Photovoltaik – Eigentumserwerb an einzelnen Modulen: Worauf kommt es an?

Die zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Bewertung von Photovoltaik-Anlagen unterscheidet sich fundamental. Im Zivilrecht hat der BGH nun Grundsätzliches geklärt.

Dem Urteil (Az: V ZR 69/20) zugrunde liegt die Frage, ob an einzelnen Modulen einer Freiflächen-Photovoltaik-Anlage (in der Folge: PV-Anlage) Eigentum erworben werden kann. Laut BGH muss differenziert werden. Wir erklären, worauf es ankommt.

Die Ausgangslage:

Der rechtsgeschäftliche Erwerb von Eigentum richtet sich nach den §§ 929 ff. und §§ 93 ff. BGB. § 93 BGB besagt: An wesentlichen Bestandteilen einer Sache – das sind solche, die nicht voneinander getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird – kann kein gesondertes Eigentum entstehen. Die Veräußerung einzelner Module einer Photovoltaik-Anlage ist daher nur möglich, wenn sie nicht als wesentlicher Bestandteil der Gesamtanlage einzuordnen sind. Gleiches gilt nach § 94 BGB für wesentliche Bestandteile eines Grundstücks oder Gebäudes.

Die Entscheidung des BGH:

§ 94 Abs. 2 BGB steht einem Eigentumserwerb an einzelnen Modulen grundsätzlich nicht im Weg. Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen sind in der Regel aufgrund ihrer Bauart nicht als Gebäude einzuordnen.
An wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks (§ 94 Abs. 1) kann dennoch Eigentum erworben werden, wenn die Freiflächen-Photovoltaik-Anlage nur vorübergehend – z.B. aufgrund eines Pachtverhältnisses – auf dem Grundstück errichtet ist, § 95 Abs. 1.
§ 95 Abs. 1 ist aber nur auf wesentliche Bestandteile eines Grundstückes anwendbar. Nicht dagegen (auch nicht analog!) auf wesentliche Bestandteile einer beweglichen Sache (hier PV-Anlage).

Für die Bewertung, ob etwas wesentlicher Bestandteil einer Sache i.S.d. § 93 BGB ist, kommt es grundsätzlich auf die Auswirkungen einer gedachten Trennung an. Nach BGH soll nun je nach Konstellation auf einen anderen Zeitpunkt abzustellen sein. Geht es um den möglichen Verlust von Eigentum infolge der Verbindung, ist auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Verbindung abzustellen. Soll dagegen Eigentum begründet werden, nachdem die Verbindung bereits stattgefunden hat, ist auf die Verhältnisse im Moment der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen.

Bewertung: Positive Klarstellungen durch BGH

Das Urteil des BGH zeigt einmal mehr, dass Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen im Zivilrecht einerseits und im öffentlichen Recht andererseits unterschiedlich zu bewerten sind. Werden sie im Baurecht als bauliche Anlage eingestuft, hat der BGH nun deutlich gemacht, dass sie im zivilrechtlichen Sinne grundsätzlich keine Gebäude darstellen. Und auch vergütungsrechtlich sind Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen keine baulichen Anlagen. Die einzelnen Module werden jedoch unter den Voraussetzungen von § 24 EEG 2021 vergütungsrechtlich zu einer Anlage zusammengefasst.

Positiv zu bewerten ist auch die Klarstellung im Rahmen des § 93 BGB, anhand welcher Kriterien die Wesentlichkeit festgestellt werden kann. Das vom BGH jetzt angeführte zeitliche Kriterium dürfte eine Einordnung leichter gestalten. Allerdings sind diverse Konstellationen vorstellbar, in denen auch die Bewertung nach dem jeweiligen Zeitpunkt Schwierigkeiten bringen dürfte. Die nächsten Grundsatzurteile des BGH dürften daher nicht lange auf sich warten lassen.

Für die Praxis bedeutet dies, dass mit dem Erwerb eines Grundstücks eine darauf befindliche Freiflächen-Photovoltaik-Anlage nicht automatisch mitverkauft ist und dass bei Erwerb einer solchen Anlage oder Teilen davon nicht unbedingt das Grundstück mitgekauft werden muss.

