EU-Klimaschutzpolitik angesichts der rasanten Zunahme der globalen Klimakatastrophen und der Herausforderung der chinesischen Klimaschutzindustrie weiter viel zu schwach – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Letzte Woche gab es drei Großereignisse auf EU-Ebene, die sich mit zentralen Elementen der EU-Klimapolitik befassten: Die Beschlüsse im EU-Parlament zur EU-Richtline für den Ausbau der Erneuerbaren Energien RED III und der Strombinnenmarktrichtlinie. Außerdem den Green Deal, der insbesondere in der Regierungsrede von EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen eine wichtige Rolle spielte.

Alle Beschlüsse und politischen Absichtserklärungen sind immer noch weit weg von dem, was ein wirksamer Klimaschutz angesichts der immer schlimmer um sich greifenden Katastrophen erfordern würde: Das Ende aller Emissionen bis 2030, verbunden mit dem Ausbau von starken Kohlenstoffsenken.

Die Klimakatastrophen haben diesen Sommer eine neue Schreckensdimension erreicht, doch es gibt keine angemessene Verschärfung der Klimapolitik als Reaktion darauf

Auf der Nordhalbkugel hat es in diesem Jahr katastrophale Waldbrände von rekordverdächtigem Ausmaß mit ebenfalls rekordverdächtigen Emissionen gegeben, so die vorläufige Bilanz des EU-Atmosphärendienstes CAMS (Copernicus Atmosphere Monitoring Service).

Auch Kalifornien wird seit Jahren von schlimmsten Klimakatstrophen mit großen Schäden heimgesucht. Nun hat der Staat Kalifornien die fünf größten dort operierenden Ölkonzerne –Exxon-Mobil, Shell, BP, Conoco-Phillips und Chevron – sowie den Industrieverband American Petroleum Institute auf Schadensersatz verklagt.

Auch in Europa haben sich besonders heftige Hitzewellen und Dürren – ähnlich wie in Kalifornien – mit verheerenden Starkregenfällen abgewechselt. Schlimmste Verwüstungen durch Starkregen gab es insbesondere in Slowenien, Kärnten, Spanien, Italien – und jüngst erst in Griechenland, Bulgarien und der Türkei. Doch eine Reaktion wie in Kalifornien, nämlich rechtliche Schritte gegen die Verursacher, wird auf EU-Führungsebene nicht einmal erwogen.

Starkregenkatastrophe in Libyen – wer ist schuldig?

Die Regen- und Sturmkatastrophe in Libyen zeigt eine Schreckensdimension, wie sie bisher in dieser Wüstengegend noch nie erlebt wurde. Alleine in der Stadt Darna sind viele tausend Tote zu beklagen. Ein Drittel der Stadt mit ca. 100 Tausend Einwohner existiert nicht mehr. Zwei Staudämme brachen unter der Flut der Regenmassen. Die Wassermassen haben Häuser, Brücken, Straßen, Autos, Menschen und Tiere ins Meer geschwemmt. Inzwischen breitet sich Cholera aus, weil das Grundwasser zum Teil mit Leichen verseucht ist.

Nun werden Schuldige gesucht, die angeblich versagt haben sollen, indem sie die Staudämme nicht richtig gewartet haben. Ganz in dem Glauben, dass man solche Wassermassen nur durch die richtige Bauweise ohne Schäden beherrschen könnte. Doch das wird nie gelingen.

Aber die wahren Schuldigen sucht man dort nicht: Die Manager der fossilen Wirtschaft mit ihren Geschäften rund um Erdöl, Erdgas und Kohle. Sie sitzen gerade auch in Libyen selbst. Das Land ist als Mitglied der OPEC einer der großen Ölförderer und hatte im Jahr 2022 einen Anteil von etwa 1,2 Prozent an der gesamten Weltölförderung.

Doch nirgends habe ich gelesen, dass nun der Erdöl-, Erdgas- und Kohlewirtschaft die Schuld zugeschrieben wird, dass Starkregen wie auch dieser in Libyen immer mehr zunehmen. Dabei wäre es dringend erforderlich, dies zu tun und sie vor Gericht zu ziehen, so wie es Kalifornien nun tut.

Unwidersprochen, als ob es keine solche Katastrophe gegeben hätte, haben die libyschen Ölhäfen jedoch inzwischen die Verschiffung des klimaschädlichen Erdöls wieder aufgenommen, wie Tecson am 15. September berichtete. Ein Innehalten, ob dies angesichts der Toten in Derna sinnvoll ist, gibt es nicht, und so trägt auch Libyen fortwährend zur weiteren Erwärmung der Atmosphäre bei, und die kommenden Katastrophen werden immer schlimmer.

Klar ist doch: Je mehr Treibhausgasemissionen weiterhin in die Atmosphäre freigesetzt werden, desto stärker wird sich die Erde erwärmen, und Katastrophen wie in Griechenland, Kalifornien, Libyen und anderen Regionen werden immer häufiger und schwerwiegender auftreten.

EU-Parlament beschließt höheres aber immer noch komplett unzulängliches Ziel für Erneuerbare Energien

Da klingt es scheinbar gut, dass das EU-Parlament nun mit der EU-Richtlinie RED III das Ziel des Ausbaus der Erneuerbaren Energien angehoben hat. Anstelle der bisherigen 32 % ist nun geplant, bis 2030 einen Anteil von 45 % an der Gesamtenergieversorgung durch erneuerbare Energien zu erreichen. Dies bedeutet, dass auch nach 2030 immer noch mehr als 50 % fossile Energien genutzt werden sollen, die hohe Emissionen verursachen.

