Guancha-Interview: Hans-Josef Fell über Erneuerbare Energien und Klimaschutz mit Lehuan Zheng – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Kürzlich wurde auf Guancha, einer der größten Informationsplattformen Chinas, ein Interview mit mir veröffentlicht.
Hier ist der Link zum Interview auf Guancha:
https://www.holoceneproject.org/holocene-project

Das Interview führte der Journalist Lehuan Zheng.
Guancha erreicht über verschiedene Kanäle eine Leserschaft von 120 Millionen Menschen und wird insbesondere auch im akademischen Bereich häufig gelesen.

Lesen Sie hier die deutsche Übersetzung des Interviews:

Zheng:

Erneuerbare Energien wurden in Deutschland in den 1990er Jahren gefördert. Im Jahr 2000 trat das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft, das seitdem von vielen Ländern nachgeahmt wurde und die Entwicklung der Erneuerbaren Energien gefördert hat. Welche Hindernisse gab es in dieser Zeit bei der Förderung dieses Gesetzes in Deutschland?

Fell:

Die Verabschiedung des EEG im Jahr 2000 war ein großer Erfolg. Es legte den Grundstein für das exponentielle Wachstum der Erneuerbaren Energien, zunächst in Deutschland und dann in vielen anderen Ländern. Damals wie heute haben die großen Konzerne der Atom- und fossilen Energiewirtschaft (Kohle, Erdöl, Erdgas) gegen das EEG lobbyiert. Auch die konservativen und liberalen Parteien stimmten gegen das EEG. Aber wir Parlamentarier von den Sozialdemokraten und den Grünen blieben standhaft und haben das EEG gegen alle Widerstände verabschiedet.

Zheng:

Seitdem hat Deutschland das Erneuerbare-Energien-Gesetz kontinuierlich überarbeitet. Anfang 2024 erreichte der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Deutschland einen neuen Rekordwert, wobei Windenergie, Solarenergie, Biomasse und Wasserkraft 58% des deutschen Stromverbrauchs deckten. Sind Sie auf der Grundlage dieser Daten der Meinung, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Deutschland effektiv umgesetzt wurde? Was kann/sollte für die weitere Entwicklung in Zukunft tun?

Fell:

Im ersten Halbjahr 2024 lag der Anteil Erneuerbarer Energien an der Nettostromerzeugung bei 65%. Leider wurde das exponentielle Wachstum der Erneuerbaren Energien jedoch durch diverse EEG-Novellen, die von konservativen Politikern ab 2012 eingebracht wurden, abrupt gestoppt. Insbesondere der Solarmarkt und später auch der Windmarkt brachen stark ein. Wäre das exponentielle Wachstum weitergegangen und eine starke Initiative für die Speicherung ergriffen worden, wäre die deutsche Stromversorgung heute bereits zu 100% erneuerbar. Glücklicherweise hat China die technologische Erfolgsgeschichte der Erneuerbaren Energien durch die Übernahme der Grundprinzipien des EEG fortgeschrieben. Als Vorstandsmitglied der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe war ich oft zu politischen Gesprächen in China und habe mich immer für ein chinesisches EEG eingesetzt. Heute ist China der absolute Weltmarktführer für alle Erneuerbaren Energietechnologien, Speicherung und E-Mobilität. Dies ist gut für den Klimaschutz auf dem Planeten Erde, aber ein Problem für die Industrie in Deutschland und Europa, die immer noch zu stark auf fossile und nukleare Technologien statt auf Erneuerbare Energien setzt. Deutschland und die EU müssen sich wieder viel stärker auf Erneuerbare Energien und andere emissionsfreie Technologien konzentrieren. Dies würde den globalen Klimaschutz fördern und die nationale Industrie könnte wieder wachsen, anstatt mit dem Niedergang der fossilen Brennstoffindustrien zu schrumpfen.

Zheng:

Im Jahr 2021 verabschiedete Deutschland das Bundes-Klimaschutzgesetz, das neue Emissionsziele festlegt und bis 2045 auf null Treibhausgasemissionen abzielt, was fünf Jahre vor dem Ziel der EU liegt. Um dieses Ziel zu erreichen, muss Deutschland seine Energieversorgung grundlegend ändern. Welche Anpassungen hat Deutschland an seiner Energiepolitik vorgenommen, um dieses Ziel zu erreichen?

Fell:

In den letzten drei Jahren ist es der Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen gelungen, mit Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz den Ausbau Erneuerbarer Energien zu beschleunigen. Dieser Ausbau ist jedoch noch zu langsam, um die Klimaschutzziele der Regierung zu erreichen.

Auch diese Klimaschutzziele Deutschlands und insbesondere der EU sowie die Ziele aller anderen Nationen sind viel zu schwach, um den Herausforderungen der globalen Erwärmung mit katastrophalen Wetterextremen und steigendem Meeresspiegel zu begegnen. Die Menschheit muss eine Abkühlung der Erde um 1°C anstreben, wie es das erklärte Ziel des chinesischen Konzerns BYD ist, um eine realistische Chance zu haben, die menschliche Zivilisation zu schützen. Dafür müsste die Welt bis 2035 zu 100% auf Erneuerbare Energien umsteigen und viel Kohlenstoff aus der Atmosphäre entfernt werden.

Zheng:

Die deutsche Energiewende wird immer als „Lokomotive Europas“ bezeichnet, ist also Vorreiter bei Reformen. Es gibt aber auch Kritik, dass Deutschlands Umstellung zu schnell und zu radikal erfolgt. Wie sehen Sie das?

Fell:

Diese Kritik kommt von der fossilen und nuklearen Energieindustrie, die eine Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien fürchtet, weil dann ihr Geschäft vorbei ist. Wir dürfen dieser schmutzigen und klimaschädlichen Industrie aber keine Beachtung schenken, denn wenn sie so weitermacht, wird die menschliche Zivilisation aufgrund der globalen Erwärmung nicht überlebensfähig sein.

Zheng:

Der Russland-Ukraine-Konflikt im Jahr 2022 hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Energieversorgung und -sicherheit Deutschlands. Deutschland hätte damals beinahe die Kohleverstromung wieder aufnehmen müssen. Wir können sehen, wie instabil die globale Energieversorgungskette heutzutage aufgrund geopolitischer Konflikte ist. Wie können die Probleme wie Energieknappheit und Energieverteilung durch Deutschland vor diesem Hintergrund gelöst werden?

Fell:

Sonne und Wind sind in allen Regionen der Welt im Überfluss vorhanden. Wenn wir überall 100 % Erneuerbare Energie nutzen, wird es keine geopolitischen Verwerfungen mehr geben, wie sie heute im fossilen und nuklearen Energiesystem existieren. Solar- und Windenergie sind die Energien des Friedens, denn man kann keine Kriege um sie führen, man kann keine „Pipeline“ für Sonnenstrahlung zerstören, aber es gibt viele Konflikte und sogar Kriege um Öl, Erdgas, Kohle oder Uran. Eine schnelle Umstellung auf 100 % Erneuerbare Energien wird Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen und Atomkraft bringen und kann damit der Welt Frieden und gleichzeitig billige Energie bringen, da Solar- und Windenergie sowie Batteriespeicher schon heute die billigste Energieerzeugung darstellen.

Globale Zusammenarbeit bei der Emissionsreduzierung

Zheng:

China befindet sich ebenfalls in einem schnellen Energiewendeprozess. Bis Ende August 2024 betrug die installierte Kapazität der Stromerzeugung aus neuen Energien in China 1,27 Milliarden Kilowatt, was 40,7 % der gesamten installierten Stromerzeugungskapazität entspricht, und es wurde eine vollständige Industriekette von Upstream über Midstream bis Downstream gebildet. Einige Leute glauben, dass Chinas Energiewende vom Pfad des hohen Verbrauchs und der hohen Umweltverschmutzung im westlichen Industrialisierungsprozess der Vergangenheit abgekommen ist (natürlich hat China diese Phase auch durchgemacht) und eine Lösung zwischen Entwicklung und Umweltschutz gefunden zu haben scheint. Was ist Ihre Meinung zur Energiewende Chinas?

