichtenden Urteil: „Grüner Wasserstoff ist kein Beitrag zur Lösung der globalen Energiefragen. Er dient in erster Linie der Unterstützung der Erdgaswirtschaft.“ So lautet das vernichtende Urteil der Münchner Physikerin Sabine Hossenfelder, die regelmäßig fundierte Gastkommentare in der Zeitschrift Bild der Wissenschaft veröffentlicht.
(Quelle: YouTube-Video von Sabine Hossenfelder)

Wenn man solche Analysen auf der Grundlage der unveränderlichen Naturgesetze wie der Physik durchführt, wird schnell deutlich, warum Europa im Bereich der emissionsfreien Zukunftstechnologien gegenüber China ins Hintertreffen geraten ist. Diese Einschätzung wird auch in den oben zitierten Industrieberichten bestätigt.

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Stand der Atomindustrie in der Welt: Der Welt Nuklear Industrie Status Report 2024 – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

„Nur die dummen Deutschen steigen aus der Atomenergie aus, aber überall sonst setzt man auf den Ausbau der Atomkraft“ So oder ähnlich lauten Sprüche, die mir seit über 20 Jahren bis heute in Veranstaltungen vorgehalten werden, insbesondere von Vertretern oder Sympathisanten von CDU/CSU/FDP/AFD/FW/BSW – ganz im Sinne ihrer die Atomenergie befürwortenden Parteispitzen.

Doch stimmt das überhaupt? Gibt es denn wirklich eine globale Atomenergierenaissance?

Ganz klar: Nein!

Wer wissen will, wie die Verhältnisse der globalen Atomwirtschaft wirklich sind, kann sich nicht im X- oder Facebook-Format aufhalten oder gar nur die Fakenews der Atombefürworter lesen. Man muss sich schon tiefer in die umfassende Lage der Atomwirtschaft in der Welt einarbeiten, um die Wirklichkeit tatsächlich erfassen zu können.

Da ist es hilfreich, dass Mycle Schneider in Paris jährlich den World Nuclear Industry Status Report herausgibt.

Gerade wurde der Report 2024 veröffentlicht.

https://www.worldnuclearreport.org/IMG/pdf/wnisr2024-v1.pdf

Auf 513 Seiten finden sich umfassende und detailreiche Informationen, gut aufbereitete Zusammenfassungen und klare Bewertungen. Hier einige Auszüge:

Die allgemeine Schlussfolgerung des Reports hält fest:

Entgegen der weit verbreiteten Auffassung bleibt die Kernenergie

auf dem internationalen Markt für Stromerzeugungstechnologien irrelevant.

Wesentliche erhellende Erkenntnisse des Reports sind:

Im Jahr 2023 wurden weltweit 5 neue Kernreaktoren (5 GW) in Betrieb genommen und 5 stillgelegt (6 GW), was einen Netto-Rückgang um 1 GW entspricht.
Die weltweite Atomstromerzeugung stieg gegenüber dem Vorjahr leicht um 2,2 Prozent, blieb aber unter den Werten für 2021 und 2019.
Der Anteil der Kernenergie an der weltweiten kommerziellen Bruttostromerzeugung sank von 9,2 Prozent auf 9,1 Prozent, das ist nur noch etwas mehr als die Hälfte des Spitzenwerts von 17,5 Prozent im Jahr 1996.
Mitte 2024 waren weltweit 408 Reaktoren mit 367 GW in Betrieb, einer mehr als ein Jahr zuvor, aber 30 unter dem Höchststand von 2002 – 34 Blöcke befanden sich in Langzeitstillstand.
Zwischen 2004 und 2023 gab es weltweit 102 Inbetriebnahmen und 104 Schließungen von Atomkraftwerken weltweit: ein Anstieg von 49 Atomkraftwerken in China; außerhalb Chinas ein Netto-Rückgang um 51 Anlagen.
China baute mehr als 200 GW Solarkapazität und nur 1 GW an Kernkraft; die Solarenergie produzierte insgesamt 578 TWh und überholte damit die Kernkraft um 40 Prozent. Insgesamt erzeugten in China die Erneuerbaren Energien sogar ohne Wasserkraft viermal so viel Strom wie die Atomenergie.
Der globale Ausbau Erneuerbare Energien steigt steil an, der globale Ausbau Atomenergie dagegen schrumpft. Im Jahr 2023 wurden die Gesamtinvestitionen in Erneuerbare Energien auf einen Rekordwert von 623 Milliarden US-Dollar gesteigert, 27mal mehr als für den Bau von Kernkraftwerken ausgegeben wurde. Solarenergie und Windkraft stiegen um 73 Prozent bzw. 51 Prozent, was zu 460 GW an neuer Kapazität führte gegenüber einem Rückgang von 1 GW bei der Kernkraftkapazität. Globale Wind- und Solaranlagen erzeugten 50 Prozent mehr Strom als die Kernkraft.
In der Europäischen Union erreichte der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung 44 Prozent. Solar- und Windkraftanlagen produzierten zusammen 721 TWh, fast ein Viertel mehr als die Kernenergie mit 588 TWh. Ebenfalls zum ersten Mal erzeugten Erneuerbare Energien mehr Strom als alle fossilen Brennstoffe zusammen. Die Windkraft allein übertraf die Stromproduktion aus Erdgas.
Die Kosten für Solarenergie plus Speicherung sind in den meisten Märkten deutlich niedriger und äußerst wettbewerbsfähig mit anderen emissionsarmen Stromquellen, die heute kommerziell verfügbar sind.

Die Erkenntnisse des World Nuklear Industry Status Report 2024 sind überdeutlich: Es gibt keine Nuklearrenaissance in der Welt, wie sie seit über 20 Jahren von der Atomwirtschaft mit viel Propaganda herbeigeredet wird.

Alle, die dennoch glauben, es gäbe eine Atomrenaissance in der Welt, sollten sich die Zeit nehmen und den Report genau lesen, statt den vielen Fakenews in den sozialen Medien Glauben zu schenken.

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Globaler Gesundheitsschutz braucht eine Abkühlung des Planeten – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

In The Lancet, nach Wikipedia eine der ältesten und renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften der Welt, erschien kürzlich ein bedeutender wissenschaftlicher Beitrag. Darin wird die planetare sichere Grenze (Erdsystemgrenze, ESB) für die globale mittlere Temperatur auf 1,0 °C über dem vorindustriellen Niveau festgelegt. Diese Erdsystemgrenze ist auch aus medizinischer Sicht zum Schutz der Gesundheit der Menschen notwendig. In den letzten 12 Monaten lag die durchschnittliche Erderwärmung nach Angaben von Kopernikus jedoch bereits bei etwa 1,6 °C über dem vorindustriellen Niveau.