Selbst im Jahr 2030, wenn die globalen Katastrophen voraussichtlich ein noch schlimmeres Ausmaß als die diesjährigen Waldbrände in Kanada oder Starkregenereignisse wie in Griechenland oder Libyen angenommen haben werden, plant die EU weiterhin eine beträchtliche Emission von Klimagasen, was die Katastrophen weiterhin massiv verschärfen wird.

Dies wird von immer mehr Menschen zu Recht als unverantwortlicher Irrsinn angesehen, und sie protestieren gewaltfrei dagegen, werden jedoch dafür verhaftet, wie Tausende Klimaprotestierende in den Niederlanden letzte Woche.

EU-Parlament hat durchaus auch neue gute Maßnahmen für Erneuerbare Energien beschlossen

So unzureichend das Ziel von 45 Prozent Erneuerbaren Energien bis 2030 in der EU auch sein mag, hat das EU-Parlament dennoch neue Maßnahmen beschlossen, die ihren Ausbau beschleunigen sollen. Insbesondere das Konzept des Energy Sharing, das in Deutschland immer noch nicht vollständig umgesetzt ist, wurde vom EU-Parlament weiter gestärkt.

Es soll ein Recht auf Energy Sharing (das Teilen von Energie mit anderen) geben: Jeder Kleinerzeuger kann seinen Strom formlos per App an jeden Verbraucher in derselben Preiszone weitergeben. Auch Unternehmen wie Supermärkte sollen ihren Solarstrom mit ihren Nachbarn teilen dürfen.

Endlich hat auch das EU-Parlament Erneuerbare Energien nach dem Vorbild Deutschlands in den Rang des überragenden öffentlichen Interesses erhoben. Damit verbunden sind Auflagen, die die Mitgliedsstaaten zwingen werden, die Genehmigung von Anlagen für Erneuerbare Energien massiv zu beschleunigen. Die Beschlüsse des EU-Parlaments müssen jedoch noch vom Rat bestätigt werden, bevor sie in Kraft treten können.

Kommissionspräsidentin von der Leyen hat keine Industrie-Rezepte, will aber Antidumping gegen China und wird so die Durchdringung der emissionsfreien Techniken in der EU behindern

In ihrer Rede zur Lage der EU letzte Woche kündigte die Kommissionspräsidentin an, die Subventionen Chinas für Elektroautos zu überprüfen. Ihr Ziel ist es, die deutsche Automobilindustrie vor angeblich unfairen Subventionen zu schützen. Am Ende des Überprüfungsverfahrens könnten EU-Einfuhrzölle auf chinesische E-Autos erhoben werden. Dies wird mit angeblich unfairen Subventionen seitens des chinesischen Staates, die gegen WTO-Regeln verstoßen würden, begründet.

Allerdings gibt es auch heftige Kritik aus der betroffenen deutschen Wirtschaft, insbesondere von der Automobilindustrie, wie die wirtschaftsnahe FAZ zu Recht kommentiert.

Die Erinnerung an die Solarzölle auf chinesische Importmodule im letzten Jahrzehnt ist noch frisch. Frau von der Leyen hat offenbar nicht erkannt, dass diese Solarzölle zusammen mit anderen von der EU-Kommission ergriffenen Maßnahmen, wie Ausschreibungen, zu einem drastischen Einbruch des Marktes in der EU geführt haben und somit dem Klimaschutz einen Bärendienst erwiesen haben. Das ursprüngliche Ziel, den Schutz der deutschen Solarindustrie, wurde vollkommen verfehlt. Heutzutage ist die chinesische Solarindustrie der europäischen Solarindustrie gegenüber übermächtig.

Die Solarzölle haben also die chinesische Solarindustrie gestärkt, aber gleichzeitig den Solarmarkt in der EU massiv dezimiert und damit den Klimaschutz behindert.

Es sollte allen klar sein, dass EU-Zölle auf E-Autos das gleiche bewirken werden: Die chinesischen Hersteller werden ihre Absatzmärkte in anderen Teilen der Welt stärken und somit ihre Dominanz in der E-Auto-Produktion ausbauen. Gleichzeitig wird der E-Automarkt in der EU nicht so stark wachsen, wie er müsste, um der Klimakatastrophe entgegenzuwirken, und der geschützte EU-Markt wird die Trägheit der europäischen E-Autohersteller weiter belohnen, wodurch sie noch mehr den Anschluss an China und Tesla verlieren werden.

Die EU-Klimapolitik der Kommission unter von der Leyen ist schlichtweg ein Desaster: Die Ziele für den Ausbau Erneuerbarer Energien sind zu schwach, die Abschottung von Märkten im Bereich CleanTech wird den Markthochlauf emissionsfreier Technologien in der EU bremsen. Neue große CleanTech-Industrien werden so nicht aufgebaut, weil die chinesische und US-Konkurrenz inzwischen viel zu stark ist. Ein industrieller Zwerg in der CleanTech-Industrie wie die EU kann den chinesischen Riesen nicht mit Zöllen und Abschottung bezwingen. Es führt kein Weg an Kooperationen vorbei. Andernfalls werden Klimaschutz und der Aufbau einer starken Klimaschutzindustrie in der EU die Verlierer sein.

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UN ruft Tag der „Sauberen Energien“ aus – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Der 29. Januar wird zum internationalen Tag der „sauberen Energie“ („clean energy“). Dies wurde kürzlich von der UN-Vollversammlung beschlossen. Der 29. Januar wurde ausgewählt, da an diesem Tag im Jahr 2009 die IRENA, die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien, in Abu Dhabi gegründet wurde.

Wie immer bei solchen Meldungen klingt das sehr vielversprechend. Allerdings scheint dies nur oberflächlich betrachtet tatsächlich ein starker Anstoß zur Ablösung fossiler und atomarer Energien durch 100 Prozent Erneuerbare Energien weltweit zu sein. In Wirklichkeit unterstützt dieser UN-Tag für „saubere Energien“ auch die fossilen und atomaren Energien.