Fell:

Das chinesische Energiesystem basiert heute hauptsächlich auf Kohle und Öl, etwas Erdgas und Kernenergie sowie zunehmend schnell wachsenden Erneuerbaren Energien. Diese fossilbasierte Energie ist ein großes Problem, da sie China zum größten Emittenten von Treibhausgasen gemacht hat. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien befindet sich jedoch auf einem sehr schnellen, exponentiellen Wachstumspfad. Kein anderes Land der Welt hat mit sauberen Energietechnologien eine so starke neue Industrie aufgebaut. Steigen diese Investitionen in den kommenden Jahren so schnell wie in den letzten Jahren, dann wird China alle Emissionen viel schneller beenden, als es das aktuelle Regierungsziel der Klimaneutralität bis 2060 vermuten lässt. Heute liegt der Anteil fossiler Brennstoffe an Chinas Energieversorgung bei über 80 %. Der China Energy Transformation Outlook 2023 der NDRC zeigt jedoch, dass China den Energiebedarf bis 2040 um 30 % senken kann und der Anteil Erneuerbarer Energien dann deutlich über 50 % liegen kann. Ich glaube, dass bei den aktuellen Wachstumsraten die Erneuerbaren Energien in China sogar vor 2040 100 % erreichen können, wenn der politische Wille so erhalten bleibt wie bisher.

Zheng:

Im August dieses Jahres veröffentlichte Foreign Affairs einen Artikel mit dem Titel „Wie der Kampf gegen den Klimawandel geopolitische Zwietracht überwinden kann“, in dem Chinas beherrschende Stellung auf dem globalen Markt für saubere Energie sowohl in wirtschaftlicher als auch in moralischer Hinsicht beunruhigt wird. Wie sehen Sie die wirtschaftlichen und moralischen Dilemmata, mit denen Europa und die USA derzeit in der Frage des Klimawandels konfrontiert sind?

Fell:

Die wichtigste Aufgabe der Menschheit besteht darin, die menschliche Zivilisation vor dem Aussterben zu bewahren. Die wichtigste Maßnahme hierfür besteht darin, fossile und nukleare Energiequellen durch 100 % Erneuerbare Energie und andere saubere Industrien zu ersetzen. Die Tatsache, dass China in dieser Hinsicht die Weltgemeinschaft mit großem Abstand anführt, ist ermutigend. Europa und die USA sind nicht auf einem solchen Weg, sondern schützen fossile Brennstoffe immer noch zu sehr mit Subventionen und anderen Vorteilen. Europa, die USA und der Rest der Welt sollten sich dieser positiven Entwicklung Erneuerbarer und sauberer Technologien anschließen, indem sie mit China zusammenarbeiten. Zölle, Handelsbarrieren und Sanktionen gegen Klimaschutztechnologien behindern nur die rasche Umsetzung eines wirksamen Klimaschutzes. Die Zusammenarbeit über nationale Grenzen hinweg ist auch die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben zwischen den Nationen auf der Erde. Konfrontationspolitik kann schnell zu Kriegen führen, die keiner von uns will.

Zheng:

Die 29. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP29) findet in Aserbaidschan statt, aber die Verhandlungen über das Klimafinanzierungsziel kommen immer noch langsam voran und es gibt auch viele Streitigkeiten über die genaue Höhe und die Bereitstellungsmethode der Mittel. Was ist Ihre Ansicht über die Auswirkungen der Klimafinanzierung auf die globale Zusammenarbeit zur Emissionsreduzierung? Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für die schwierigen Fortschritte bei den Verhandlungen über die Klimafinanzierung?

Fell:

Die UN-Klimakonferenz in Baku ist genauso gescheitert wie alle UN-Klimakonferenzen davor. Keine hat Klimaschutz gebracht. Damit ist die Welt auf dem Weg in die Klimahölle, wie UN-Generalsekretär António Guterres treffend beschreibt. In Paris wurde 2015 vereinbart, die Erderwärmung nicht über 1,5°C steigen zu lassen und die jährlichen Emissionen zu reduzieren. 2023 war allerdings das Rekordjahr mit über 57 Gigatonnen CO2-Ausstoß und 2024 werden wir einen durchschnittlichen Temperaturanstieg von 1,55°C erleben. Die UN-Klimakonferenzen sollten sich weniger damit beschäftigen, wie öffentliche Kassen aus überschuldeten öffentlichen Haushalten den Klimaschutz finanzieren können und sich stattdessen auf die Ziele einigen, die die Einhaltung der planetaren Grenzen für das Überleben der menschlichen Zivilisation sicherstellen: eine Abkühlung um 1°C und eine Reduzierung der Treibhausgaskonzentration unter 350 ppm CO2 – heute liegt die Erde bei 425 ppm. Der Grund für das Scheitern ist der Einfluss der globalen fossilen Industrie in den Bereichen Energie, Gebäude, Verkehr, Petrochemie und intensive Landwirtschaft. Zukünftige UN-Klimakonferenzen sollten sich darauf konzentrieren, wie wir die Erde wieder abkühlen können.

Mit einem großen Forschungsprojekt namens Holocene wollen wir mit Universitäten auf der ganzen Welt diesen Weg zurück unter 350 ppm CO2 wissenschaftlich beschreiben. Finanzierungen und Forschungskooperationen hierfür sind sehr willkommen. Der Schwerpunkt der Klimafinanzierung muss sich von der öffentlichen zur privaten Finanzierung verschieben. Es wird wichtig sein, dass Unternehmen mit emissionsfreien und kohlenstoffreduzierenden Technologien Finanzierungen erhalten, um ihnen ein schnelles exponentielles Wachstum zu ermöglichen.

Zheng:

Was sind Ihre Erwartungen im Kontext der globalen Emissionsreduzierung für diese Klimakonferenz (COP29)? Auf welche Bereiche sollte sich Ihrer Meinung nach als international anerkannter Fürsprecher der Erneuerbaren Energien-Bewegung die internationale Zusammenarbeit in Fragen der Emissionsreduzierung in Zukunft konzentrieren?

Fell:

Die UN-Klimakonferenz in Baku ist genauso ineffektiv wie alle UN-Konferenzen davor. Sie zielen nicht auf die Abkühlung der Erde ab, sondern arbeiten in erster Linie an der Finanzierung der Klimaschäden für den globalen Süden. Aber diese Schäden können nicht mit Geld ausgeglichen werden. Wenn die kleinen pazifischen Inselstaaten, wenn Alexandria in Ägypten oder auch New York und Shanghai vom Meer überflutet werden, sind die Schäden nicht mit Geld auszugleichen.

Die Weltgemeinschaft muss sich darauf konzentrieren, alle Treibhausgasemissionen in zwei bis drei Jahrzehnten vollständig zu beenden und gleichzeitig über 300 Gigatonnen Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu entfernen. Dies kann mit 100 % Erneuerbarer Energie, einer emissionsfreien Kreislaufwirtschaft und regenerativer Land- und Forstwirtschaft sowie einer Meereswirtschaft, die Algen nutzt, erreicht werden. Dafür gibt es viele positive Beispiele: China hat in der Gobi eine Fläche von der Größe Deutschlands aufgeforstet. Ich kenne Firmen, die aus Pflanzen Bioplastik oder Biokerosin herstellen. Es gibt bereits Start-ups, die aus schwimmenden Makroalgen, deren Wachstum sich in 10 Tagen verdoppeln kann, erste Produkte wie Biokohle, Biochemikalien oder Baustoffe herstellen. Diese saubere Wirtschaft muss sehr schnell hochskaliert werden. China ist auf einem guten Weg dazu. Wenn die chinesische Regierung dies weiterhin stark unterstützt, dann kann sie bei den kommenden Weltklimakonferenzen zeigen, was der Weg zum Überleben der menschlichen Zivilisation auf diesem Planeten Erde ist.

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„Moralische Ambition“ von Bestsellerautor Rutger Bregman – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Rutger Bregman (* 26. April 1988) ist ein niederländischer Historiker und Autor. Er hat acht Bücher zu Geschichte, Philosophie, Anthropologie und Wirtschaft veröffentlicht. Seine Werke Humankind: A Hopeful History (2020) und Utopia for Realists: And How We Can Get There (2017) wurden beide zu Bestsellern der Sunday Times und der New York Times und wurden in 46 Sprachen übersetzt.