Sie liegt damit also seit einem Jahr 0,6 °C über der sicheren Erdsystemgrenze und auch 0,1 °C über dem in Paris vereinbarten Klimaschutzziel von 1,5 °C. Nach den Autoren der Veröffentlichung in The Lancet muss die Erde daher um etwa 0,6 °C auf die sichere Erdsystemgrenze von 1,0 °C abgekühlt werden.

In den Medien und der Politik wird jedoch eine Abkühlung der Erde gar nicht diskutiert. Überall wird die Akzeptanz einer weiteren Erhöhung der Erdtemperatur, sogar um bis zu 2 °C, thematisiert, obwohl offensichtlich ist, dass die Erde bereits überhitzt ist.

Auswirkungen einer Erdtemperaturerhöhung über 1,0 °C sind gravierend

Dabei sind die Auswirkungen der Erdaufheizung auf die menschliche Gesundheit schon heute gravierend und untragbar. So ist im The Lancet Beitrag nachzulesen:

Die globale Erwärmung bedroht die Stabilität des Erdsystems sowie das Leben und die Lebensgrundlagen heutiger und künftiger Generationen. Extreme Temperaturen verursachen jährlich Millionen von Todesfällen und die hitzebedingte Sterblichkeit steigt. Dürren und Überschwemmungen beeinträchtigen weltweit die Ernteerträge und das Trinkwasser und in Küstengemeinden sind durch die Erwärmung der Ozeane und den Verlust der Korallenriffe Lebensgrundlagen und Ernährungssicherheit verloren gegangen. Durch Vektoren und Wasser übertragene Krankheiten wie Denguefieber, Malaria und Cholera stellen insbesondere für arme und ausgegrenzte Menschen sowie für Menschen an Orten mit schwachen Gesundheitssystemen ein Risiko dar.

(Übersetzung mit Deepl)

Luftverschmutzung eine der größten Krankheitsursachen

Neben dem Klimawandel werden im Bericht von The Lancet auch eine Reihe weiterer Erdsystemgrenzen und deren Auswirkungen beschrieben, darunter die Luftverschmutzung, die durch Aerosole verursacht wird. Ihre Hauptursache liegt, neben anderen Faktoren, im Verbrennen von Erdöl, Erdgas und Kohle in Kraftwerken, Heizungen, Verkehr und Industrie. Somit hat die Luftverschmutzung die gleichen Ursachen wie die Erderwärmung und muss mit denselben Maßnahmen bekämpft werden – insbesondere durch eine vollständige Umstellung auf 100 % Erneuerbare Energien.

Laut dem Lancet-Bericht ist Luftverschmutzung weltweit die vierthäufigste Ursache für Krankheiten (nach Bluthochdruck, Ernährungsrisiken und Rauchen). Jährlich verursacht die Luftverschmutzung im Außenbereich 4,2 Millionen Todesfälle, während die Luftverschmutzung in Innenräumen weitere 3,8 Millionen Todesfälle verursacht. Eine langfristige Belastung des Menschen durch Luftverschmutzung erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen.

Umweltzonen verbessern die Luft und schaffen mehr Gesundheit

Viele Städte haben aufgrund der hohen Luftverschmutzung bereits Umweltzonen eingerichtet, in denen Autos mit erhöhtem Schadstoffausstoß nicht fahren dürfen. Dies betrifft insbesondere Dieselautos, die vermehrt Feinstaub emittieren.

In den Umweltzonen in Deutschland gibt es dadurch immerhin etwa 5 Prozent weniger Feinstaubbelastung. Erste wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirkung der Umweltzonen zeigen, dass Anwohner tatsächlich gesundheitlich davon profitieren.

Nach dieser Untersuchung haben Neugeborene und Kinder weniger Asthma.

Die Einrichtung von Umweltzonen ist wichtig, doch wesentlich stärkere Maßnahmen, wie die vollständige Umstellung auf 100 % erneuerbare Energien, müssen ergriffen werden, um die weiterhin hohe Luftverschmutzung und die steigende Erdtemperatur wirksam zu senken.

Wie können die Erdsystemgrenzen für Klimaschutz (1,0° C) und saubere Luft wieder erreicht werden?

Da die Erde bereits viel zu heiß ist, was auf die hohe Konzentration von derzeit 425 ppm Kohlendioxid in der Atmosphäre zurückzuführen ist, müssen folgende zentrale Maßnahmen ergriffen werden: Die CO₂-Konzentration muss auf unter 350 ppm gesenkt werden. Dies ist nur möglich durch einen Stopp aller Klimagasemissionen und eine Kohlenstoffreinigung der Atmosphäre. Unverzichtbare Elemente dafür sind: eine Umstellung der gesamten Wirtschaft auf 100 % Erneuerbare Energien, eine emissionsfreie Kreislaufwirtschaft sowie eine regenerative, kohlenstoffsenkende Forst-, Land- und Meereswirtschaft.

Diese Maßnahmen würden gleichzeitig auch die Luftverschmutzung deutlich reduzieren. Alle Brückentechnologien wie wasserstofffähige Erdgaskraftwerke, CCS, LNG-Terminals und andere sind in diesem Zusammenhang kontraproduktiv, da sie weiterhin über Jahre Klimagasemissionen verursachen werden.

Die Gesundheitsminister versagen komplett, da sie die großen Krankheitsursachen Klimawandel und Luftverschmutzung nicht aktiv bekämpfen

Nach einem offenen längeren Gespräch mit Gesundheitsminister Lauterbach hatte ich auf seinen Wunsch hin ein umfassendes Papier Klima-Umwelt-Gesundheit erarbeitet.

Dort finden sich Empfehlungen, dass sich der Gesundheitsminister nicht nur um die Struktur des Gesundheitswesens, wie die aktuelle Krankenhausreform, kümmern sollte, sondern auch aktiv in die öffentliche Debatte eingreifen und Klimaschutz sowie saubere Luft einfordern muss. Ohne eine Umstellung auf E-Mobilität und 100 % Erneuerbare Energien wird es immer mehr Erkrankungen geben, wie der Lancet-Bericht eindrücklich belegt. Ohne die Bekämpfung der Krankheitsursachen werden die Kosten des Gesundheitswesens weiter steigen. Jede Krankenhausreform ist daher ohne die Bekämpfung der Krankheitsursachen zum Scheitern verurteilt.