Gründung der IRENA: Ein durchschlagender Erfolg gegen die Interessen der fossilen und atomaren Energiewirtschaft

Tatsächlich ist die Gründung der IRENA am 29. Januar 2009 ein durchschlagender Erfolg für die Erneuerbaren Energien. Über ein Jahrzehnt hatten Hermann Scheer zusammen mit mir und anderen aus dem Umfeld von EUROSOLAR für die Gründung einer globalen Regierungsagentur für Erneuerbare Energien gekämpft.

Wir haben es trotz teilweiser Widerstände innerhalb der eigenen Reihen von SPD und Grünen Abgeordneten geschafft, eine lupenreine Organisation nur für Erneuerbare Energien auf den Weg zu bringen. Entscheidend war die Satzung, für die zu gründende globale Regierungsorganisation, die eben nicht verwässert wurde. Diese Satzung verpflichtet die IRENA, sich ausschließlich für den Ausbau der Erneuerbaren Energien einzusetzen.

Viele versuchten damals, dieses klare Satzungsziel zu verwässern. Es gab zahlreiche Argumente, die besagten, dass Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz fossiler Energiequellen, wie der Ausbau von Kohlekraftwerken mit höherem Wirkungsgrad oder die Förderung von 3-Liter-Erdölautos, sowie die Nutzung von Erdgasheizungen oder Wasserstoff aus Erdgas, als Brückenlösungen für den Übergang zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien betrachtet werden sollten, um den Übergang zu erleichtern. Auch die Unterstützung von „sauberer Kohle“ (clean coal) wurde häufig gefordert, obwohl es in der Realität keine wirklich saubere Nutzung von Kohle gibt.

Im Rückblick zeigt sich heute deutlich, dass all diese „Brücken“ letztendlich nur als Bestandschutz der fossilen Energieerzeugung einzuordnen sind. Diese Brückenlösungen schützen lediglich den Einsatz fossiler und atomarer Energie vor dem schnellen Wachstum Erneuerbarer Energien, während der Klimaschutz nur vorgetäuscht wird.

Insbesondere sollte auch CCS, also Carbon Capture Storage, als Ziel in die IRENA-Satzung aufgenommen werden, denn angeblich würde dadurch der Einsatz von Kohle, Erdöl und Erdgas klimaneutral und damit „sauber“. Auch die Atomenergie, wie es vor allem internationale Akteure gefordert haben, sollte als „emissionsfreie“ Energie in die Satzung der IRENA aufgenommen werden. Diese Behauptungen sind genauso falsch wie damals, aber in jüngster Zeit greifen sie wieder vermehrt um sich.

Alle diese fossilen und atomaren Interessen konnten wir damals erfolgreich abwehren. Die von uns entworfene Satzung wurde dann tatsächlich zur Gründungssatzung der IRENA am 29. Januar 2009.

„Saubere Energie“ umfasst nach UN-Vorstellungen auch fossile und atomare Energien

Doch leider hat sich diese klare und notwendig kompromisslose Definition für Erneuerbare Energien nicht auf UN-Ebene durchgesetzt.

Vergeblich habe ich auf den zahlreichen Internetseiten der verschiedenen UN-Organisationen nach einer Definition für „Saubere Energien“ auf UN-Ebene gesucht. Dies erscheint umso wichtiger zu sein, da es bereits einen internationalen Tag der Sauberen Energie gibt. Stattdessen fand ich lediglich vage Beschreibungen wie: Saubere Energien umfassen „solche wie Solar, Wind und andere.“

Auch im neuesten UN-Bericht von 2023 über die UN-Nachhaltigkeitsziele konnte ich keine Definition für „saubere Energie“ finden, obwohl sie diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle spielen.

Atomenergie und CCS gilt nach UN als saubere Energie

Klarere Aussagen habe ich schließlich bei der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien (IAEA) und Lobby Organisation für CCS gefunden.

So sagte der IAEA-Vorsitzende Grossi bei der Vorstellung des UN-Konzeptes für „saubere Energien“:

„Wenn Erneuerbare Energien und Kernenergie zusammenarbeiten, können wir ein Energiesystem aufbauen, das nicht nur sauber und erschwinglich, sondern auch zuverlässig und belastbar ist.“

Unglaublich, wie die UN derartige Aussagen unwidersprochen akzeptiert. Bis heute gibt es auf der Erde kein sicheres Endlager für Atommüll, Atomkraftwerke emittieren selbst im Normalbetrieb immer noch gesundheitsschädliche Radioaktivität, und ganze Regionen werden nach wie vor durch den Uranabbau radioaktiv verseucht.

Gerade jetzt zeigt Japan die Hilflosigkeit nach Atomunfällen. Die begonnene Einleitung der tritiumverseuchten Kühlwässer aus der Atomruine Fukushima in das Meer offenbart die Verantwortungslosigkeit bei der Nutzung der Atomkraft. Es ist nicht zu tolerieren, dass Atomenergie als „saubere Energie“ bezeichnet wird, doch die UN scheint all dies zu dulden.

Fossiles CCS gilt in der UN ebenso als „saubere Energie“

CCS, also die Abscheidung mit anschließender Deponierung in alten Bergwerken von Kohlenstoffdioxid aus den Rauchgasen von Kohle- oder Erdgaskraftwerke wird seit über 20 Jahren als Klimaschutztechnologie von der fossilen Wirtschaft propagiert. Doch die unkontrollierbaren Methanemissionen aus den erschlossenen Kohlegruben, Erdöl- und Erdgasbohrungen sind allein schon immens. Sie können niemals durch CCS vermindert, geschweige denn beendet werden. Schon aus diesem Grund kann CCS niemals einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Einzig und allein die Beendigung der Nutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas zugunsten von 100 Prozent Erneuerbaren Energien ist Klimaschutz. Damit erübrigen sich CCS sowie Atomenergie von selbst.