Der Guardian beschrieb ihn als „das niederländische Wunderkind neuer Ideen“, während TED ihn als „einen der bedeutendsten jungen Denker Europas“ würdigte. https://rutgerbregman.com/about

‍Sein jüngstes Buch, „Moralische Ambition“ (2024), hat es in sich. Darin beschreibt er, wie man aufhört, sein Talent zu vergeuden, und stattdessen etwas schafft, das wirklich zählt.

Im Einführungskapitel auf Seite 19 schreibt Rutger Bregman:

Die größte Verschwendung unserer Zeit ist die Verschwendung von Talent. Überall auf der Welt gibt es Millionen von Menschen, die einen bedeutenden Beitrag zu einer besseren Welt leisten könnten, es aber nicht tun.

Warum? Der erste Grund liegt auf der Hand: weil sie keine Möglichkeit dazu haben. Man denke nur an die Hälfte der Weltbevölkerung, die mit weniger als sieben Dollar pro Tag auskommen muss. Wie viele verlorene Einsteins gibt es unter ihnen?

Aber hier möchte ich über diejenigen sprechen, die sehr wohl alle Chancen haben. Über Menschen, die ihre Karriere selbst gestalten können, deren Lebenslauf aber trotzdem traurig anmutet. Talente, denen die ganze Welt zu Füßen liegt, die aber in langweiligen, nutzlosen oder sogar schädlichen Jobs gestrandet sind.

Es gibt ein Mittel gegen diese Verschwendung, und dieses Mittel heißt «moralische Ambition». Moralische Ambition ist der Wille, die Welt drastisch zu verbessern. Die eigene Karriere den großen Problemen unserer Zeit zu widmen, seien es der Klimawandel oder Kindersterblichkeit, Steuerhinterziehung oder die nächste Pandemie. Es ist das Bedürfnis, etwas zu bewirken und etwas zu hinterlassen, das wirklich zählt.

Wie sehr haben mich diese Zeilen beeindruckt! Ja, das war genau das, was mich mein Leben lang angetrieben hat: mich den großen Problemen unserer Zeit zu widmen – insbesondere dem Klimawandel, einer sauberen Umwelt, aber auch dem Frieden.

Und dann, beim Weiterlesen in diesem faszinierenden Buch über Menschen, die genau das getan hatten, kam die große Überraschung:
Rutger Bregman hatte mich entdeckt und in seinem Buch genau in die Kategorie von Menschen mit moralischer Ambition eingeordnet. Im Gegensatz zu vielen anderen Autoren, die mich interviewt hatten, hatte ich jedoch nie Kontakt mit ihm.

Bregman erkannte, dass die Solarenergie aus Gründen des Klimaschutzes, der Ressourcenschonung und auch zur Schaffung des Friedens die wichtigste Energiequelle der Menschheit werden müsse.

Er benennt drei Pioniere, die mit ihrer moralischen Ambition der Solarenergie zum globalen Durchbruch verholfen haben: den australischen Solarforscher Peter Green, den deutschen Politiker Hans-Josef Fell und den chinesischen Solarunternehmer Shi Zhengrong.

Doch am besten lesen Sie selbst den entsprechenden Buchausschnitt (S. 169–173), den ich mit Erlaubnis des Autors abdrucken darf:

In der Zwischenzeit müssen wir uns aber noch von fossilen Brennstoffen verabschieden. Das sind nämlich knappe, schmutzige und tödliche Energiequellen, die viele Diktatoren im Sattel halten. Eines Tages werden wir das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas für so primitiv halten wie die Verbrennung von Torf.

Glücklicherweise gibt es viel bessere Optionen. Mit seiner Formel E=mc2 hatte Einstein bereits vorhergesehen, dass man eine kleine Menge an Masse in eine immense Menge an sauberer Energie umwandeln kann. Diese Energie wird freigesetzt, wenn sich Atomkerne spalten oder, besser noch, verschmelzen.

Einen Vorgeschmack auf diese Zukunft erhielten wir im Dezember 2022, als ein US amerikanisches Forschungsteam verkündete, dass es ihnen erstmals gelungen sei, auf diese Weise Energie zu erzeugen. Dieser Prozess, die Kernfusion, findet auch im Inneren von Planeten statt.

Eine kleine Randbemerkung: Das Team produzierte gerade genug Strom, um damit eine Kanne Tee zu kochen. Kernfusion im großen Maßstab scheint noch in weiter Ferne zu liegen, doch wie lange es dauern wird, steht nicht in den Sternen. Es hängt von menschlichen Entscheidungen ab, mit anderen Worten: davon, wie sehr wir uns anstrengen.

Es gibt noch einen weiteren Kandidaten für die Energiequelle der Zukunft. Ich spreche von dem Kernfusionsreaktor, den wir jeden Tag aufgehen sehen: der Sonne. «Ich setze mein Geld auf die Sonne und Solarenergie», soll Thomas Edison 1931 zu dem Automobilhersteller Henry Ford gesagt haben. «Was für eine Energiequelle! Ich hoffe, dass wir nicht warten müssen, bis Öl und Kohle zur Neige gehen, bevor wir das in Angriff nehmen. Ich wünschte, ich hätte mehr Lebenszeit!»

Seit den 1970er-Jahren sind die Kosten für Solarenergie um mehr als 99 Prozent gesunken. Wenn Sie sich die steil abfallende Linie dieser Grafik ansehen, könnten Sie den Eindruck gewinnen, dass der Preisverfall bei Solarenergie unvermeidlich war. Aber nichts ist weniger wahr.

Hinter dieser Grafik verbirgt sich eine faszinierende Geschichte über eine Handvoll Schlüsselfiguren. Ich spreche von drei Pionieren mit einem turmhohen VORP: einem australischen Professor, einem deutschen Politiker und einem chinesischen Un-ternehmer.

Lassen Sie mich am Anfang dieser wilden Geschichte beginnen. Bereits 1839 hatte ein französischer Physiker das Grundprinzip des Solarpanels beschrieben: den photovoltaischen Effekt. Doch dann dauerte es mehr als ein Jahrhundert, bis die New York Times im Jahr 1954 über eine revolutionäre Erfindung berichtete: New Battery Taps Sun’s Vast Power.

Den Forschungsteams der Bell Labs gelang es erstmals, ein brauchbares Panel zu bauen, das Lichtteilchen einfing und in Elektrizität umwandelte. Die Zeitung verstand die revolutionären Implikationen. «Die Menschheit könnte bald einen ihrer größten Träume verwirklichen. Die Nutzung der nahezu endlosen Energie der Sonne zum Wohle der Gesellschaft.»

Doch trotz dieser Begeisterung wurde wenig in die Technologie investiert. Wie Ralph Nader in den 1970er-Jahren sagte:

«Die Nutzung von Solarenergie wurde nie ausgeweitet, weil der Ölindustrie die Sonne nicht gehört.»

Nach der Ölkrise von 1973 hat man ein bisschen Kleingeld für ein bescheidenes Forschungsprogramm aufgetrieben, aber das wurde in den 1980er Jahren wieder eingestellt. Präsident Ronald Reagan bezeichnete die Erforschung von Solarpanelen als linke Geldverschwendung und sprach verächtlich vom «Solarsozialismus». Die Panele, die unter Präsident Jimmy Carter auf dem Weißen Haus angebracht worden waren, ließ Reagan wieder entfernen.

In den folgenden Jahren köchelte die Forschung auf kleiner Flamme, insbesondere an der University of New South Wales in Australien. Dort werkelte ein Team unter der Leitung eines Professors namens Martin Green weiter am Solarpanel der Zukunft.

Unterdessen trat auf der anderen Seite der Erde eine weitere entscheidende Persönlichkeit auf den Plan: der deutsche Gemeinderat Hans-Josef Fell. Schaut man sich ein Foto von ihm an, sieht man einen Politiker in einem unscheinbaren Anzug und denkt nicht sofort an einen Superhelden. Aber das ist er.

Herr Fell hat nämlich der Entwicklung der Solarenergie, unserer wichtigsten Waffe im Kampf gegen den Klimawandel, einen enormen Boost verschafft.

Schon in den frühen 1990er-Jahren war er ein sympathischer Umweltverrückter oder «Solarfreak», wie er sich selbst nannte. Auf einem Hügel des Städtchens Hammelburg hatte er eigenhändig eine Art Hobbithaus gebaut, das komplett mit Gras und Sonnenpanelen bedeckt war. In der Nachbarschaft galt Fell als ein Spinner, der ein Vermögen für sauteure Solarmodule rausschmiss, die kaum Strom produzierten.