Amerikanische Lungenärzte haben dies längst erkannt und in einem umfassenden Bericht dargelegt, dass in den USA 72 Milliarden US-Dollar im Gesundheitswesen eingespart werden könnten, wenn es einen vollständigen Umstieg auf E-Mobilität und Erneuerbare Energien gäbe.

Doch in der deutschen und europäischen Gesundheitspolitik ist kaum etwas davon zu hören und zu lesen.

Die zunehmende Ignoranz großer Teile der Gesellschaft und Politik gegenüber dem Klimaschutz schmälert nicht deren Schadenswirkungen

Die derzeitige Ignoranz vieler in der Öffentlichkeit zur Erdaufheizung wird die weitgehende Untätigkeit im Klimaschutz aufrechterhalten und so unweigerlich dazu führen, dass immer mehr Menschen krank werden.

Dies zeigt sich gerade in den Hochwassergebieten von Österreich, Rumänien, Ungarn, Tschechien, Polen und anderen Ländern: Neben den wirtschaftlichen Schäden für Hausbesitzer, Kommunen und Firmen in den betroffenen Regionen sind die Gesundheitsfolgen gravierend. Unterkühlungen durch die Wassermassen, Verletzungen und insbesondere psychische Schäden infolge von Stress, Depressionen, Schlafmangel und existenziellen Sorgen werden viele Menschen krank machen.

Das war bereits bekannt. Das Elbehochwasser von 2002, bei dem ein Jahrhunderthochwasser enorme Schäden verursachte, hatte damals viele Wähler wachgerüttelt und das Wahlergebnis beeinflusst, was dem Klimaschutz neue Chancen eröffnete. Nun, nur 22 Jahre später, gibt es erneut ein Jahrhunderthochwasser in der gleichen Region, teils noch schlimmer als 2002. Doch ich habe nichts davon gehört, dass die Union unter ihrem Kanzlerkandidaten Merz das Thema Klimaschutz wieder in den Vordergrund stellt und eine Abkühlung der Erde anstrebt. Ebenso wenig gibt es bei den Klimawandelleugnern der AfD Anzeichen dafür, dass sie sich für Klimaschutz engagieren. Und Kanzler Scholz reist während dieser europäischen Katastrophe nach Kasachstan, um neue Erdöl- und Erdgaslieferungen zu werben, die das Weltklima weiter aufheizen, die Luftverschmutzung aufrechterhalten und somit auch die Gesundheit der Menschen weiter belasten werden.

Wie viele Katastrophen müssen noch Millionen Menschen peinigen, bis es endlich einen breiten Konsens gibt, dass die Erde wieder abgekühlt werden muss und alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden?

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VW denkt an Fabrikschließungen – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Der Niedergang der deutschen Automobilindustrie zeichnete sich seit Jahren ab, da Konzerne, Medien und Politik nur am fossilen Verbrenner festhielten und weiter festhalten

Der VW-Vorstand hat in der Öffentlichkeit Überlegungen geäußert, Fabriken in Deutschland zu schließen – erstmals seit Gründung der BRD. In Brüssel scheint die Entscheidung für eine Audi-Fabrikschließung bereits vorbereitet zu werden. Als Gründe werden vor allem Absatzschwierigkeiten im chinesischen Automarkt genannt.

Diese Entwicklungen sind höchst bedrohlich für den Industriestandort Deutschland, denn die Automobilindustrie gilt mit Herstellern, Zulieferern, Vertrieb und Werkstätten als zentrales Herzstück der deutschen Wirtschaft.

Ein besonderes Licht auf das Versagen von VW wirft der Beginn des Dieselabgas-Betrugsprozesses gegen den ehemaligen VW-Chef Winterkorn.

Der ehemalige Audi-Chef Stadler ist längst wegen Betrugs verurteilt und hatte gestanden, bewusst bei Abgasnormen betrogen zu haben.

Noch weist Winterkorn alle Schuld von sich, doch das tat Stadler anfangs auch.

Der Abgasskandal bei VW und anderen Automobilkonzernen ist nur die Spitze eines Eisbergs, der das jahrzehntelange Versagen und die bewusste Verweigerungshaltung der deutschen Automobilindustrie offenbart. Diese agierte über Jahre hinweg als willfähriger Gehilfe der Mineralölwirtschaft, unterstützt von konservativer, liberaler, sozialdemokratischer und rechter Politik, die allesamt nicht offensiv auf emissionsfreie E-Autos setzten.

Die unheilige Allianz zwischen Automobilkonzernen und Mineralölwirtschaft führte dazu, dass umweltschädliches und klimaschädliches Erdöl in Form von Diesel- und Benzinfahrzeugen dominierte. Dieses sture und teils betrügerische Festhalten an erdölverbrauchenden Verbrennungsmotoren, statt frühzeitig auf emissionsfreies Fahren mit Elektroautos umzusteigen, ist die eigentliche Ursache für den Niedergang von VW und anderen.

Zudem wurde diese Politik jahrelang von einer von der Erdölwirtschaft dominierten Medienlandschaft unterstützt, die durch Desinformationen und Fake-News gegen die E-Mobilität vorging. In den unzähligen Artikeln der letzten Jahrzehnte, die Argumente gegen Elektrofahrzeuge lieferten, habe ich mich als begeisterter E-Mobilfahrer seit 1995 immer wieder über die Unwissenheit und Visionslosigkeit vieler Journalisten gewundert – und ärgere mich bis heute darüber.

Der Niedergang von VW und Co. zeichnete sich seit Jahren ab

Klar ist: Der Niedergang von VW zeichnete sich schon seit Jahren ab, weil VW, aber auch Daimler, BMW und andere, eben nicht konsequent genug auf emissionsfreie E-Autos gesetzt haben. Bereits im April 2023 vermutete ich, dass VW bald vor größten Schwierigkeiten stehen wird. Jetzt ist es soweit.