Erhellend ist in diesem Zusammenhang die sich selbst rühmende Lobbyorganisation Global CCS Institute. Sie beschreibt sehr eindrücklich und stolz, wie es ihr gelungen ist, verschiedene UN-Organisationen für ihre CCS-Interessen zu gewinnen.

Wie schmutzig und klimaschädlich die CCS-Technologie in Wirklichkeit ist hat Christfried Lenz kürzlich in einem lesenswerten und wissenschaftlich klar unterlegten Artikel dargelegt.

Afrikas Klimagipfel zeigt die unterschiedlichen Energie-Interessen

Auf dem ersten Afrika-Klimagipfel in Nairobi zeigte sich kürzlich, dass die unterschiedlichen Energieinteressen tatsächlich relevant sind.

UN-Generalsekretär Guterres sprach klare Worte:  Die reichen Industriestaaten sollten Afrika beim Wandel zu einer „Supermacht der Erneuerbaren Energien“ helfen.

Auf dem Afrika-Gipfel sprach Al Jaber, der designierte Präsident der kommenden UN-Klimakonferenz COP28, darüber, wie die angekündigten Investitionen der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) in Afrika darauf abzielen, bis zur COP28 im Jahr 2030 15 Gigawatt Erneuerbarer Energie zu schaffen. Die VAE planen, dies mit einer Unterstützung von 4,5 Milliarden Euro umzusetzen. Eine Kleinigkeit für die superreichen VAR. Es solle lediglich eine Verdreifachung der Erneuerbaren Energien bis 2030 geben.

Damit hat Al Jaber klar die eigenen Interessen als Chef des staatlichen Ölkonzerns markiert und geschickt mit dem Begriff „saubere Energie“ vertuscht. Es zeigt sich, dass es ihm eben nicht nur um Erneuerbare Energien und wirksamen Klimaschutz geht, sondern eben auch um fossiles CCS und sogar Atomenergie. Kaum jemand kommentiert diesen Unterschied zwischen Antonio Guterres und Al Jaber.

Das verdeutlicht: Der neue UN Tag für „saubere Technologien“ ist neben der halbherzigen Unterstützung für Erneuerbare Energien in Wirklichkeit ein Push für Atomenergie und über CCS auch für fossile Energie. Jeder, der diesen Tag nutzt, um „saubere Energie“ zu unterstützen, sollte sich bewusst sein, dass er sich damit von Atomenergie und fossiler CCS abgrenzt, da beide nicht wirklich sauber sind.

Nur 100 Prozent Erneuerbare Energie kann wirklich „saubere Energie“ sein. Und auch dabei muss man aufpassen. Bioenergie ist nur dann sauber, wenn die Verbrennungsprozesse beispielsweise mit effizienten Filtern gründlich gereinigt werden und der Anbau der Biomasse ohne den Einsatz von Pestiziden und Mineraldünger erfolgt. Doch im Gegensatz zur fossilen CCS, die immer unvermeidbare Emissionen aus den Fördergruben und Bohrlöchern hat, kann Bioenergie sehr umweltfreundlich produziert werden, was vielfach auch bereits geschieht.

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Kalifornien fordert einen Vertrag über die Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe, was wirtschaftlich Sinn macht, da Atom und Fossil viel teurer als Ökostrom sind – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Kalifornien, eine der größten Volkwirtschaftsregionen der Welt, hat im Parlament der Forderung nach einem Vertrag über die Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe zugestimmt. Der Vorschlag stieß auf großen Widerstand von Öl- und Gaslobbyisten sowie von 40 Industriegruppen, die sich zusammenschlossen, um ihn zu blockieren. Dennoch erhielt er mit großer Mehrheit die Zustimmung des kalifornischen Parlaments.

In der Resolution wird Präsident Biden aufgefordert, die pazifischen Staaten dabei zu unterstützen, sich um ein Verhandlungsmandat für einen Vertrag über die Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe zu bemühen.

Der Bundesstaat Kalifornien festigt damit sein Engagement im Kampf gegen die anhaltende Erdaufheizung und schließt sich nun über 100 anderen Regierungen aus der ganzen Welt an, um den Vorschlag für einen Vertrag über die Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe Wirklichkeit werden zu lassen.

Der erfolgreiche Initiator ist Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty, der damit auf dem Weg zum Ausstieg von Erdöl, Erdgas und Kohle einen weiteren großen Erfolg erzielt hat.

Gesundheit, hohe Kosten und Klimaschutz sind ausreichend Gründe für den Ausstieg aus fossilen Energien

Die Gründe für einen Ausstieg aus den fossilen Energien sind vielfältig und wurden auch im kalifornischen Parlament diskutiert.

Große Gesundheitsschäden und insbesondere Lungenkrankheiten werden durch die Luftverschmutzung infolge des Verbrennens fossiler Rohstoffe verursacht.

Das Ende einer weiteren Erdaufheizung – in deren Folge immer größere Katastrophen auftreten – ist fundamental. Tatsächlich wurde gerade auch Kalifornien in den letzten Jahren und insbesondere auch in diesem Jahr von besonders schrecklichen Katastrophen heimgesucht: Mit vielen Toten und großen Schäden infolge von Flutkatastrophen, Hitzewellen, Waldbränden, Dürren und weiteren Klimakatastrophen.

Auch die hohen Kosten der Stromerzeugung aus Kohle, Erdöl und Erdgas spielen für eine Beendigung der Nutzung fossiler (und atomarer) Energien eine wichtige Rolle, da die klimaschützenden Erneuerbaren Energien inzwischen viel günstiger sind.