Aber dieser Spinner hatte Überzeugungskraft. Er glaubte, dass Solarenergie deutlich günstiger werden könnte, wenn nur ihre Produktion ausgeweitet würde. Und so schlug Fell vor, in Hammelburg die weltweit erste «Solarprämie» einzuführen.

Fortan erhielten alle, die ein Solarpanel besaßen, einen satten Zuschuss, der über die Energierechnungen aller Stromverbraucher querfinanziert wurde. Plötzlich wurde es lukrativ, sich der Sekte der Solarfreaks anzuschließen.

1998 zog Fells Partei (Die Grünen) in die Bundesregierung ein, und er witterte seine Chance. Fell verfasste einen ambitionierten Plan für eine landesweite Gesetzesvorlage, die tatsächlich von der neuen Koalition akzeptiert wurde. In den folgenden Jahren pumpten die Deutschen einen Wahnsinnsbetrag, mehr als 200 Milliarden Euro, in Subventionen für Solaranlagen. Der Weltmarkt verdreißigfachte sich, und Deutschland trug in manchen Jahren mehr als die Hälfte aller Kosten. In keinem anderen Land sind die Stromrechnungen so stark gestiegen.

Die Leute haben oft über dieses verrückte Deutschland gelacht, wo man ein Vermögen hinblättern musste, nur um die Emissionen ein klein wenig zu reduzieren. Aber die stehen jetzt dumm da. Denn was Fell vorhergesagt hatte, bewahrheitete sich: Mit der Vergrößerung der Fabriken wurde die Produktion immer effizienter. Überall purzelten die Preise für Solarmodule. Mit anderen Worten: Dank des Solarfreaks aus Hammelburg hat Deutschland das Lehrgeld für die Welt bezahlt, und jetzt haben wir in der ganzen Welt spottbilligen Solarstrom.

Danke, Herr Fell!

Und wo wurden diese Millionen Panele produziert? Nicht in Deutschland, sondern in China. Einer der Austauschstudierenden von Martin Green (der australische Professor) erwies sich nicht nur als ausgezeichneter Forscher, sondern auch als brillanter Unternehmer. Sein Name war Shi Zhengrong, und er wurde der Sonnenkönig der Welt. So wie Thomas Edison das Geschäftsmodell hinter der Glühbirne austüftelte, entwickelte er das Geschäftsmodell hinter dem Solarpanel.

Auf Anraten seines ehemaligen Professors besuchte Shi Zhengrong eine Industriemesse in Deutschland, wo gerade das Fell-Förderprogramm angekündigt worden war. Er war der einzige chinesische Solarunternehmer auf dieser Messe, konnte aber mit seinem perfekten Englisch und seinem Doktortitel bei der besten Photovoltaik-Forschungsgruppe der Welt alle für sich einnehmen.

«Wir haben in zehn Jahren etwas erreicht, von dem viele dachten, dass es hundert Jahre dauern würde», blickte Shi 2012 auf das Geschehen zurück. «Einige meinten, wir würden zu schnell wachsen, aber die Welt konnte nicht noch ein Jahrhundert auf eine Lösung für die Klimakrise warten.» Übrigens ging Shi ein Jahr später bankrott – sein milliardenschweres Unternehmen war tatsächlich etwas zu schnell gewachsen. Doch inzwischen sind Dutzende Konkurrenzunternehmen in seine Fußstapfen getreten, und Fachleute sind sich einig, dass Shi Zhengrong eine historische Rolle gespielt hat. Ohne ihn wäre die Entwicklung der Solarenergie deutlich langsamer verlaufen.

Ein Ende des Preisverfalls bei Solarenergie ist noch nicht in Sicht. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur ist sie bereits die billigste Energiequelle in der Geschichte der Menschheit, auch ohne Subventionen, und sie könnte noch viel billiger werden, wenn wir die Produktion weiter steigern. Jede Stunde erreicht genügend Sonnenlicht die Erde, um die gesamte Welt ein Jahr lang mit Strom zu versorgen.

Es sieht also so aus, als hätte Thomas Edison recht gehabt, als er sagte, er würde sein Geld auf die Sonne setzen und dass Solarenergie unsere größte Energiequelle werden könnte. Wenn es so weit ist, denken Sie an Martin Green, Shi Zhengrong und Hans-Josef Fell – denn an der ganzen Geschichte war nichts Selbstverständliches.

Am Ende des Buches ermutigt Rutger Bregman, sich der Bewegung der Moralischen Ambition anzuschließen. Ich kann ihm nur beipflichten, diesem Aufruf zu folgen:

Höre auf dein Talent zu vergeuden:

Moralische Ambition bedeutet den Wunsch zu haben, zu den Besten gehören zu wollen, allerdings mit einer anderen Definition von Erfolg. Kein hohes Gehalt und kein eindrucksvoller Titel, sondern eine Karriere, die sich den Lösungen unserer größten globalen Probleme widmet.

Wir glauben, dass die ambitioniertesten Menschen an den wichtigsten globalen Problemen arbeiten sollten. Wir brauchen unsere klügsten Köpfe, um die Massentierhaltung zu beenden, unsere Demokratien zu schützen, Pandemien zur Geschichte zu machen – um nur einige Beispiele zu nennen.

So steht es auf der Website https://www.moralambition.eu/de, die Mut macht und Vorschläge sowie Grundsätze dafür aufzeigt.

Mit meiner Lebenserfahrung kann ich das nur unterstreichen: Suchen Sie Lösungen für die zentralen Herausforderungen der Menschheit, allen voran die globale Erwärmung, und arbeiten Sie mit moralischer Ambition an deren Umsetzung.
Helfen Sie mit, einen Weg zu finden, die Erde wieder um 1°C abzukühlen. Heute glauben viele Menschen, das sei unmöglich – genauso wie sie vor 30 Jahren dachten, Solarenergie würde niemals günstig werden. Doch es wird möglich sein, die Erde wieder um 1°C abzukühlen. Die grundsätzlichen Wege dazu kennen wir. Es braucht jedoch viele Menschen mit moralischer Ambition, die diesen Abkühlungspfad der Erde aktiv mitgestalten.

Wenn viele mitmachen, werden wir am Ende die Welt zu einer besseren gemacht haben.

Quelle: Read More

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Großes Bündnis gegen den CCS-Gesetzesentwurf der Ampel-Bundesregierung – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Ein großes Bündnis von über 70 Organisationen hat sich kürzlich in einem vielbeachteten Aufruf gegen das von der Ampelregierung am 21. Juni 2024 per Kabinettsbeschluss in den Bundestag eingebrachte CCS-Gesetz ausgesprochen (vgl. BT-Drs. 20/11900).

CCS (Carbon Capture and Storage) ist der Versuch, Kohlendioxid aus den Verbrennungsgasen fossiler Anwendungen oder der Zementproduktion abzuscheiden und beispielsweise in ausgeförderten Erdgas- und Erdölfeldern zu deponieren. Bereits vor über 20 Jahren habe ich davor gewarnt, dass CCS keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, sondern lediglich dazu dient, die fossile Wirtschaft länger am Leben zu halten. An dieser Einschätzung hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegenteil: In den letzten Jahren wurde noch deutlicher, dass CCS kein Lösungsansatz für den Klimaschutz sein kann. Zuletzt habe ich in meinem Newsletter vom 16. Mai 2023 neuere Erkenntnisse dazu zusammengetragen. Mehr dazu hier

Kritische Stimmen zum Kabinettsbeschluss der Ampelregierung gab es auch bereits im Bundestag, insbesondere aus der Grünen Bundestagsfraktion. Quelle: Deutschlandfunk

Ob der Gesetzentwurf noch in dieser Wahlperiode im Bundestag verabschiedet wird, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Bekanntlich verfügt die aktuelle Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP nicht mehr über eine eigene Mehrheit im Bundestag. Zwar haben FDP und Union signalisiert, dass sie unter Umständen eine Verabschiedung des Gesetzes in dieser Wahlperiode unterstützen könnten, doch die Vorbehalte innerhalb der SPD und insbesondere bei den Grünen haben zugenommen (Tagesspiegel Background).

Wer mehr über die Gefahren und die fehlende Wirksamkeit von CCS im Klimaschutz erfahren möchte, findet umfangreiche Informationen auf der Homepage „Stoppt CO2-Endlager“ unter keinco2endlager.de.