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Erneuerbare Energien – OVG Lüneburg äußert Zweifel an § 2 EEG 2023

Ein Entwurf zum EEG 2023 sieht vor, in § 2 die besondere Bedeutung der erneuerbaren Energien gesetzlich zu verankern. Das OVG Lüneburg sieht dies kritisch.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor (BR-Drucks. 162/22) sieht zahlreiche Anpassungen vor, die das Ziel verfolgen, bis ins Jahr 2030 mindestens 80 % des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien zu erzeugen.

§ 2 EEG 2023 im Gesetzentwurf

Erstaunlich früh, schenkte das OVG Lüneburg mit Beschluss vom 21.04.2022 (Az.: 12 MS 188/21) der bloß angedachten Fassung des künftigen § 2 EEG 2023 Aufmerksamkeit, der wie folgt lauten soll:

„Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Satz 2 gilt nicht gegenüber Belangen des Landes- und Bündnisverteidigung.“

Zweifel an Geltung von § 2 EEG 2023 im Denkmalrecht

Das OVG Lüneburg äußerte nun im o.g. Beschluss pro forma Bedenken hinsichtlich der angedachten Fassung von § 2 EEG 2023, in dem es für den Bereich des Denkmalrechts die Gesetzgebungskompetenz des Bundes anzweifelte:

„Wie weit die Rechtswirkungen eines § 2 S. 2 EEG 2003 in das Denkmalrecht hinreichen könnten, (…) mag hier dahinstehen. Es sei allerdings angemerkt, dass der Bund auf dem Gebiet des Denkmalschutzes nur in eng begrenzten Sonderbereichen über Rechtssetzungsbefugnisse verfügt. Ob vor diesem Hintergrund die weitreichenden Regelungsvorstellungen der Bundesregierung realistisch sind, mag zunächst im Gesetzgebungsverfahren erörtert werden.“

Gesetzgeber sollte hellhörig werden

Nun ist das Gesetz noch nicht in Kraft und auch das OVG Lüneburg hat sich nur recht vage zu § 2 EEG 2023 geäußert. So oder so erscheint allerdings bereits der Nutzen eines § 2 EEG 2023 fragwürdig: Denn aufgrund der Klimabeschlüsse des BVerfG vom 23.04.2021 (1 BvR 2656/18 u.a.) steht mittlerweile außer Frage, dass ein (gewichtiges) öffentliches Interesse am Ausbau der Erneuerbaren Energien besteht. Dies wurde zuletzt auch durch das BVerfG mit Beschluss vom 23.03.2022 (1 BvR 1187/17) – wir berichteten hier – bestätigt. § 2 EEG 2023 wäre somit allenfalls klarstellend, aber nicht konstitutiv.

Der Gesetzgeber sollte sich daher genau überlegen, ob er § 2 EEG 2023 tatsächlich in angedachter Fassung verabschieden möchte. Zusätzlich ist zu bedenken, dass die positiv gemeinte Verankerung in § 2 EEG 2023 eine gegenteilige Wirkung haben könnte. Denn Fachbehörden wenden primär ihre Fachgesetze an, nicht das EEG 2023 – fehlt dann aber ein ähnlicher Grundsatz, könnte dies als bewusste gesetzgeberische Lücke gegen den Vorrang von Erneuerbaren Energien gewertet werden. Damit würde dann die klimafreundliche Rechtsprechung des BVerfG sogar konterkariert werden.

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Windenergie – BVerfG macht Mecklenburg-Vorpommern für Branche unattraktiv

Das BVerfG hält das Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz (BüGembeteilG MV) für überwiegend verfassungsgemäß: Mecklenburg-Vorpommern droht ins Hintertreffen zu geraten.

In der Entscheidung des BVerfG (Az.: 1 BvR 1187/17) – zur Pressemitteilung vom 05.05.2022 geht es hier – bezeichnet das BVerfG das BüGembeteilG sogar als Modell für vergleichbare Regelungen in anderen Bundesländern. Damit hat es klargemacht, dass die bundesgesetzlichen Regelungen, allen voran § 6 EEG 2021, nicht abschließend sind. Es steht zu befürchten, dass in Zukunft auch andere Länder – unter dem Deckmantel des Klimaschutzes – von der Länderöffnungsklausel des § 36g Abs. 5 EEG 2021 Gebrauch machen.