Vor sieben Jahren warnte ich, dass sich noch viele wundern werden, wie schnell die mächtige deutsche Automobilindustrie aufgrund ihrer viel zu geringen Aktivitäten für den E-Mobilmarkt untergehen könnte. So schrieb ich damals in meinem Blog:
„Auch Tony Seba rechnet vor, dass die saubere E-Mobilität viel schneller in die Welt kommen wird, als es VW, Daimler, Ford, General Motors und Kanzlerin Merkel glauben wollen. Tony Seba aus den USA sieht es damit ähnlich wie Wang Chuanfu von BYD aus China. Nur Deutschland wird dem nur noch hinterherschauen können und sich noch wundern, wie schnell die einst starke deutsche Automobilindustrie vor die Hunde geht.“

Dabei war 2016 unter dem VW-Markenchef Herbert Diess ein Hoffnungsschimmer aufgekommen. Volkswagen stellte in Paris ein strombetriebenes Konzeptfahrzeug vor, ein „erschwingliches Massenprodukt mit bis zu 600 Kilometern Reichweite“. Bis 2025 wollte der Zwölf-Marken-Konzern mit mehr als 30 neuen Modellen zwei bis drei Millionen Elektroautos auf die Straße bringen.
Heute ist davon herzlich wenig zu sehen. 2023 verkaufte der Konzern über alle Marken hinweg rund 771.100 batterieelektrische Fahrzeuge. Für 2024 zeichnet sich kein Wachstum ab.

Ganz anders sieht es bei den Automobilherstellern in China aus. Warum und wie stark der chinesische E-Automarkt und -Export so außergewöhnlich schnell wachsen, wird in einem kürzlich erschienenen, sehr lesenswerten Artikel im CarbonBrief mit dem übersetzten Titel „Der globale Handelskrieg um Chinas boomende Elektroautoindustrie“ ausführlich beschrieben.

Die folgenden Fakten und Hintergrundinformationen sind zum Teil diesem Artikel entnommen.

China setzte seit 2000 strategisch auf E-Mobilität

Bereits im 10. Fünfjahresplan von 2001 bis 2005 legte die chinesische Führung die Entwicklung der Elektromobilität und Batteriespeicher als strategisches Ziel für die Industriepolitik fest, begründet unter anderem mit den Zielen Luftreinhaltung und Klimaschutz.

Ich selbst fuhr damals schon ein kleines E-Auto, das Twike, und warb in der grünen Bundestagsfraktion für emissionsfreie E-Mobilität mit Solarstrom. Aber Kanzler Gerhard Schröder stellte sich einen A-Klasse-Mercedes mit Wasserstoffantrieb in die Garage und schwärmte von „Zukunftsenergie“. Von E-Mobilen war bei ihm und der Autoindustrie nichts zu sehen und zu hören.

Wie wir heute sehen, waren und sind Wasserstoffautos ein Irrweg, den Automobilkonzerne und die Mineralölwirtschaft damals ins Visier nahmen, um die E-Mobilität mit Solarstrom zu verhindern. Es sollte weiterhin einen Kraftstoff (den Wasserstoff) geben, der ausschließlich an von den Konzernen kontrollierten Tankstellen erhältlich ist. Solarstrom vom eigenen Hausdach mit einer heimischen Ladestation hätte den Energiekonzernen gar nichts gebracht, denn daran verdienen die Energiekonzerne gar nichts. Wie sich heute zeigt, ist das seit 25 Jahren propagierte Wasserstoffauto eine krasse Fehlstrategie, die bis heute vollkommen erfolglos geblieben ist.

Dabei war Deutschland bei E-Autos schon weit vorne. Ich erinnere mich sehr gut an meinen Firmenbesuch um das Jahr 2000 bei Siemens in Würzburg, wo mir die Ingenieure begeistert zeigten, wie effizient und fortschrittlich ihre Elektromotoren für den Fahrzeugeinsatz waren. Sie sahen auch in der Lithium-Ionen-Technologie vielversprechende Lösungen für die Batteriespeicher. Doch dieses Siemens-Werk wurde zunehmend von der Konzernzentrale vernachlässigt, mit der Begründung: E-Mobilität habe keine Zukunft, der Dieselmotor sei die Zukunft, und eines Tages werde die Brennstoffzelle mit Wasserstoff kommen. So sagten es mir damals auch die Konzernspitzen von VW, Daimler und BMW in politischen Runden.

Automobilindustrie und Politik von Union, FDP und SPD haben eine saubere Mobilität stets verhindert

In der EU und Deutschland wurden in den letzten Jahrzehnten alle Luftreinhaltevorschläge der EU-Kommission von der Lobby der Automobilkonzerne stets zur Unwirksamkeit verwässert – wie der Dieselskandal zeigt, sogar durch Betrug verhindert. Dafür steht der Ex-VW-Chef Winterkorn jetzt ja vor Gericht.

China dagegen setzte immer höhere Emissionsstandards bei Verbrennungsmotoren und legte vor allem großen Wert auf eine Unterstützung für emissionsfreie E-Autos, z.B. mit einer E-Mobil-Verkaufsquote, wie sie in Kalifornien schon 1990 eingeführt wurde, aber auf Druck der Erdölwirtschaft aber um 2000 wieder abgeschafft wurde.
Genau diese chinesische Automobilpolitik für emissionsfreie Autos wollten Kanzlerin Merkel und ihr SPD-Vizekanzler Gabriel in Peking 2018 verhindern, mit dem Argument, die deutsche Automobilindustrie könne die geforderten Standards nicht einhalten. Doch sie blieben dort erfolglos. Stattdessen setzten sie in Deutschland weiter auf Verbrenner und verfestigten so die Innovationsfeindlichkeit der deutschen Automobilwirtschaft.

Inzwischen sind nicht nur in Peking und Shanghai wieder der blaue Himmel zu sehen und die Luftverschmutzung drastisch zurückgegangen. In Deutschland hingegen sterben weiterhin jedes Jahr etwa 125.000 Menschen vorzeitig aufgrund hoher Luftverschmutzung, was nicht einmal den Gesundheitsminister dazu bewegt hat, die E-Mobilität und andere Luftreinhaltemaßnahmen stärker zu unterstützen.

Gleichzeitig sinken die deutschen Klimagasemissionen im Verkehrssektor überhaupt nicht nennenswert. Auch der von der FDP durchgesetzte verkorkste Emissionshandel im Verkehrssektor, der letztendlich auf eine Emissionshandelsprämie für E-Auto-Besitzer hinausläuft, hat keinerlei Wirkung gezeigt. Jedenfalls habe ich von niemandem gehört, dass er sein E-Auto wegen der Emissionshandelsprämie gekauft hätte.