Die Fossile Wirtschaft hat mit CCS Lobbyisten auch die letzte Weltklimakonferenz beherrscht

Der Guardian berichtete kürzlich, dass auf der vor kurzem zu Ende gegangenen Weltklimakonferenz in Baku die CCS-Lobbyisten besonders stark vertreten waren. Es waren mehr CCS-Lobbyisten anwesend als die nationalen Delegationen großer Länder wie der USA und Kanada. Fast die Hälfte dieser Lobbyisten erhielt als Mitglieder nationaler Delegationen Zutritt und konnte so sogar direkt an den Verhandlungen teilnehmen. Insgesamt hatten 1.773 Kohle-, Öl- und Gaslobbyisten Zugang zu den Klimaverhandlungen. In Baku wurden neue Regeln für die Nutzung von Kohlenstoffmärkten verabschiedet, die der CCS-Lobby möglicherweise große Vorteile verschaffen könnten, einschließlich einer verstärkten Finanzierung von CCS-Technologien. (Quelle: The Guardian)

Die Teilnehmerzahl von Klima-NGOs wurde hingegen sehr restriktiv gehandhabt. Auch wir von der Energy Watch Group haben dies deutlich gespürt, da es uns – anders als bei früheren Weltklimakonferenzen – diesmal nicht gelungen war, Zugang zu erhalten. Im Gegensatz dazu feierten die fossilen CCS-Lobbyisten „größten Erfolg“. In Baku wurden die in Abu Dhabi bereits beschlossenen Ziele, wie der Ausstieg aus fossilen Energien und die Verdreifachung des Anteils Erneuerbarer Energien bis 2030, nicht weiter vorangetrieben.

Der Aufruf gegen das CCS Gesetz kann noch unterzeichnet werden

Umso größere Bedeutung kommt nun dem Aufruf gegen das bundesdeutsche CCS-Gesetz zu, der von über 70 Organisationen unterzeichnet wurde. Als Präsident der Energy Watch Group habe ich diesen Aufruf ebenfalls als Erstunterzeichner unterzeichnet. Dadurch bestehen realistische Chancen, die Verabschiedung dieses klimaschädlichen CCS-Gesetzes in dieser Wahlperiode zu verhindern. Sollte dies gelingen, würde das Gesetz der Diskontinuität zum Opfer fallen. Das bedeutet, dass eine kommende Regierungskoalition zunächst einen neuen Gesetzesentwurf einbringen müsste.

Es wäre wünschenswert, wenn sich noch viele weitere Organisationen dem Aufruf anschließen würden. Wer dies tun möchte, kann den Aufruf per E-Mail an Kerstin.Meyer@bund.net unterstützen.

Die Pressemitteilung sowie den vollständigen Aufruf finden Sie hier: Gemeinsam gegen den fossilen Irrweg: CCS-Gesetz stoppen

 

Hier der Wortlaut des offenen Briefes:


Gemeinsam gegen den fossilen Irrweg

CCS-Gesetz stoppen. Echte Klimaschutzlösungen jetzt.

Die Klimakrise schreitet voran. Ihre Hauptursache: Das andauernde Verbrennen von Kohle, Öl und Gas. Doch anstatt den dringend notwendigen Ausstieg aus den fossilen Energien fortzuführen, plant die Bundesregierung, Milliarden an Steuergeldern in eine Technik zu investieren, die diesen Ausstieg verhindern oder zumindest stark verschleppen würde: CCS. Die Abkürzung CCS steht für Carbon Capture and Storage – die Abscheidung und unterirdische Deponierung von CO2.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes)   würde es Raffinerien, Kraftwerken, Müllverbrennungsanlagen sowie Produktionsanlagen für Plastik, Düngemittel oder Zement erlauben, CO2-Abscheideanlagen zu errichten und das aufgefangene CO2 über Pipelines, Züge und Schiffe zu Endlagerstätten zu transportieren – in der Nordsee sowie potenziell an Land. Der Gesetzentwurf zielt auf die Entwicklung großer kommerzieller CO2-Abscheideanlagen, die Errichtung von CO2-Deponien und den Bau eines flächendeckenden Pipelinenetzes durch ganz Deutschland, an das jeder Emittent ein Recht auf Anschluss hätte – unabhängig davon, ob seine CO2-Emissionen nicht auch von vornherein vermieden werden könnten. Das Geschäft mit CCS wird um so profitabler sein, je mehr CO2 entsteht.

Für diesen Plan würde die Londoner Konvention aufgeweicht, ein Meeresschutz-Übereinkommen, welches die Ausfuhr von Abfällen verbietet. Auch Informations-, Beteiligungs- und Klagerechte der Bevölkerung sollen beschnitten und Enteignungen für CO2-Pipelines erleichtert werden. Der Bedarf dieser CO2-Deponien steht laut Gesetzentwurf über dem Meeresschutz. CO2-Pipelines durch das Weltnaturerbe Wattenmeer sollen ermöglicht werden. Dieser Gesetzentwurf leistet keinen Beitrag zum Klimaschutz, sondern stellt im Gegenteil eine Gefahr für echten Klimaschutz dar.

CCS ist eine End-of-Pipe-Technik, die die Vorkettenemissionen aus dem fortgesetzten Einsatz von Erdgas nicht erfasst. Dies gilt insbesondere für das extrem klimaschädliche Methan, das im Zuge der Erdgasproduktion in großen Mengen in die Atmosphäre entlassen wird. Die CO2-Abscheidung ist auch nie vollständig, so dass trotz CCS bedeutende Mengen CO2 weiter in die Atmosphäre ausgestoßen werden. CCS kann daher keinen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Die Injektion von hunderten Millionen Tonnen CO2 unter den Meeresboden birgt unkalkulierbare Risiken für Mensch und Umwelt und unvorhersehbare Überwachungsprobleme. Im Fall von Leckagen gefährdet ein Netz von tausenden Kilometern CO2-Pipelines durch dicht besiedelte Gebiete Leben und Gesundheit von Menschen und Tieren. Auf Länder und Kommunen kommen durch den flächenintensiven Infrastrukturzubau enorme Planungskosten zu – ganz zu schweigen von der Naturzerstörung, die damit einher geht.

Der Weltklimarat hält CCS für den teuersten Versuch, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Er bezeichnet die Wirksamkeit als unsicher. Bisherige Erfahrungen zeigen: Weltweit sind CCS-Projekte gescheitert. Der hohe Energieverbrauch, hohe verbleibende Restemissionen und der überwiegende Einsatz in der Erdöl- und Erdgasförderung sorgen dafür, dass CCS dem Klima und der Umwelt schadet. Die Bundesregierung plant jedoch Milliarden-Subventionen für CCS-Anlagen und –Infrastruktur.

Der CCS-Irrweg ist gefährlich für die Menschen und die Umwelt. Er verschlimmert die Klimakrise, belastet die Meere und gefährdet die Energiewende. Profitieren wird vor allem die fossile Industrie. Die Kosten in Milliardenhöhe muss die Gesellschaft tragen.

Stoppen wir gemeinsam das CCS-Gesetz und damit den CCS-Irrweg der Bundesregierung!

Wir fordern die Mitglieder des Bundestags und die Landesregierungen auf:­

  • Keine Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes
  • Schnellstmöglicher Ausstieg aus Erdgas, Kohle und Erdöl gerade auch in der Industrie
  • Kein Aufweichen der Meeresschutzvereinbarungen London Protokoll und Hohe-See-Einbringungsgesetz für CCS
  • Alle Kraft in Energieeinsparung und Energiesuffizienz, den naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien bis zu 100%, eine ressourcenschonende Produktion, Kreislaufwirtschaft und Priorität für natürlichen Klimaschutz.

 

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Auch im kommenden Bundestag braucht es viele Abgeordnete, die sich mit Klimaschutz und EEG auskennen – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Die Ampelkoalition ist zerbrochen. Neuwahlen für den Bundestag sollen nun am 23. Februar stattfinden.
Angesichts einer Erdaufheizung, die in diesem Jahr schon das Pariser Ziel von 1,5°C überschreitet (siehe Copernicus-Bericht) und angesichts der damit verbundenen katastrophalen Wetterextreme, müssen Klimaschutz und ein starker Ausbau der Erneuerbaren Energien im Zentrum der Daseinsvorsorge und somit in den politischen Programmen stehen.