Auch der Bundestag sollte die Initiative zur Nichtverbreitung fossiler Energien unterstützen

Es wird Zeit, dass sich auch Deutschland dieser Initiative anschließt, anstatt sich gegen den Umbau zu wehren, wie es die Union, die AFD und die FDP mit der Heizungsdebatte tun. Gerade vor der nächsten UN-Klimakonferenz in Abu Dhabi wäre ein entsprechendes politisches Signal des Bundestages besonders wichtig. In Abu Dhabi wird erneut die alles entscheidende Klimaschutzmaßnahme – nämlich die Beendigung der Nutzung der fossilen Energien – zwar debattiert werden, aber am Widerstand großer Konzerne in den Öl-, Erdgas-, und Kohle-Nationen wie Saudi-Arabien, dem Iran, Russland oder den USA wohl erneut scheitern.

Klar ist, dass ein schneller globaler Ausstieg aus der Nutzung von Erdöl, Erdgas und Kohle erfolgen muss. Denn durch deren energetische Verbrennung in Heizungen, dem Verkehr, der Industrie und zur Stromerzeugung werden weltweit etwa 60 Prozent aller Treibhausgasemissionen emittiert. Erdöl, Kohle und Erdgas als Basis-Rohstoffe für die Chemie, zum Beispiel zur Herstellung von Plastik, verursachen zusätzlich weitere 5 bis 10 Prozent.

Ohne ein Ende der Nutzung der fossilen Rohstoffe kann es keinen Klimaschutz geben. Bei Weiternutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas in den kommenden Jahrzehnten wird es unweigerlich zum Auslöschen der menschlichen Zivilisation kommen. Hitze, Wetterkatastrophen, Tropenkrankheiten, Meeresspiegelanstieg, Abschmelzen der Gletscher und Abreißen des Golfstroms werden die Lebensgrundlagen der gesamten Menschheit so drastisch verändern, dass es eine Zivilisation, wie wir sie heute kennen, nicht mehr geben kann.

Daher ist das Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe unverzichtbar für das Überleben der menschlichen Zivilisation.

Atomenergie kann im fossilen Ausstieg keine Rolle spielen, da sie deutlich teuer ist und der Ausbau viel zu lange dauern würde

Plötzlich treten CDU-Chef Merz, die CSU, die FDP und die AfD erneut mit der Forderung nach dem Neubau von Atomkraftwerken auf. Sie begründen dies mit den hohen Strompreisen und dem Klimaschutz als Ersatz für fossile Energien. Allerdings kann zum einen der Neubau von Atomkraft in den nächsten 20 Jahren keinen Einfluss auf Strompreise und Klimaschutz haben, da der Neubau zwischen 20 und 30 Jahren dauert. Zum anderen ist Strom aus neuen Atomkraftwerken wesentlich teurer als Strom aus neuen Solar- und Windkraftwerken.

Eine aktuelle Studie von Bloomberg über die globalen Stromerzeugungskosten zeigt, dass Atomstrom etwa viermal teurer ist als Ökostrom. Kohle- und Erdgasstrom sind etwa doppelt so teuer, und wenn man Kohle- und Erdgasstrom mit CCS zur Entfernung von CO2 aus den Rauchgasen versieht, ist die Stromerzeugung etwa dreimal so teuer wie bei Solar- und Windstrom.

Der Beschluss des kalifornischen Parlaments zur Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe ist daher auch zum Schutz der Bevölkerung vor steigenden Strompreisen goldrichtig.

Nur warum Merz, Söder, die FDP und die AFD solche seit Langem klar erkannten Fakten nicht kennen und sogar neueste Studien, wie die von Bloomberg, ignorieren, macht schon stutzig. Offensichtlich geht es ihnen nicht um den Schutz der Bevölkerung vor steigenden Energiekosten und auch nicht um Klimaschutz, sondern ausschließlich um die Sicherung der Milliardengewinne für die fossile und atomare Wirtschaft. Die Lobbyistenschar der fossilen und atomaren Wirtschaft haben weiterhin großen Einfluss auf sie – ganz im Gegensatz zum kalifornischen Parlament, das sich von diesen Lobbyisten nicht mehr beirren lässt.

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Tagesspiegel: Solarpaket begrenzt Beitrag der Landwirtschaft zum Klimaschutz – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Gestern ist im Tagesspiegel Background Agrar@Ernährung mein Meinungsbeitrag zum Solarpaket und der Landwirtschaft erschienen:

Die Landwirtschaft könnte viel mehr zum Klimaschutz beitragen, als das Solarpaket der Bundesregierung zulässt, meint der Miterfinder des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, Hans-Josef Fell. Er fordert eine feste Einspeisevergütung für Solarstrom vom Acker und die Abschaffung des Ausbaudeckels.

Der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung hat kürzlich ein vernichtendes Urteil zur Klimapolitik der Bundesregierung ausgesprochen: Es fehle ein Gesamtkonzept und die Maßnahmen seien weiterhin unzulänglich. Gravierend ist, dass durch diese Klimapolitik – nicht nur in Deutschland – die Erde schnell weiter aufgeheizt wird und so in den kommenden Jahren und Jahrzehnten die Katastrophen an Intensität und Häufigkeit immer extremer und häufiger werden.

Der globale Katastrophensommer 2023 mit Hitzewellen, Starkregen, Ernteverlusten, Waldbränden – alles in nie dagewesener Intensität – wird dann nur ein kleines Vorspiel auf die kommenden Katastrophen gewesen sein. In diesem Jahr rechnet der Deutsche Bauernverband mit einer schlechten Ernte vor allem beim Getreide. Insbesondere der außergewöhnliche starke Regen im Hochsommer hatte viele Ernten vernichtet.