China fast uneinholbar vorne

Im Leitmarkt China sind mittlerweile 55 % der Neuzulassungen elektrifiziert; bis 2028 werden es 95 % sein. Und unter den ersten 10 Automobilfirmen dort findet sich bereits jetzt kein deutscher Hersteller mehr. Das war mal anders; noch vor wenigen Jahren dominierten Firmen wie VW, Daimler, BMW, Ford, Toyota den chinesischen Automobilmarkt mit ihren Verbrennern. Von ausländischen Firmen ist nur noch Tesla in China stark. Da deutsche Hersteller bei E-Autos weit hinterherhinken, sinkt ihr Marktanteil in China rasant.

Doch diese Entwicklung gibt es nicht nur in China. Norwegen zum Beispiel hatte im August 2024 eine E-Mobil-Neuverkaufsquote von 94 %. Auf dem norwegischen Markt gibt es außer wenigen E-Mobilen von VW so gut wie keine Verkäufe mehr aus deutscher Produktion.

Da ist es kein Wunder, dass der VW-Konzern so stark unter Druck steht und über Fabrikschließungen nachdenken muss. Immerhin ist China der größte Absatzmarkt von VW. Aber jetzt geht die internationale E-Mobil-Offensive der Chinesen erst richtig los. China plant, die Automärkte in Brasilien, Indonesien, Australien, Mexiko, Thailand, Indien, Russland, Saudi-Arabien und vielen anderen Ländern mit ihren E-Mobilen zu erobern. Von deutschen E-Mobilen ist in diesen Märkten so gut wie nichts zu sehen. Aber der Anteil der Verbrenner geht in all diesen Märkten ständig zurück.

Torschlusspanik beim Verbrenner-Aus bei CDU, CSU bis AfD

Die EU hat ein Verbrenner-Aus bis 2035 beschlossen. Das setzt Druck auf die Automobilkonzerne, endlich stärker in emissionsfreie Autos zu investieren und die Märkte auf E-Mobile auszurichten. Doch im letzten Europawahlkampf wurde dieses Verbrenner-Aus heftig attackiert. CDU/CSU, FDP, BSW und AfD machten daraus ein zentrales Wahlkampfthema und gewannen damit sogar Wählerstimmen. Ihre falsche These: Das Verbrenner-Aus würde zum Schaden von VW und anderen deutschen Autokonzernen führen. Doch wie wir sehen, beabsichtigt Audi die Fabrik in Brüssel nicht wegen des EU-Verbrenner-Aus zu schließen, sondern wegen der Absatzschwierigkeiten im chinesischen Automarkt, wo zunehmend immer mehr E-Mobile verkauft werden.

Um die europäische Automobilindustrie vor der wachsenden chinesischen Konkurrenz zu schützen, setzen Kommissionspräsidentin von der Leyen und ihre CDU nun auf Importzölle gegen chinesische E-Autos. Immerhin haben die deutschen Automobilkonzerne selbst und auch Wirtschaftsminister Habeck dagegen opponiert. Absurderweise hält von der Leyen jedoch daran fest, obwohl Zölle gerade eine Strategie sind, die nur dem Schutz einer fossil betriebenen, schmutzigen und klimaschädlichen Automobilindustrie dient – insbesondere Shell, Exxon, BP, Total und Co., die mit jedem E-Auto einen Absatzrückgang für ihre Benzin- und Dieselverkäufe an den Tankstellen erleiden. Genau solche Strategien zur Abwehr der emissionsfreien Autos haben in der Vergangenheit aber den Grundstein gelegt, dass VW nun über Fabrikschließungen nachdenken muss.

Den weiteren rasanten Aufschwung der chinesischen E-Auto-Entwicklung werden EU- und US-Zölle gar nicht wirklich berühren. Schnell wachsende E-Automärkte in den BRICS-Staaten und anderen werden vor allem die Hightech-E-Autos aus China bedienen und nicht die deutschen Hersteller.

Jetzt hat China sogar eine Abwrackprämie für Diesel- und Benzinfahrzeuge eingeführt

Als erste Antwort auf die US- und EU-E-Autozölle will China auch den E-Auto-Binnenmarkt, der gerade über 50 % an elektrischen Antrieben für Neuwagen erreichte, weiter anheizen. Eine Abwrackprämie für fossil betriebene Autos in Höhe von ca. 2.700 Euro wurde eingeführt. Das wird den Niedergang von VW und Co. im großen chinesischen Markt weiter beschleunigen. Die Dominanz von VW, Daimler, Toyota, Ford und anderen Verbrennerautos auf den chinesischen Straßen wird bald der Vergangenheit angehören.

Zusätzlich kommen die chinesischen E-Auto-Hersteller mit immer neuen, fantastischen E-Autos auf den Markt. Sie sind so attraktiv in Bezug auf Preis, Komfort und Leistungsfähigkeit, dass sie alle Verbrenner weit in den Schatten stellen.

Jüngstes Beispiel ist der MONA M03 vom Hersteller Xpeng. In nur 48 Stunden nach der Präsentation des Autos gab es bereits 30.000 Bestellungen. Den großräumigen MONA M03 gibt es für nur 22.000 Euro in der Ausstattung mit erweiterten Fahrassistenzoptionen, Reichweite ca. 600 km und Schnellladung in nur 30 Minuten von 30 % auf 80 % Ladezustand.

Der Mona M03 von XPeng ist nur ein tolles neues Auto von chinesischen Herstellern; einige andere neue Modelle sind ebenfalls bei Preis und Ausstattung atemberaubend. Wer will da noch einen teuren ID.3 von VW kaufen, wenn es solche preislich günstigeren und von der Ausstattung her wesentlich besseren chinesischen Alternativen gibt.

Es ist gut, dass es im Schweinfurt-Stadtrat auf Grüne Initiative hin nun Interesse an der Ansiedlung einer XPeng-Fabrik gibt.

VW hat bereits bei Xpeng einen Anteil von 9 % erworben. Die etablierte starke Schweinfurter Industrie würde nicht nur mit dem Konzern ZF profitieren. ZF als großer Automobilzulieferer hat Entlassungen angekündigt. In den letzten Jahren setzte ZF immer stärker auf E-Mobil-Komponenten. Doch wegen der Absatzschwierigkeiten von E-Mobilen in der EU hat nun nicht nur ZF Probleme als Zulieferer, sondern auch andere in der Region, wie der Mittelständler Preh in Bad Neustadt. Würden starke chinesische E-Auto-Hersteller in Deutschland Werke bauen, wären Produktion, Jobs und Steuereinnahmen hier und könnten Zulieferer retten, wenn schon VW und Co. keinen Weg finden oder finden wollen, selbst führend in der E-Mobil-Produktion zu werden.