Nötig ist, dass nun alle Parteien Kandidaten für den Bundestag aufstellen, die sich engagiert, mit Kompetenz und Erfahrung um einen weiter beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien kümmern. Die Materie des EEG und des Energiewirtschaftsgesetzes ist hochkomplex, weshalb es viel Sachverstand für Klimaschutz und den Ausbau aller Erneuerbaren Energien (Solar, Wind, Wasserkraft, Bioenergie, Geothermie) braucht. Aber vor allem braucht es überhaupt den Willen und das politische Ziel zum Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Wie steht es um den Willen der Parteien zum Ausbau der Erneuerbaren Energien?

Wenn man die Äußerungen des Spitzenpersonals der für den Einzug in den Bundestag aussichtsreichen Parteien anschaut, muss man größte Bedenken haben, dass Klimaschutz und ein beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren Energien im Ziel dieser Parteien ist. Ausnahme sind Bündnis 90/Die Grünen.

Die nach Umfragen stärkste Kraft, CDU und CSU, betont über ihre Vorsitzenden Merz und Söder vor allem den Wiedereinstieg und den Ausbau der Atomkraft (Quelle).

Söder will gar die gesetzlichen Klimaziele schwächen (Quelle).

Die AfD leugnet ganz den menschengemachten Klimawandel (Quelle) und agiert vehement gegen die Erneuerbaren Energien. Sie will wie die FDP die Förderung der Erneuerbaren Energien abschaffen und setzt auf Kohle und Atom (Quelle).

Die BSW will vor allem zurück zum Erdöl und Erdgas aus Russland, was die russische Kriegsfinanzierung stärken würde (Quelle).

Die SPD war in der großen Koalition unter Vizekanzler Scholz treibende Kraft für den Ausbau der Erdgasabhängigkeit von Russland und drückte in der Ampel den Ausbau der LNG-Terminals durch (Quelle). Allerdings gibt es in der SPD auch starke Kräfte, insbesondere um MdB Nina Scheer, Tochter von Hermann Scheer, die sich sachkundig und mit starkem Willen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien einsetzen.

Die FDP hat den Ampelbruch offensiv herbeigeführt mit einem „Wirtschaftswendeprogramm“, das vor allem die Abschaffung der Förderung der Erneuerbaren Energien beinhalten sollte (Quelle).

Bündnis 90/Die Grünen: Die einzige Partei für Erneuerbare Energien

Bei den aussichtsreichen Parteien bleibt nur Bündnis 90/Die Grünen.
So gut wie alle Redner auf dem Bundesparteitag letzte Woche hatten sich für den starken Ausbau der Erneuerbaren Energien, für Klimaschutz und das Ziel einer grünen Wirtschaft eingesetzt. Allen voran die neue Parteivorsitzende Franziska Brantner in einer mitreißenden Rede, die auch mich begeistert hat, sowie der Spitzenkandidat Robert Habeck. Auch Manuela Rottmann, neu als Schatzmeisterin im Bundesvorstand, setzte in ihrer Rede wichtige, sachkundige Akzente.

Weitere Führungskräfte wurden auf dem Bundesparteitag gewählt, die die Bedeutung und die notwendigen Aktivitäten für den Ausbau der Erneuerbaren Energien bestens verstehen und dafür kämpfen. Damit hat sich Bündnis 90/Die Grünen klar als die Partei für Erneuerbare Energien und eine grüne Wirtschaft positioniert. Ihr Spitzenpersonal ist – im Gegensatz zu allen anderen Parteien – ohne Wenn und Aber für Klimaschutz und den Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Daran habe ich keinen Zweifel, auch wenn in der grünen Regierungsbeteiligung Fehlentwicklungen wie der Neubau der LNG-Terminals oder das CCS-Gesetz irritieren. Doch fossile Strategien stehen im Gegensatz zu den Grünen bei allen anderen aussichtsreichen Parteien ganz oben und die Erneuerbare Energien ganz unten.

Solche klaren Bekenntnisse und gehaltvollen Vorschläge wie auf dem letzten grünen Parteitag für Erneuerbare Energien und Klimaschutz habe ich vom Spitzenpersonal der anderen Parteien noch nie gehört.

Der Bundestag ist der Gesetzgeber – nicht die Regierung. Jetzt sind die Parteien gefordert, gute Kandidaten aufzustellen

Hohes Gewicht in der öffentlichen Debatte und Berichterstattung bezüglich der kommenden Politik nimmt die Arbeit der Bundesregierung ein. Über diese und die Personen der Bundesregierung (Kanzler, Minister, Staatssekretäre) finden sich breite Berichterstattungen, Kommentare; die Meinungen der Personen der Bundesregierung gelten viel.
Die Regierungsabgeordneten im Bundestag aber finden wesentlich weniger Raum in der Berichterstattung und öffentlichen Aufmerksamkeit. Dies schafft ein Wahrnehmungsbild, dass die Bundesregierung das alles dominierende Organ der Politik sei. Im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung ist aber gerade die Arbeit der Regierungsabgeordneten entscheidend für den Erfolg einer Regierungskoalition – für erfolgreiche Gesetze und einen guten, ausgewogenen Bundeshaushalt.

Daher ist es besonders wichtig, dass die Parteien jetzt in der Vorbereitung auf die Wahl gute Kandidaten für den Bundestag auswählen. Fachliche und politische Qualitäten zeichnen erfolgreiche Abgeordnete aus. Die Parteien, die eben solche gut qualifizierten Frauen und Männer aufstellen, haben hinterher eine bessere Chance, gute Regierungsarbeit zu machen, wenn sie denn an die Regierung kommen. Für die Parteien ist es also wichtig, auch die fachlichen Qualitäten der Kandidaten zu berücksichtigen.

Bundestag als selbstständiger Gesetzgeber, EEG als Beispiel

Aus dem Bundestag heraus können sogar Gesetze entworfen werden, die auf keinen Regierungsentwurf zurückgehen.
Das EEG ist ein solches Gesetz. Es wurde aus der Mitte des rot-grünen Bundestages entworfen. Ich selbst hatte die ersten Eckpunkte für das EEG-Gesetz formuliert und danach den ersten Entwurf des Gesetzes mit meinen Mitarbeitern erstellt. Im Bundestag wurde dieser EEG-Entwurf dann unter den Regierungsfraktionen verhandelt und zum gemeinsamen Gesetz weiterentwickelt, natürlich in enger Abstimmung mit der eigenen Bundesregierung. Allerdings wiesen wir die meist destruktiven Einwände des zuständigen Wirtschaftsministers Werner Müller klar zurück. Hilfreiche Detailvorschläge aus dem Umweltministerium unter Jürgen Trittin konnten wir jedoch in den Verhandlungsrunden der Abgeordneten Hermann Scheer (SPD), Dietmar Schütz (SPD), Michaele Hustedt und ich selbst von Bündnis 90/Die Grünen gut integrieren. Wir Abgeordneten waren allesamt keine Regierungsmitglieder, brachten aber dennoch das die Welt der Energiewirtschaft verändernde EEG auf den Weg.

Das EEG ist somit ein Paradebeispiel für die Stärke des Parlaments. Der Bundestag hatte seine Gesetzgebungskompetenz ohne Regierungsentwurf selbst in die Hand genommen und ausgeführt. Solches politisches Selbstbewusstsein braucht es auch im kommenden Bundestag, damit der Bundestag seinem Verfassungsauftrag als Gesetzgeber und Kontrollorgan der Regierung gerecht werden kann.

Die Abgeordneten im Bundestag spielten auch in den jüngsten EEG-Novellen eine zentrale Rolle

Die in der Ampelkoalition teilweise erfolgreichen EEG-Novellen wurden als Regierungsentwürfe in den Bundestag eingebracht. Dort wurden gegenüber den Vorschlägen der Ministerien erhebliche Verbesserungen vorgenommen, so wurde die Wasserkraft doch noch in Artikel 2 aufgenommen, weshalb sie nun auch im erheblichen öffentlichen Interesse steht. Viele der komplizierten, kleinen, aber sehr wichtigen Detailregelungen – wie die Regeln für Balkonmodule, das Ausräumen von Genehmigungshindernissen bei Solar- und Windkraft, Verbesserungen beim Netzanschluss, Verbesserungen der Bürgerenergie oder steuerliche Erleichterungen – gehen vor allem auf die Arbeit der am EEG arbeitenden Fachabgeordneten der Grünen und der SPD zurück. Die FDP-Abgeordneten hatten meist nur Steine in den Weg geworfen. Der Erfolg ist vor allem bei der Solarenergie sichtbar. Die Solarenergie konnte unter der Ampelkoalition stark zulegen. So wurde der PV-Zubau im letzten Regierungsjahr von Angela Merkel, 2021, von 4,9 Gigawatt auf 15 Gigawatt im Jahr 2023 etwa verdreifacht.