Dass dies dem Klimawandel zuzuordnen ist, bezweifelt kaum mehr jemand. Dass auch die Landwirtschaft am Aufheizen der Erdtemperatur ursächlich beteiligt ist, ebenso. Lachgasemissionen aus intensivem Landbau, fossile Treibstoffnutzung im landwirtschaftlichen Maschinenpark, LKW-Transporte über lange Strecken statt regionaler Verarbeitung und Vermarktung, intensive Massentierhaltung – alles trägt zum weiteren Aufheizen des Erdklimas bei.

Aber: Die Landwirtschaft kann und muss den Klimaschutz in der Welt befördern, etwa mit der Umstellung auf regenerative Anbaumethoden: Dauerbegrünung für Feldfrüchte und Mischfruchtanbau bringen Ertragsstabilität auch in Zeiten von Dürren oder Starkregenfällen. Humusaufbau schafft Kohlenstoffsenken. Daneben wird so auch Biodiversität befördert.

Zwei Ernten vom Acker sind möglich

Zusätzlich kann großflächige Agri-PV Böden vor starker Austrocknung und Pflanzen vor Sonnenbrand und Hagelschäden schützen. Neue intelligente PV-Anlagenkonzepte verbinden effiziente Bewässerung und Erosionsschutz mit Solaranlagen. Ernteerträge können bei weiter zunehmender Erdaufheizung kaum besser geschützt werden. Gleichzeitig werden so vom Acker zwei Ernten erwirtschaftet: Solarstrom und die Ackerfrucht.

Der Solarstrom vom Acker liefert künftig auch emissionsfreie Energie für die landwirtschaftlichen Anwesen und ganze Dörfer, für Elektrotraktoren und die Weiterverarbeitung der Feldfrüchte. Pflanzen für die Biogasanlage sind gespeicherte Sonnenenergie für die winterliche Strom- und Wärmeversorgung in Nahwärmenetzen für die Dörfer und als Biomethan auch für städtische Quartiere. Das Gärsubstrat der Biogasanlage liefert Naturdünger und ersetzt klimaschädlichen Mineraldünger.

Dort, wo noch Verbrennungsmotoren laufen, kann der Biokraftstoff beispielsweise mit reinen Pflanzenölen Energie liefern. Dies ist – richtig organsiert – keine Lebensmittelkonkurrenz, sondern Ernährungssicherung, denn die Ölpflanzen liefern über den eiweißreichen Presskuchen auch Nahrung für Tier und Mensch. Statt Eiweiß etwa als Soja aus Urwaldabholzungen zu importieren, liefern Ölpflanzen heimisches Eiweiß und Energie. Die Blüten liefern Honig und Insektennahrung.

Große Kohlenstoffsenken werden vor allem auch mit der Wiedervernässung von Mooren geschaffen. Die Wiedervernässung braucht eine ökonomische Grundlage, was Paludikulturen zusammen mit Solarstrom aus der Moor-PV bieten können.

Ausschreibungsmodell wird Agri- und Moor-PV ausbremsen.

Mit dem kürzlich im Bundeskabinett beschlossenen Solarpaket sollen Agri-PV und Moor-PV stärker gefördert sowie ein neues Fördersegment für Biodiversitäts-PV etabliert werden. Agri-PV und Moor-PV sollen neben Parkplatz-PV und Floating-PV mit eigenen Ausschreibungsvolumina bedacht werden. Viele loben dies, da es endlich eine Förderung dafür gibt.

Doch ein genauer Blick zeigt auf: Das Ausschreibungsmodell ist mit extremer Bürokratie verbunden. In den Ministerien werden oft unsinnige und praxisfremde Rahmenbedingungen festgelegt. Diese hohen Anforderungen verbunden mit erheblichen finanziellen Vorleistungen für Flächensicherung, Genehmigungszuschlag und erforderliche Gutachten können Unsummen an Geldern verschlingen. Damit werden finanzschwache Akteure und somit der Großteil bäuerlicher Landwirte oder dörfliche Energiegemeinschaften ausgeschlossen. Die hohen Hürden der Ausschreibungen werden wieder nur große Finanzstrukturen bevorteilen, die auch mal eine Projektentwicklung ohne Zuschlag verkraften können.

Zur Erinnerung: Es waren gerade Landwirte und dörfliche Energiegemeinschaften, die den Ausbau der erneuerbaren Energien aktiv und wesentlich getragen haben.

Der Ausbaudeckel ist zu niedrig

Zudem sind die Ausschreibungsvolumina viel zu niedrig gefasst. So soll das Volumen bestehender Freiflächenausschreibungen schrittweise auf nur drei Gigawatt (GW) pro Jahr erhöht werden. Mit der Erfahrung der steten Überzeichnungen in den PV-Ausschreibungen der letzten Jahre ist weiter abzusehen, dass die Investitionsbereitschaft der Gesellschaft weiter massiv ausgebremst werden wird. Die viel zu niedrigen Ausschreibungsvolumina wirken wie staatlich verordnete Ausbaudeckel.

Eindrücklich belegen dies die Ergebnisse der jüngsten Solarausschreibungsrunde: 4,66 GW neue Solaranlagen wurden als Angebote eingereicht. Nur 1,66 GW erhielten einen Zuschlag. Damit wurden also circa drei GW dringend benötigte PV-Investitionen verhindert – die geplant, finanziert und genehmigt sind – ein in Deutschland sowieso schwieriges Unterfangen.