Leidtragende sind die Projektierer:innen und der Klimaschutz.

Das BüGembeteilG MV:

Gegenstand des Verfahrens war eine Verfassungsbeschwerde, bei der die MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH die Beschwerdeführerin, ein Unternehmen aus der Windenergiebranche, vertrat. Angegriffen wurde dabei die Verfassungsmäßigkeit der §§ 3, 4, 6, 11 und 12 des BüGembeteilG MV.

Das BüGembeteilG MV sieht vor, dass die Realisierung von Windenergieanlagen durch Projektgesellschaften mit Haftungsbeschränkung zu erfolgen hat. Zudem sind die Projektierer:innen verpflichtet, 20 % der Anteile dieser Projektgesellschaft an Kommunen und Bürger:innen im Umkreis von 5 Km zum Vorhabenstandort zum Kauf zu offerieren. Der sich daraus ergebende Verwaltungsaufwand ist enorm. Dadurch sah die Beschwerdeführerin ihre Grundrechte der Berufs- (Art. 12 Grundgesetz, GG) und Eigentumsfreiheit (Art. 14 GG) sowie den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) verletzt.

Die Entscheidung:

Dem hat das BVerfG nun größtenteils widersprochen. Nur § 10 Abs. 6 S. 2 BüGembeteilG MV wurde als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar erklärt. Damit fallen in Zukunft lediglich Teile des erheblichen Verwaltungsaufwands weg.

Zwar spricht das BVerfG von einer „beträchtlichen Intensität“, die das BüGembeteilG MV für die Berufsfreiheit der Projektierer:innen bedeute. Diesem Eingriff stünden aber „Gemeinwohlbelange von ebenfalls beträchtlichem Gewicht“ gegenüber. Insbesondere der Klimaschutz und das Ziel der Akzeptanzsteigerung von Windenergie-Vorhaben in der Bevölkerung, rechtfertigten den Eingriff.

Dass das BVerfG in dem BüGembeteilG sogar ein Modell für andere Länder sieht, zeigt, dass es den Klimaschutz weiter als überragendes öffentliches Interesse sieht. Alles was dem Klimaschutz dient, kann erhebliche Eingriffe in die Grundrechte von Projektierer:innen rechtfertigen. Damit stellt das BVerfG den Klimaschutz zwar weiter nach vorne, verliert aber die Praxis aus den Augen. Ob das dem Klimaschutz wirklich hilft, erscheint mehr als fraglich.

Ausblick: Einheitliche Regelungen erforderlich

Der Standort Mecklenburg-Vorpommern droht damit ins Hintertreffen zu geraten. Die Stagnation beim Ausbau der Windenergie – seit 2019 ging die Anzahl der Anlagen von 1.942 auf 1.834 zurück – dürfte so nur schwierig zu durchbrechen sein. Aus unternehmerischer Sicht bleibt der Standort unattraktiv: Denn anders als § 6 EEG 2021, der nur eine freiwillige Beteiligung von Kommunen vorsieht, sind in Mecklenburg-Vorpommern nach dem BüGembeteilG auch in Zukunft mindestens 20 % der Anteile der Projektgesellschaft an Kommunen und Bürger:innen zum Kauf zu offerieren.

Daher gilt, wie so oft im Bereich der Erneuerbaren Energien: Der Gesetzgeber muss schnellstens einheitliche Regelungen schaffen. Der aktuelle Gesetzesrahmen scheint nach dieser Entscheidung für die Durchsetzung der Energiewende nicht auszureichen. Ohne gesetzgeberische Änderung droht ein Flickenteppich von Beteiligungsgesetzen.

 

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Endlich Schluss mit dem Nisthilfe-Unsinn!

in Eilantrag gegen eine für sofort vollziehbar erklärte baurechtliche Abrissverfügung, nach der eine Storchennisthilfe zu entfernen ist, bleibt ohne Erfolg. Damit kann die Nisthilfe nach Beschluss des VG Münster vom 01.04.2022 (10 L 112/22) trotz anhängiger Klage eigentlich bereits abgerissen werden – allerdings ist noch das Beschwerdeverfahren vor dem OVG Münster abzuwarten.