Die Wahlaufstellungen zur Bundestagswahl sind nun entscheidend, damit kompetente Experten für die Erneuerbaren Energien es auch in den Bundestag schaffen

Das Ziel der Grünen, den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter zu beschleunigen, muss mit Politikern unterlegt werden, die dazu auch Sachkompetenz und einen starken Willen haben. Daher müssen für den kommenden Bundestag Abgeordnete auf aussichtsreiche Listen- oder Direktmandatsplätze aufgestellt werden, die ein großes Wissen über die Erneuerbaren Energien und den Klimaschutz besitzen. Anders wird der von der Parteiführung geforderte starke Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht gelingen.

Die Delegierten auf den Aufstellungsversammlungen sollten daher darauf achten, dass sie Kandidaten auf aussichtsreiche Listenplätze wählen, die große Kompetenz in den unendlichen Tiefen des EEG und des Energiewirtschaftsgesetzes sowie im Bereich des Klimaschutzes haben und gezeigt haben, dass sie sich da auskennen. Nur so wird der grüne Spitzenkandidat Robert Habeck, sofern die Grünen wieder in Regierungsbeteiligung kommen, im Bundestag die Unterstützung erhalten, die er braucht. Abgeordnete, die auch die Kompetenz und Erfahrung von ehemaligen Abgeordneten schätzen und integrieren können, sind erfolgreicher, als solche, die jedes Rad neu erfinden wollen.

Ich habe mit einigen Abgeordneten in der Ampelkoalition immer wieder einen guten Austausch gehabt und gespürt, wie sie auch langjährige Erfahrungen in ihre Arbeit einfließen lassen. Mit drei MdBs der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hatte ich besonders oft Austausch und weiß um deren Kompetenz. Sie sollten aus meiner Sicht wieder in den Bundestag gewählt werden, um auf ihrer erfolgreichen Arbeit in der Ampelkoalition aufzubauen.

In Bayern empfehle ich den Delegierten von Bündnis 90/Die Grünen, vor allem Lisa Badum, die den Klimaschutz in der Bundestagsfraktion zu verantworten hat, wieder auf einen guten Platz zu wählen.

In NRW ist es Katrin Uhlig, die als Berichterstatterin für das EEG in der Bundestagsfraktion hervorragende Arbeit leistet.

In Sachsen ist es MdB Bernhard Hermann, der sich in der Bundesfraktion insbesondere für die Bürgerenergien einsetzt.

Bündnis 90/Die Grünen sind die Garanten für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und damit für eine grüne Industrie

Wer Klimaschutz und den Ausbau der Erneuerbaren Energien will, muss daher Bündnis 90/Die Grünen wählen. Wer die Atomparteien CDU/CSU, die Klimaleugner AfD, die fossile Russlandenergiepartei BSW oder die Anti-Erneuerbare-Energien-Partei FDP wählt, gefährdet nicht nur den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland, sondern auch die Industrieführerschaft Deutschlands.

Es wird hart und düster für das Industrieland Deutschland, wenn hier der Ausbau der sauberen Erneuerbaren Energien à la FDP wieder bekämpft, statt unterstützt wird. Der rasante weltweite Aufstieg der sauberen Klimaschutztechnologien wie Solar, Batterien und E-Mobile würde dann noch mehr an Deutschland vorbeigehen und noch mehr China überlassen. Wenn CDU, CSU, FDP, AfD und BSW mit ihren Aktivitäten für fossile und atomare Energien tatsächlich ohne Bündnis 90/Die Grünen in die Regierung kommen, ist der bereits jetzt abzeichnende Niedergang der deutschen Industrie vorprogrammiert.

Die deutsche Automobilwirtschaft geht doch gerade deshalb den Rückwärtsgang, weil sie jahrelang auf Verbrenner statt auf E-Mobilität gesetzt hat. Dies hat den chinesischen Elektromobilherstellern den Freiraum gegeben, die Weltmärkte zu erobern. Der bald größte Automobilhersteller der Welt, BYD aus Shenzhen in China, setzte von Anfang an auf E-Mobilität und Batterien. Heute beschäftigt BYD bereits 700.000 Menschen und wächst steil weiter. Zum Vergleich: Die ganze deutsche Autoindustrie – also VW, Daimler, BMW und Co. – beschäftigt als größter Industriezweig in Deutschland ebenfalls rund 700.000 Menschen, schrumpft jedoch.

Solche Konzerngrößen sind in der EU nicht zu finden. BYD beschäftigt inzwischen mehr als doppelt so viele Menschen wie Siemens weltweit. Wer da nicht begreift, welche Herausforderungen vor uns stehen und noch weiter an den fossilen Technologien festhält, hat nicht verstanden, wie schnell ein industrieller Abstieg vonstatten gehen kann. Nicht die Grünen sind schuld an der aktuellen Wirtschaftskrise, sondern 16 Jahre Merkelregierung mit CDU/CSU/SPD/FDP, die die Erneuerbaren Energien und andere grüne Technologien massiv politisch unterdrückt haben.

Die Industriezukunft liegt in den sauberen, klimaschützenden Technologien, nicht in den rückwärtsgewandten fossilen und atomaren Technologien wie Verbrennungsmotoren, Öl- und Gasheizungen oder Atomkraftwerken.

16 Jahre Stillstand und Niedergang des Ausbaus der Erneuerbaren Energien unter der Führung von Kanzlerin Merkel sollten eine Warnung genug sein. In genau dieser Zeit hat Deutschland die Solarenergie nach China vertrieben und die Umstellung auf saubere Verkehrsantriebe sowie Speichertechnologien versäumt. Wer die Zeichen der Zeit nicht erkennt und weiterhin gegen Klimaschutz und Erneuerbare Energien polemisiert sowie auf Atom- und fossile Energie aus Russland oder anderen Ländern setzt, wird Deutschland als Industrie- und Exportland weiter schwächen und somit indirekt China stärken.

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Eine konstruktive Nullzinspolitik kann und muss den Klimaschutz begleiten – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Auf der aktuell in Baku stattfindenden Weltklimakonferenz steht die Finanzierungsfrage des Klimaschutzes im Mittelpunkt. Diskutiert wird vor allem die Mobilisierung öffentlichen Kapitals, das von den wohlhabenden Nationen aufgebracht werden soll. Diese Strategie hat jedoch – wie bereits in den vergangenen Jahren – wenig Aussicht auf ausreichenden Erfolg. Der Grund: Selbst die öffentlichen Haushalte der wohlhabenden Länder der westlichen Welt sind inzwischen hoch verschuldet.

Entscheidend wird daher sein, wie die großen Geldvermögen der Privatleute für die Klimafinanzierung genutzt werden können. Dafür braucht es vor allem eine Nullzinspolitik, damit Investitionsanreize für die privaten Geldvermögen geschaffen werden, anstatt das private Kapital ohne Investitionen auf den Banken zu parken.

Gleichzeitig sollten die Regierungen die hohen und in den letzten Jahren noch einmal steil gestiegenen Subventionen für die fossile Wirtschaft beenden. Zudem sind feste, nicht handelbare Treibhausgas-Emissionsabgaben sowie steigende Bodenverbrauchsabgaben auf die Förderung von Kohle, Erdöl und Erdgas sinnvoll.

Lesen Sie hier einen Artikel, den Klaus Willemsen (Autor und freier Referent der Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung) und ich kürzlich auf der Seite von Makronom, einer großen Wirtschafts- und Finanzplattform, veröffentlich haben:


Eine konstruktive Nullzinspolitik kann und muss den Klimaschutz begleiten

Die privaten Investitionen in Erneuerbare Energien bleiben hinter dem klimapolitisch notwendigen Niveau zurück. Um sie zu steigern, braucht es entschlossene Maßnahmen.