Eine Verbrenner-Abwrackprämie nach chinesischem oder Denzlinger Vorbild wäre auch für die deutsche Regierung eine gute Wahl

Jetzt merkt auch die deutsche Regierung, wie verheerend es war, zum Jahreswechsel die E-Autoförderung für private und betriebliche Autokäufer abrupt abzuschaffen. Wohl als Antwort sollen nun steuerliche Anreize schnell wieder den eingebrochenen deutschen E-Automarkt anheizen, in der Hoffnung, die Schließung von VW-Fabriken noch zu verhindern. Immerhin eine Kehrtwende in die richtige Richtung. Doch die Vorschläge sind zu schwach und werden sicherlich noch nicht die notwendigen großen Impulse setzen.

Dabei gibt es schon eine viel wirksamere „Verbrennerauto-Abschaff-Prämie“ in Deutschland. Die 14.000-Einwohner-Gemeinde Denzlingen bei Freiburg hat bereits im Jahr 2020 auf Initiative von Bürgermeister Markus Hollemann eine Abwrackprämie von 500 Euro eingeführt, für alle, die ihre schmutzigen Diesel und Benziner abschaffen – sei es, dass sie nun auf ihr Auto ganz verzichten und auf Bus, Bahn, Fahrrad, E-Roller umsteigen oder sich ein E-Auto anschaffen. Einige Kommunen sind diesem Beispiel gefolgt. Vorbildlich!

Natürlich können Denzlingen und ein paar wenige Städte nicht VW retten, aber wenn die Bundesregierung das einführen würde – was wäre das für ein Impuls für die Entwicklung sauberer Mobilität, innovative Industrieentwicklung deutscher E-Autos, aber auch für Luftreinhaltung sowie Lärm- und Klimaschutz.

Deutschland hat ja schon Erfahrung mit der Abwrackprämie von 2009, die damals fälschlicherweise als Umweltprämie tituliert wurde. Die Erfahrungen aus dieser Zeit zeigen jedoch, dass ein solches Vorgehen nicht wiederholt werden sollte.

Die damalige Abwrackprämie von 2.500 Euro, also etwa so viel, wie heute China für die Abwrackung von Verbrennerautos gibt, war 2009 nur eine Verschrottungsprämie für alte umweltschädliche fossile Autos zugunsten neuer umweltschädlicher fossiler Verbrennerautos. Es war auch nur ein sehr teures wirtschaftliches Strohfeuer, aber keine Innovationsentwicklung für umweltfreundliche Autos, sondern wie so oft nur ein Bestandschutz für die Verbrennerautoindustrie. Hätten Merkel und Gabriel damals schon emissionsfreie Autos wie E-Mobile in die Förderung der Abwrackprämie aufgenommen, wäre möglicherweise die heutige chinesische Dominanz gar nicht so groß.

Fazit: Der sich heute klar abzeichnende Niedergang von VW, Daimler, BMW und Co. hat eine lange Vorgeschichte. Sie hängt zusammen mit der Ignoranz der Merkelregierungen, Medien und der Konzernchefs gegenüber emissionsfreien E-Autos. Sie wird leider auch heute noch weiter befördert durch das unbelehrbare Festhalten am fossilen Verbrennungsmotor, am Rütteln am Verbrenner-Aus der EU und eine Geringschätzung, ja sogar aktives Bashing für E-Autos von CDU/CSU/FDP/AFD/BSW/FW sowie weiten Teilen der von den Anzeigen der Verbrennerkonzerne dominierten Medien („E-Autos seien zu teuer und diese Reichweitenangst …“). Genau dieses Festhalten am klima- und gesundheitsschädlichen Verbrenner ist die Ursache für die drohenden Fabrikschließungen von VW und nicht eine den Grünen in die Schuhe geschobene „falsche“ Industriepolitik.

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Die Vereinbarungen der Wachstumsinitiative der Ampelkoalition zur Veränderung des EEG werden dem Ausbau der Erneuerbaren Energien erheblichen Schaden zufügen – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

In der Wachstumsinitiative der Ampelkoalition werden 49 Projekte angegangen, um die Wirtschaft insgesamt anzukurbeln.

Nicht alle diese Maßnahmen werden jedoch zu einem Wachstum im wichtigen Bereich der Erneuerbaren Energien führen; in einigen Bereichen wird es sogar zu einem deutlichen Rückgang kommen.

Gerade erst hatte die Ampelkoalition unter Wirtschaftsminister Habeck es geschafft, den Rückgang des Ausbaus unter Kanzlerin Merkel umzukehren und die Erneuerbaren Energien, insbesondere die Photovoltaik, wieder auf einen deutlichen Wachstumskurs zu bringen. Doch nun gibt es, auf Betreiben der FDP, Vorschläge, die einen erneuten massiven Rückgang befürchten lassen.

Zwei drohende Veränderungen möchte ich hervorheben und näher beleuchten: Die Umstellung auf Investitionsförderung und die verpflichtende Direktvermarktung für das PV-Segment von 25 bis 100 kWp.

Weitere und tiefer gehende Analysen dazu können Sie auch im Video-Interview mit Frank Farenski in „Leben mit der Energiewende“ ab Minute 40 nachhören:

PV-Förderung für mittlere Dachanlagen:

Auf Seite 27 der Wachstumsinitiative heißt es:

„Kurzfristig werden wir die Förderung bei negativen Preisen für Neuanlagen grundsätzlich bereits ab dem 1. Januar 2025 aussetzen (ausgenommen kleine Anlagen, da nicht administrierbar) und die Schwelle, ab der die Erneuerbaren Energien ihren Strom selbst vermarkten, beginnend ab dem 1. Januar 2025 in drei Jahresschritten auf 25 KW absenken“

Auf Druck der FDP wurde diese Absenkung der Direktvermarktungsgrenze für PV-Anlagen in 3 Stufen von 100 KWp auf 25 kWp beschlossen. Dies bedroht den Zubau im Segment von PV-Anlagen in Landwirtschaft sowie im kleineren bis mittleren Gewerbe. Die “Direktvermarktung” im EEG ist keine echte marktwirtschaftliche Vermarktung, sondern ein kompliziertes Konstrukt, das im Wesentlichen auf die gleiche Vergütung hinausläuft wie die feste Einspeisevergütung, die bisher bis zu einer Größe von 100 kWp galt. Allerdings ist die Direktvermarktung technisch aufwendiger und organisatorisch deutlich komplizierter, was zu einer erheblichen Bürokratie führt, die die Investitionen in diesem Segment weitgehend zum Erliegen bringen könnte.