Hier ist auch auf das gemeinsame Eckpunktepapier des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums vom 04.04.2022 hinzuweisen, das die Problematik ebenfalls aufgreift:

„Nisthilfen für windenergiesensible Vogel- und Fledermausarten sind im definierten Nahbereich um bestehende Windenergieanlagen und auf für Windenergie in Raumordnungs- oder Bauleitplänen ausgewiesenen Flächen unzulässig.“

Diese Wertung sendet ein gutes erstes Signal, das nun auch rechtsverbindlich geregelt werden muss.

Hintergrund

Hintergrund des Verfahrens ist eine in wenigen hundert Meter zu einem genehmigten Windenergievorhaben errichtete, künstliche Storchennisthilfe.

Diese besteht aus einem Mast mit einer Kopfplatte; eine Baugenehmigung liegt nicht vor. Die von der MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vertretene Genehmigungsinhaberin wandte sich an den zuständigen Landkreis, um eine baurechtliche Abrissverfügung der Nisthilfe zu erwirken, denn das mittlerweile bekannte Vorgehen privater Dritter könnte im schlimmsten Fall – bei Besatz des Horstes durch einen Weißstorch – zur Aufnahme nachträglicher artenschutzrechtlicher Abschaltungen in den Genehmigungsbescheid führen.

Die entsprechende Verfügung wurde von der zuständigen Bauordnungsbehörde erwirkt und für sofort vollziehbar erklärt. Insbesondere durch die bereits angebrochene Nistzeit ergibt sich eine besondere Eilbedürftigkeit des Sachverhaltes.

Formelle Illegalität der Nisthilfe

Insofern ist es erfreulich, dass das Verwaltungsgericht Münster in seinem Beschluss vom 01.04.2022 den Eilantrag abgelehnt hat, da auch die Klage gegen die Beseitigungsverfügung voraussichtlich keinen Erfolg haben werde. Insofern überwiegt das Interesse am Vollzug der Abrissverfügung gegenüber dem Suspendierungsinteresse der Antragstellenden.

Das Gericht begründet seine Entscheidung mit der formellen Illegalität der Nisthilfe – dass das Vorhaben also ohne die notwendige Baugenehmigung errichtet wurde. Es besteht eine Genehmigungspflicht, welche hier auch nicht ausnahmsweise nach der nordrhein-westfälischen Bauordnung entfallen ist. Dabei werden die Argumente der Antragstellenden, die die Nisthilfe errichtet hatten, im Einzelnen entkräftet und widerlegt. Unter anderem stellt das Gericht klar, dass es sich bei der Nisthilfe, sehr wohl um eine bauliche Anlage i.S.d. Bauordnung handelt.
Die formelle Illegalität reicht nach dem VG Münster für die Rechtmäßigkeit der Abrissverfügung im vorliegenden Fall aus, da die Entfernung und Lagerung der Nisthilfe auch kurzfristig ohne erheblichen Substanzverlust und ohne hohe Kosten möglich ist.

Gegen den Beschluss wurde von den Antragstellenden Beschwerde beim OVG Münster eingelegt.

Wichtiges Signal gegen die Instrumentalisierung des Artenschutzes

Der Beschluss kann als bemerkenswertes Signal gegen die – im Kontext von Windenergievorhaben immer häufiger auftretende – perfide Praxis der Instrumentalisierung des Artenschutzrechts zur Verhinderung des Ausbaus der Windenergie gewertet werden.

Das konkrete Vorgehen besteht darin, im Namen des Artenschutzes geschützte Vogelarten gezielt mit künstlich errichteten Nisthilfen in die Nähe von geplanten Windenergieanlagen zu locken und ein (nachträgliches) Einschreiten der Naturschutzbehörde zu erwirken.

Dem können die zuständigen Behörden nun – gestärkt durch den Beschluss des VG Münster – im Wege eines raschen bauordnungsrechtlichen Einschreitens effektiver entgegenwirken.