Der notwendige Umbau zu einer grünen, klimaschützenden Wirtschaft und Gesellschaft bedarf hoher Investitionen. Der Fortschrittsmonitor 2024 von EY und BDEW schätzt die Kosten der Energiewende bis 2035 auf etwa 1,2 Billionen Euro für ganz Deutschland. Allseits wird händeringend nach staatlichen Finanzierungsmitteln für den Klimaschutz gesucht. Zwar wird in vielen Studien dargestellt, dass die Kosten des Nichthandelns durch Klimaschäden viel höher sind, dennoch gilt oft die Meinung, dass Klimaschutz zu teuer sei. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse wird häufig behauptet, dass eine Klimaschutzfinanzierung kaum mehr möglich sei. Der Ansatz, den Klimawandel über öffentliche Schulden zu finanzieren, greift jedoch zu kurz, da er für viele Länder nicht tragbar ist. Auch wenn derzeit ein Bürgerbegehren auf EU-Ebene für die Einführung einer Vermögenssteuer läuft, würde eine solche Steuer selbst im Erfolgsfall die hohen Investitionen in den Klimaschutz bei weitem nicht decken.

Zum Jahresende 2023 gab es in Deutschland 7,7 Billionen Euro privates Geldvermögen, das bis Mitte 2024 auf 8,4 Billionen Euro anwuchs. Weniger als 20% dieses Vermögens würden ausreichen, um eine vollständige Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien in Deutschland zu finanzieren. Es ist daher entscheidend, verstärkt auf Anreize für privates Kapital zu setzen. Hans-Josef Fell, einer der Autoren dieses Beitrags und Mitautor des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), zeigte, wie solche Anreize erfolgreich funktionieren können. Das EEG mobilisierte privates Kapital und ermöglichte massive Investitionen in Erneuerbare Energien, was zu einer deutlichen Kostensenkung führte. Professor Karl von der Universität Erlangen-Nürnberg wies zudem nach, dass die Strompreise ohne die EEG-Förderung heute deutlich höher wären. Diese Beispiele verdeutlichen, wie wirkungsvoll gesetzliche Rahmenbedingungen sein können, um den Klimaschutz voranzutreiben.

Die Inflation hat ihre Hauptursache in der Steigerung der fossilen und atomaren Energiepreise

Mit den hohen fossilen Energiepreisen stiegen auch die Preise in fast allen anderen Produkten des Warenkorbs, da deren Herstellung stark von fossilen Energien abhängt. Diese Preissteigerungen wurden durch historische Ereignisse wie die Ölpreiskrise von 2008-2012 und deren wirtschaftliche Folgen, einschließlich der Inflation und der Lehman-Pleite, verstärkt. Indirekt treiben fossile Energien die Preise weiter nach oben: Mit jeder Zehntelgrad-Steigerung der Erdtemperatur nehmen Wetterextreme zu, die Missernten verursachen und somit die Lebensmittelpreise zudem erhöhen. Auch die fossilen Chemierohstoffe tragen zur Preissteigerung in vielen Produkten bei.

Zusätzlich zu den gestiegenen Energiekosten trieben die Zinserhöhungen die Preise aller Produkte und Dienstleistungen weiter nach oben. Dies führte zu einer erheblichen Verschärfung der Wirtschaftskrisen und einem Einbruch in Teilen der Volkswirtschaft, insbesondere in der Baubranche, da viele Bauwillige die hohen Zinsen und Baupreise nicht mehr tragen konnten. Trotz dieser Entwicklungen bleiben die Notenbanken bei hohen Zinsen. Während die privaten Geldvermögen der Reichen wieder steigen, geht die Investitionsbereitschaft der Gesellschaft massiv zurück.

Negative Zinsen und Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien

Jedes Produkt, das der Abhängigkeit von fossilen und atomaren Energiepreisen entkommen ist, wird von deren Preissteigerungen unabhängig. Die Erneuerbaren Energien nutzen Sonnenstrahlen, Wind, Wellen, Wasserströmung und Erdwärme, die als Energie-„Rohstoff“ nichts kosten. Die Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien erfordert jedoch hohe Investitionen, die zwar in den privaten Geldvermögen vorhanden sind, aber aufgrund der aktuellen Geldmarktordnung nicht ausreichend schnell investiert werden. Historisch gesehen waren es vor allem private Investitionen, die den Erfolg der Erneuerbaren Energien mit dem EEG seit dem Jahr 2000 ermöglichten, wobei 2019 mehr als 50% der Anlagen in privater Hand waren.

Die Gründe für den großen Erfolg des privaten Investments in Erneuerbare Energien waren vor allem zwei: die feste, gesetzlich garantierte Einspeisevergütung und die Nullzinsphase, die das Anlegen von Geldvermögen auf Banken unattraktiv machte. Etwa seit 2016 sind die privaten Investitionen jedoch stark zurückgegangen, hauptsächlich aufgrund der Umstellung auf staatliche Ausschreibungen, der Corona-Zeit und der ab 2022 gestiegenen Zinsen, die das Anlegen von Geldvermögen auf Banken wieder attraktiv machten. Obwohl die privaten Investitionen in Erneuerbare Energien seit 2023 wieder gestiegen sind, bleiben sie hinter dem klimapolitisch notwendigen Maß zurück. Um den Ausbau der Erneuerbaren Energien auf das erforderliche Niveau zu bringen, sind daher wieder stärkere Anreize erforderlich, ähnlich denen des EEG von 2000.

Null- bzw. Minuszins macht ökologische Investitionen lukrativ

Solange der Zinsertrag einer Geldanlage höher erscheint als die Energiekostenreduzierung nach einem Investment, fehlt der ökonomische Anreiz für klimafreundliche Investitionen. Zinsen führen dazu, dass Geld angehäuft statt investiert wird. Nullzinsen hingegen fördern Investitionen, da selbst geringe Renditeerwartungen, wie bei Beteiligungen an einem Bürgerwindpark, attraktiver erscheinen.

Negative Zinsen auf Geld, auch Haltegebühren genannt, machen Investitionen attraktiver als das Horten von Geld bei der Bank und senken die Refinanzierungskosten. Dies steigert den Anreiz, in energiekostensenkende Technologien wie PV-Anlagen oder Wärmepumpen zu investieren. Zusammen mit gesetzlichen Anreizen könnten solche Maßnahmen teuren Strom aus fossilen Quellen unattraktiver machen und den notwendigen grünen Umbau der Wirtschaft finanzieren.

Die Stimmen in Zentralbanken und Finanzwirtschaft für negative Zinsen werden lauter

Ein Nullzinsniveau oder negative Zinssätze sind heute konkrete Themen für westliche Zentralbanken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) diskutiert, wie Zentralbanken Systeme einrichten können, die stark negative Zinssätze umsetzbar machen. Ökonomen wie Kenneth Rogoff, Miles Kimball und Ruchir Agarwal haben sich intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt. Für die Europäische Zentralbank hat Katrin Assenmacher-Wesche, Leiterin der Abteilung Geldpolitikstrategie, zusammen mit Signe Krogstrup von der Schweizer Nationalbank, aktiv an der Diskussion teilgenommen.

Kate Raworth weist in ihrem Buch Die Donut-Ökonomie darauf hin, dass eine Währung mit Liegegebühr/Demurrage „Investitionen in Erneuerbare Energien fördern kann“. Weitere gesellschaftliche Vorteile sinkender Zinsen finden sich in den Werken von Helmut Creutz und Margrit Kennedy. Sie argumentieren, dass mit sinkenden Zinsen

  • das übersteigerte Wachstum der Geldvermögen und der Überschuldung zurückgeht;
  • Diskrepanzen zwischen Arbeit und Besitz sowie Arm und Reich verringert werden;
  • alle Schulden trag- und rückzahlbar werden;
  • die Wirtschaftsentwicklung mehr von den Interessen der nachfragenden und leistenden Menschen bestimmt wird.

Es ist an der Zeit, Feldversuche und die wissenschaftliche Durchdringung des Themas voranzutreiben. Regionalgelder wie der Chiemgauer und das Experiment von Wörgl in den 1930er Jahren bieten wichtige Hinweise. Zentralbanken sollten schnell zur Nullzinsphase oder besser noch zur Negativzinspolitik übergehen, um Investitionen zu fördern.

 

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