Sogar ein neuer Ausbaudeckel wird eingeführt: Bis 2030 sollen insgesamt nur 80 Gigawatt Freiflächenanlagen gefördert werden. Auf Seite 106 der Begründung zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes steht: „Eine Teilnahme an den Ausschreibungen ist für Freiflächenanlagen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen bis einschließlich des Jahres 2030 nur möglich, bis eine installierte Leistung von 80 GW auf solchen Flächen erreicht ist.“

Dabei ist es völlig widersinnig, den Ausbau der Freiflächen-PV zu deckeln. Nach Analysen des Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg genügen nur rund vier Prozent der deutschen Ackerflächen, um damit bilanziell den gesamten aktuellen Strombedarf in Deutschland zu decken.

Die Befürchtung unter anderem des Bauernverbandes, dass zu große Flächen für die landwirtschaftliche Nutzung wegfallen würden, sind also völlig unbegründet. Insbesondere auch, da ja die Agri-PV die gemeinschaftliche Nutzung von Solarstromerzeugung und Feldfrüchteanbau auf der gleichen Fläche verbindet.

80 Gigawatt sind viel zu wenig, um 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2030 zu erreichen, was aus Klimaschutzgründen aber zwingend nötig ist. Nach einer Analyse der Energy Watch Group für eine Vollversorgung mit 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2030 braucht es etwa 40 Gigawatt jährlichen Zubau an Freiflächen und gleich viel an Dachanlagen. Der Gesetzesentwurf des Solarpakets aber orientiert sich am komplett unzulänglichen Regierungsziel von 80 Prozent Ökostrom bis 2030 und eben nicht an 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2030.

Wesentlich erfolgreicher wäre ein einfacher gesetzlich garantierter Vergütungssatz für Agri-PV und Moor-PV – so, wie vor der Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes 2014. Dies würde allen, die die hohen Anforderungen für Genehmigung, Planung und Finanzierung geschafft haben, eine klare Investitionssicherheit geben.

Der Bundestag kann und muss noch viel am Solarpaket verbessern

Der Bundestag hat mit diesem Solarpaket im Herbst wieder eine Herkulesaufgabe vor sich. Um den Solarausbau so stark zu beschleunigen, wie es der Klimaschutz erfordert, sollte er sich an folgenden Leitlinien orientieren:

Keine neuen Deckel. Der Deckel für Freiflächen von 80 GW bis 2030 muss wieder aus dem Gesetzesentwurf gestrichen werden.
Es sollte eine feste Einspeisevergütung für Agri-PV, Parkplatz-PV, Floating-PV und Moor-PV eingeführt werden, statt sie in lähmende und bürgerenergiefeindliche Ausschreibungen zu zwingen.
Einführung von Anreizen für systemdienliche Investitionen vor Ort mit einem Mix aus allen erneuerbaren Energien, Speichern und Sektorenkopplung. Eine Kombikraftwerksvergütung könnte dies leisten.

Nur so kann der politische Wille umgesetzt werden: Einen steilen, exponentiellen Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Photovoltaik zu schaffen. Dies wäre auch der wesentliche Beitrag zum Klimaschutz, um die rasant fortschreitende Erdüberhitzung noch einzudämmen. Landwirte und Verbände, vor allem der mächtige Bauernverband, sollten sich jetzt entsprechend dafür einsetzen.

Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group. Von 1998 bis 2013 saß er für die Grünen im Bundestag. Er ist einer der Väter des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, das auf Initiative einer Parlamentariergruppe um Fell und Michaele Hustedt von den Grünen sowie dem Sozialdemokraten Hermann Scheer beschlossen wurde.

 

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Das Solarpaket der Bundesregierung und seine Bewertung – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Letzten Mittwoch hat das Bundeskabinett die Gesetzentwürfe für das Solarpaket beschlossen. Es soll den Ausbau der Solarenergie stark beschleunigen und den Bürokratieaufwand für die Solar-Investitionen reduzieren.

Über 84 Prozent Zuwachs beim Zubau Wind & Solar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum

Der Markt für Wind- und Solaranlagen wächst in Deutschland deutlich. Von Januar bis Juli 2023 sind Wind- und Solaranlagen mit einer Leistung von zusammen knapp über 10.000 Megawatt (MW) neu in Betrieb gegangen (Jan – Juli 2022: 5.426 MW). Das ist ein Zuwachs um 84,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Solarzubau liegt über Rekordjahr 2012

Am stärksten wuchsen Solaranlagen mit 7.927 MW. Damit liegt in Deutschland erstmals der Jahreszubau 2023 wieder über dem Rekordzubau von 2012. Das ist erfreulich und ein Ergebnis der positiven Veränderungen in der Politik unter der Verantwortung des grünen Klima- und Wirtschaftsministers Robert Habeck. Bei der Windkraft (Onshore und Offshore) wird aber auch 2023 das Rekordausbauergebnis von 2017 mit ca. 5,5 Gigawatt (GW) nicht erreicht werden.

Doch so erfreulich die Steigerung des Ausbaus ist, sind die Ausbauzahlen immer noch bei Weitem nicht ausreichend, um selbst die äußerst bescheidenen Klimaziele der Bundesregierung (Klimaneutralität bis 2045 und 80 Prozent Ökostrom bis 2030) zu erreichen.

Die verheerenden Gesetzesnovellen unter den Merkelregierungen wirken weiter nach. Insbesondere auch dadurch, dass im Wirtschaftsministerium (BMWK) von den über 2000 Beschäftigten immer noch geschätzt über 90 Prozent arbeiten, die unter den Ministern der SPD (Gabriel), Union (Altmaier) und FDP (Rösler) eingestellt wurden. Sie haben jahrelang die Vorschläge zum Dezimieren des Ausbaus der Erneuerbaren Energien in bürokratieaufbauende Gesetze, insbesondere beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), erarbeitet. Der Geist des Bremsens und Kontrollierens des Ausbaus, des Behinderns der Bürgerenergie zum Schutze der großen Energiekonzerne, ist weiterhin in den meisten Köpfen des BMWK präsent – außer auf der Führungsebene. Dadurch gelangen nach wie vor Vorschläge und Maßnahmen ans Tageslicht, die dem Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht solch freien Lauf lassen, wie von der Gesellschaft erreicht werden könnte.