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Osterpaket – leere Hülle oder der Beginn neuer „Zeiten“ für den Ausbau Erneuerbare Energien?

Die Erkenntnis, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nur in unzureichender Weise vorangetrieben wird, ist nicht erst durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG, Beschluss vom 24.03.2021, 1 BvR 2656/18) sichtbar geworden.

Der Klimawandel und dessen Auswirkungen gaben der Regierung nicht ausreichend Anlass, die Ausbauziele für erneuerbare Energien deutlich anzuheben. Erschreckender Weise führt erst das Bewusstsein der Abhängigkeit von anderen Staaten im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zu einer „Zeitenwende für die Energieversorgung in Deutschland“. Nunmehr sei die Energiesouveränität zu einer Frage der nationalen und europäischen Sicherheit geworden.

Das sogenannte Osterpaket soll mit seinen in Kraft treten zum 01.01.2023 den Startpunkt eines bisher unvergleichlichen Ausbaumarathons geben, um insbesondere den Importbedarf fossiler Energieträger schnell reduzieren zu können. Im Jahr 2035 soll sodann der Energiebedarf fast ausschließlich aus erneuerbaren Energien gedeckt werden können. Bereits für das Jahr 2030 ist vorgesehen, dass 80% des zu erwartenden Bruttostrombedarfs von etwa 750 Twh aus erneuerbaren Energieträgern gedeckt werden kann.

Ermöglicht wird dieser beschleunigte Ausbau vorrangig durch die gesetzliche Verankerung eines wesentlichen Grundsatzes:

„Die Nutzung erneuerbarer Energien liegt im überragenden öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit.“

Für den Ausbau hinderlich waren bisher insbesondere die lange Verfahrensdauer zur Genehmigung von Anlagen. Bei den PV-Dachanlagen standen unter anderen denkmalrechtliche Beweggründe entgegen und auch die Windenergie musste oftmals gegen „behördliche Windmühlen“ kämpfen. Mit dem nunmehr gesetzlich verankerten Grundsatz, unterliegen die bisher einer Planung entgegenstehende Belange im Wege der Abwägung. Dies bietet einerseits die erforderliche Sicherheit für Investoren Erzeugungsanlagen für Strom zu errichten und andererseits beschleunigt dieser Grundsatz als solcher bereits die Genehmigungsverfahren erheblich, da durch ihn langwierige Streitigkeiten entfallen.

Mit der Anhebung des Ausbauzieles geht die Anhebung der Ausbaupfade einher. Beispielsweise sollen diese für die Windenergie an Land auf 10 GW pro Jahr angehoben werden. Zur Verdeutlichung dieser ambitionierten Ziele: Im Jahr 2020 wurden Onshore-Anlagen mit einer installierten Leistung von insgesamt 1.431 MW errichtet, dies konnte im Jahr 2021 „gesteigert“ werden auf 1.925 MW.

Zum Abbau der Hemmnisse des Ausbaus der Windenergie an Land soll noch im Sommer 2022 ein gesondertes Gesetzespaket („Sommerpaket“) verabschiedet werden. Flankierend hierzu sehen die Änderung des EEG insbesondere vor, das Referenzertragsmodell weiter zu entwickeln. Das Potenzial der Südregion soll weiter erschlossen werden.

Eine weitere Säule des Ausbaus von Windenergie an Land können zukünftig Bürgerenergiegesellschaften bilden. Sie erfahren durch das Gesetzespaket eine Stärkung. Zugleich sollen sie in der Planungs- und Genehmigungsphase durch ein Förderprogramm der BAFA unterstützt werden.