Aufgrund der Komplexität der Direktvermarktung sind die Kosten ebenfalls hoch. Ein befreundeter Solarinstallateur hat kürzlich bei mehreren namhaften Direktvermarktungsanbietern recherchiert und mir berichtet, dass die Gebühren bei mindestens 3.000 Euro pro Jahr liegen – auch für kleinere Anlagen. Im Verhältnis zu den Einnahmen bei einer 100-kWp-Anlage mit Volleinspeisung, die etwa 10.000 Euro pro Jahr betragen, machen diese Gebühren 30 % der Einnahmen aus. Der Direktvermarktungszwang und die damit verbundenen hohen Gebühren führen bereits bei Anlagen über 100 kWp zu einer deutlichen Verringerung der Wirtschaftlichkeit. Bei Anlagen im Bereich von 25 bis 100 kWp wären diese Kosten vollkommen unverhältnismäßig.

Die Übertragung des Direktvermarktungszwangs auf das Segment 25 bis 100 kWp würde daher auch aus Kostengründen, aber vor allem wegen der bürokratischen Aufwands, viele Investitionen zunichtemachen. Anlagen in diesem Bereich werden meist von Landwirten und kleineren Gewerbetreibenden gebaut, die durch die komplizierte Direktvermarktung abgeschreckt werden.

Eigentlich will die Koalition mit der Wachstumsinitiative Bürokratie abbauen – hier wird jedoch erst einmal das Gegenteil erreicht.

Das Problem ist in der Koalition bekannt. In der Wachstumsinitiative heißt es dazu: „Zu diesem Zweck werden wir die Selbstvermarktung von Strom und die Steuerung der Anlagen konsequent entbürokratisieren, digitalisieren und spätestens zum 1. Januar 2026 massengeschäftstauglich ausgestalten“. Angesichts der grundsätzlichen Komplexität der Direktvermarktung mit zeitvariablen Börsenpreisen muss bezweifelt werden, ob eine wesentliche Vereinfachung gelingen wird. Sollte dies tatsächlich erfolgreich sein, könnte man in einem zweiten Schritt über eine Ausweitung der Direktvermarktungspflicht nachdenken.

Aber in der Wachstumsinitiative ist leider eine völlig verkehrte Reihenfolge vorgesehen: Bereits ab 1.1.25 soll im ersten Schritt die Direktvermarktungsgrenze abgesenkt werden, aber erst spätestens zum 1.1.26 die Direktvermarktung massengeschäftstauglich gestaltet werden. Dies bedeutet, dass zunächst dieses Marktsegment zusammenbricht und hinterher wieder versucht werden soll, das zu korrigieren.

Am besten wäre es, wenn die Ampelkoalition diesen Vorschlag komplett fallen ließe. Zumindest aber sollte im parlamentarischen Verfahren, nach entsprechendem Rat der zu hörenden Sachverständigen, eine sinnvolle zeitliche Reihenfolge festgelegt werden: Zuerst sollte die Direktvermarktung massengeschäftstauglich gestaltet werden. Anschließend müsste evaluiert werden, ob dies erfolgreich war und vom Markt angenommen wird. Erst dann und nur dann sollte eine Absenkung der Direktvermarktungsgrenze erfolgen.

Die Umstellung auf Investitionszuschüsse statt Einspeisevergütungen wird in allen Sektoren der Erneuerbaren Energien zu Einbrüchen führen

Die größte Bedrohung für den Ausbau der Erneuerbaren Energien steht in folgender Passage der Wachstumsinitiative auf S. 27:

„Mit dem Ende der Kohleverstromung wird die Förderung der Erneuerbaren Energien auslaufen. Der Ausbau neuer EE soll auf Investitionskostenförderung umgestellt werden, insbesondere um Preissignale verzerrungsfrei wirken zu lassen.“

Aktuell bedenklich ist dabei, dass die Umstellung bereits kurzfristig in einem sogenannten Reallabor ausprobiert werden soll, was den Weg in eine falsche Richtung ebnet.

Die prinzipielle Umstellung auf Investitionsförderung wird den Ausbau der Erneuerbaren Energien drastisch einschränken.

Es sind eine Vielzahl von strategischen Überlegungen, die mit der Umstellung auf Investitionsförderung einem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien diametral entgegen stehen:

Ein Ende der EEG-Förderung ist mit dem Ausstieg aus der Kohleverstro­mung anstatt mit dem Erreichen einer CO2-freien Stromversorgung anvisiert. Dadurch bleibt das höchst klimaschädliche Erdgas weiter im Markt. Nach wel­chem Mecha­nis­­mus nach 2038 der weitere Ausbau der erneuerbaren Stromversorgung für das Ablösen von Erdgaskraftwerken sowie für die wachsende Anzahl von Elektroautos und Wärmepumpen erfolgen soll, wird offengelassen.
Ohne stichhaltige Begründung soll von einem bewährten Instrument (Einspeisevergütung) zu einem nicht bewährten Instrument (Investitionszuschüsse) gewechselt werden, welches in der Vergangenheit schon vielfach seine Untauglichkeit bewiesen hat:

Die Investitionsförderungen haben den Effekt, dass alle staatlichen Fördermittel gleich im ersten Betriebsjahr der Anlagen anfallen und damit den Staatshaushalt sehr stark belasten. Dagegen sind im bestehenden EEG die Fördermittel erst im Verlauf von 20 Jahren aufzubringen. Das ist eine sehr geschickte Ausnutzung privater Investitionen und Kredite. Dagegen muss bei Investitionsförderung der Staat vorfinanzieren. Diese hohen staatlichen Ausgaben werden in jeder jährlichen Haushaltsberatung dazu führen, dass angesichts klammer staatlicher Kassen (Schuldenbremse) viel zu geringe Haushaltsmittel bereitgestellt werden, womit die Klimaschutzziele nicht erreicht werden können.
Die Steuergelder für die Investitionszuschüsse werden jedes Jahr in den Haushaltsberatungen des Bundes festgelegt. Sie sind beschränkt und werden meist aus Gründen der Sparsamkeit niedrig gehalten. Daher wirken direkte Zuschüsse immer wie Ausbaudeckel: Wenn das Geld aufgebraucht ist, wird keine Förderung mehr gewährt. Der Ausbau bricht zusammen und wird bestenfalls ins nächste Jahr verschoben.
Volkswirtschaftlich erscheint das nicht sinnvoll: Die bisherige relativ zuverläs­sige Vollfinanzierung von Investitionen, Kapital­dienst und Betriebskosten mittels gesetzlicher Einspeisevergütung soll durch eine unklare Teilfinanzierung ersetzt werden. Damit steigen die finanziellen Risiken der Anbie­ter, was die Banken zu einem teureren Kapitaldient zwingen wird. Dies führt einerseits zu höheren Preisen und andererseits zu weniger Kapital und damit zu weniger Ausbautempo.
Alle Erfahrungen mit Investitionszuschüssen zeigen einen höchst schädlichen Einfluss auf das Marktgeschehen. Wenn die etadierten Haushaltsmittel unter dem Jahr schon ausgegeben sind, dann werden die Investitionen sofort gestoppt, in der Hoffnung, im nächsten Jahr eine Fördermittelzuteilung zu bekommen. Dieses Stop-and-Go schadet Installateuren und Technikproduzenten, führt zu einem geringen Ausbau der Erneuerbaren Energien und zu Marktverwerfungen bis hin zu Insolvenzen. Es gibt zahllose Beispiele hierfür in ganz Europa.
Investitionszuschüsse müssen vom Wirtschaftsministerium an klare, umfassende Vorgaben geknüpft und die Ausgaben auf sachgemäße Verwendung überprüft werden. Dies erhöht den ohnehin schon viel zu hohen Bürokratieaufwand weiter massiv.
Investitionszuschüsse werden im Voraus ausgezahlt. Damit entfallen Anreize, die Anlagen langfristig in Betrieb zu halten und tatsächlich damit Strom zu erzeugen oder Flexibilitäten im Strommarkt zu nutzen. Es müssen also Sanktionen (Pönalen) angedroht werden, was die Finanzierung der Anlagen weiter verteuert und die Bürokratie weiter erhöht.

Der Eindruck entsteht, dass hier ohne Not Risiken für die Volkswirtschaft, den Bundeshaushalt und das Ausbautempo der steuerbaren Kapazitäten geschaffen werden. Unter dem politischen Schlagwort „Mehr Marktwirtschaft“ wird das glatte Gegenteil erreicht: eine zunehmende bürokratische Gängelung und eine weitere Schrumpfung des geförderten Marktes für Erneuerbare Energien.

Historische Beispiele für die viel zu geringe Wirksamkeit der Investitionsförderung:

Beispiele für das Nichtfunktionieren der Investitionszuschüsse habe ich in meinem Politikerleben zu Hauf erlebt.

Das Marktanreizprogramm für Wärme aus Erneuerbaren Energien aus Anfang der Nuller Jahre, z.B. für thermische Solarkollektoren, ist immer nur mit Investitionszuschüssen gespeist worden. Fast jedes Jahr waren die Haushaltsmittel lange vor dem Ende des Haushaltsjahres aufgebraucht, und die Investitionen wurden für den Rest des Jahres gestoppt.

Das schlimme Ergebnis sehen wir noch heute:

Der Anteil Erneuerbarer Wärme im Heizungssektor in Deutschland ist bis heute unter 20 % geblieben.

In Österreich wurden jahrelang Investitionszuschüsse für die PV-Dachanlagen gewährt.

Beispielsweise waren im Jahr 2018 die Fördermittel von 4,5 Millionen Euro bereits nach drei Monaten aufgebraucht.

Da Österreich viele Jahre in diesem PV-Segment eine Investitionsförderung gewährte, liegt die pro Kopf installierte PV-Leistung in Österreich weit hinter Deutschland zurück.

Erst in den letzten Jahren, unter der grünen Ministerin Gewessler, hat Österreich erheblich aufgeholt, insbesondere durch die Umsetzung der Energy-Sharing-Richtlinie der EU, die jedoch erneut in der Wachstumsinitiative der Ampelkoalition fehlt. Immerhin liegt aber seit Kurzem endlich ein Referentenentwurf des Wirtschaftsministeriums vor.

Ein besonders krasses Beispiel für eine fehlgeleitete Investitionsförderung war das Wallbox-Programm für private Ladestationen von Minister Wissing im September 2023. Innerhalb eines Tages war ein großer Teil der 500 Millionen Euro schweren Förderung bereits weitgehend ausgeschöpft und wurde sofort wieder eingestellt.

Ein Strohfeuer ohne nachhaltige Entwicklung, insbesondere auch für bidirektionales Laden, das damit ja unterstützt werden sollte. Seitdem gibt es weiterhin keine Unterstützung durch die Ampelkoalition für die dringend erforderliche Markteinführung des bidirektionalen Ladens.

Fazit: Die Umstellung von der Einspeisevergütung auf Investitionszuschüsse wird zu einem massiven Einbruch im gerade gestärkten Ausbau der Erneuerbaren Energien führen. Der Klimaschutz wird erneut unter die Räder kommen.

Die Wachstumsinitiative ist noch kein Gesetz

Diese Wachstumsinitiative der Ampelkoalition hat bisher nur den Charakter einer Absichtserklärung. Die Umsetzung in verbindliche Gesetze liegt noch in der Zukunft. Zunächst werden zu den Einzelpunkten Referentenentwürfe der Ministerien vorgelegt, die dann noch im Bundestag verhandelt und beschlossen werden müssen. Es bleibt also noch Zeit, auf die oben dargelegten drohenden Verschlechterungen hinzuweisen und so hoffentlich die Umstellung der EEG-Förderung auf Investionskostenzuschüsse zu verhindern.

Klar ist jedoch auch: Für den Bau ungeförderter Anlagen wird eine entsprechende Umstellung keine Auswirkungen haben. Wer also im Privathaus oder im Gewerbebetrieb einen hohen Anteil seines Stromverbrauchs durch Eigenerzeugung mit Erneuerbaren Energien abdecken möchte, wird wie bisher keinerlei Einbußen mit einem entsprechenden Förderwechsel haben. Auch wer den Strom beispielsweise aus einem kommunalen oder bürgerlichen Windpark direkt mit privatrechtlichen Stromlieferverträgen (PPA-Verträgen) vermarktet, bleibt vom Förderwechsel unberührt.

Dennoch gilt es, sich politisch gegen den geplanten Förderwechsel einzusetzen, denn ein großer Teil der Investitionen in Erneuerbare Energien ist weiterhin auf Förderungen angewiesen. Um den für 2030 erforderlichen Umstieg auf eine nachhaltige Energieversorgung zu schaffen, ist eine funktionierende Förderung weiterhin erforderlich.

Quelle: Read More

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