Eine über die im Koalitionsvertrag vereinbarte hinausgehende Förderung soll die Solarenergie erfahren. Für die Solarenergie sind diesbezüglich Ausbauraten von 22 GW pro Jahr vorgesehen. Zugleich soll der Anreiz zur Errichtung der Anlagen durch Anhebung der Vergütungssätze gefördert werden. Für nicht ausschreibungspflichtige Anlagen, die den erzeugten Strom vollständig in das öffentliche Netz einspeisen, sollen die Fördersätze auf ein angemessenes Maß angehoben werden. Aber auch bei Anlagen zum Eigenverbrauch ist eine dem durchschnittlichen Eigenverbrauch angemessene Förderung zu erwarten. Bei unerwarteten Entwicklungen sollen kurzfristige Anpassungen des Fördersystems aufgrund einer Rechtsverordnung möglich sein. Zugleich soll die Degression der Vergütungssätze bis Anfang 2024 ausgesetzt werden. Ab Februar 2024 ist sodann eine halbjährliche Degression vorgesehen. Die kleinteilige Steuerung entfällt damit gänzlich. Entfallen soll zudem die Deckelung der Förderung des Mieterstromzuschlages. Die Errichtung kleinere Solaranlagen gewinnt mit diesen Änderungen erneut an Attraktivität.

Darüber hinaus wird das EEG künftig eine breitere Anlagenvielfalt erfassen. So können nicht nur „klassische“ Freiflächenanlagen gefördert werden, sondern auch Agri PV, schwimmende PV oder Parkplatz-PV. Zudem wird die Flächenkulisse – die für Solaranlagen geeigneten förderfähigen Flächen – erweitert. Nur aufgrund dieser Maßnahmen besteht die Möglichkeit das Ausbauziel für die Solarenergie zu erreichen.

Um in Hinblick auf den Beginn des Ausbaus von Solaranlagen ein abwartendes Verhalten zu vermeiden, sollen die Regelungen zur Anhebung der Fördersätze für Solaranlagen bereits im Jahr 2022 in Kraft treten. Die Regelungen bedürfen jedoch der beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission. Eine Anwendung dieser Regelungen steht daher unter den Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung.

Das Fördersystem als solches für Strom aus EE-Erzeugungsanlagen war bisher im EEG verankert. Änderung an diesem bedurften einer Gesetzesänderung. Ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien bedarf jedoch einer passgenauen Förderung. Im EEG soll aufgrund dessen eine Verordnungsermächtigung geschaffen werden, die eine schnelle Anpassung des Fördersystems auf die aktuellen Gegebenheiten ermöglicht.

Flankierend zur Förderung von Erzeugungsanlagen für Strom ist auch der Ausbau des Netzes erforderlich. Hierfür sind Änderungen des Bundesbedarfsplanungsgesetzes sowie Gesetzesänderungen zur Beschleunigung des Netzausbaues vorgesehen.

Mit fortschreitender Entwicklung hin zu einer treibhausgasneutralen Stromversorgung ist zugleich ein steigender Energiebedarf zu erwarten. Die vorgesehenen Anpassungen des Kraftwerkparkes sollen diesen Mehrbedarf decken und somit die Versorgungssicherheit in gewohnter Weise sicherstellen.

Finanziert wird der Ausbau der erneuerbaren Energien künftig über das Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“, sodass die EEG-Förderung über den Strompreis zur Entlastung der Stromverbraucher zunächst beendet wird. Die Möglichkeit der Refinanzierung der EEG-Förderkosten bleibt jedoch hilfsweise bestehen.

Fazit

Das Osterpaket beinhaltet seit langen Maßnahmen die tatsächlich der Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien dienen. Insbesondere die überfällige Verankerung der Bedeutung der Erneuerbaren Energien, ist geeignet eine tatsächliche Beschleunigung des Ausbaus dieser herbeizuführen.

Die Anwendung der konkreten Regelungen in der behördlichen Praxis wird zeigen, ob eine Planung beispielsweise für Windenergieanlagen an Land tatsächlich deutlich verkürzt werden kann. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür sind jedoch mit dem Osterpaket angelegt.

Das Gesetzespaket setzt zur Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien zudem auf finanzielle Anreize ohne die Stromverbraucher weiter zu belasten. Dies ist geeignet die Akzeptanz erneuerbarer Energien zu fördern und könnte einen Zuwachs von Akteuren im Bereich von kleineren Anlagen und Bürgerenergiegesellschaften bewirken.

In dem Osterpaket steckt somit das Potenzial zur Schaffung neuer „Zeiten “ für den Ausbau der erneuerbaren Energien.

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