Solarzubau könnte 3x so hoch sein und fossile Subventionen für Industriestrompreis überflüssig machen

Die garantierten Vergütungen bei den PV-Anlagen der Ausschreibung liegen zwischen 5 und 6 Cent. Damit sind die Anlagen voll wettbewerbsfähig. Wird die Industrie mit diesem Strom direkt versorgt, erübrigt sich die Subvention eines Industriestrompreises. Die Ergebnisse der jüngsten Solarausschreibungsrunde bei PV zeigen, dass die Branche bereit ist, schneller und mehr zu installieren. 4,66 GW neue Solaranlagen wurden als Angebote eingereicht. Nur 1,66 GW erhielten einen Zuschlag. Damit wurden also ca. 3 GW dringend benötigter PV-Investitionen verhindert – Investitionen, die geplant, finanziert und genehmigt sind – ein in Deutschland ohnehin schwieriges Unterfangen.

Aus den Ministerien oder den Verbänden der Erneuerbaren Energien skandalisiert niemand diese für den Klimaschutz verheerende Ausschreibungsbremse, sondern begrüßt nur das (auf viel zu niedrigem Niveau) stattfindende Wachstum. Auch die „Allianz pro Brückenstrom“, bestehend u.a. aus den großen Gewerkschaften, erwähnt nur, wie wichtig ein günstiger Strompreis für die Industrie ist. Kein Wort allerdings dazu, dass mehr Wind und Solarstrom und eine bessere Integration der Erneuerbaren die Energiekosten gerade für die Industrie senkt.

Diese zu geringe Ausbaugeschwindigkeit der Solarenergie, sowie die schwache industrielle Unterstützung durch die Bundesregierung sind Ursachen, warum Meyer Burger seine in Deutschland geplante Solarfabrik nun doch in den USA baut.

Auch Solarpaket unzureichend

Natürlich wissen Robert Habeck und viele Bundestagsabgeordnete darüber Bescheid, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter massiv beschleunigt werden muss. Daher hat das Bundeskabinett kürzlich den Entwurf neuer Novellen von EEG und anderen Gesetzen beschlossen, mit den Zielen Bürokratieabbau und Wachstumsbeschleunigung.

Diese beiden Ziele sind sehr zu begrüßen. Stellen sie doch eine Korrektur der Zielvorstellung unter den Merkelregierungen dar, die mit dem Aufbau einer erstickenden Bürokratie und Deckelungen den Ausbau der Solarenergie in Deutschland einst stark gedrosselt hat.

Zur Erinnerung: Insbesondere die Umstellung auf Ausschreibungen anstelle von festen, gesetzlich garantierten Einspeisevergütungen hatte einen enormen Bürokratiedschungel geschaffen. Dieser Dschungel könnte stark abgebaut werden, wenn die Ausschreibungen wieder zugunsten einer festen gesetzlich festgelegten Einspeisevergütung abgeschafft würden. Auch verschiedene Ausbaudeckel hatten unter Kanzlerin Merkel den Ausbau der Erneuerbaren Energien stark gedrosselt.

Im Solarpaket wird das Ziel Bürokratieabbau größtenteils verfehlt

Bei genauer Betrachtung der anstehenden EEG- und EnWG-Novellen zeigt sich jedoch, dass das Ziel des Bürokratieabbaus, abgesehen von Teilbereichen wie Balkonsolar, Mietersolar und gewerblichen Dachanlagen, verfehlt wird. Im Gegenteil: besonders bei Agri-PV und anderen Freiflächen wird eine neue Bürokratie aufgebaut, die es vorher noch gar nicht gab.

Der im Bundeskabinett verabschiedete „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung“ hat alleine 50 eng beschriebene Seiten, zusammen mit erklärender Begründung sind es ganze 140 Seiten.

Auf jeder Seite werden Unmengen neuer Detailvorschriften erlassen. Neue Verordnungen, insbesondere im Bereich Agri-PV, wird es geben, die alle zusätzliche hohe Bürokratiehürden aufbauen.

Das hochbürokratische Ausschreibungssystem soll sogar noch erweitert werden. Nun sollen auch Agri-PV, Parkplatz-PV, Floating-PV und Moor-PV in das bürokratische Ausschreibungskorsett gezwungen werden. Damit werden Bürgerenergien in diesen Segmenten weitgehend behindert und das Feld wieder den großen Finanzstrukturen überlassen. Ich höre schon erste Stimmen von Landwirten, die sagen, dass sie mit ihren Feldern nicht an der Agri-PV teilnehmen können, da sie die hohe Bürokratie der Ausschreibungen wohl neben ihrer bäuerlichen Arbeit nicht schaffen können. Dann wird es eben wieder nur große Konzerne geben, die auf dem Feld der Landwirte ihre Anlagen bauen. Bürgerenergie wird wieder verhindert.

Neue Ausbaudeckel vorgesehen

Zudem sind die Ausschreibungsvolumina viel zu niedrig gefasst. Sie soll das Volumen bestehender Freiflächenausschreibungen schrittweise auf nur 3 Gigawatt pro Jahr erhöht werden. Mit der Erfahrung der steten Überzeichnungen in den PV-Ausschreibungen der letzten Jahre ist außerdem zu erwarten, dass die Investitionsbereitschaft der Gesellschaft weiterhin massiv ausgebremst wird. Die viel zu niedrigen Ausschreibungsvolumina wirken wie staatlich verordnete Ausbaudeckel.

Sogar ein neuer Ausbaudeckel wird eingeführt: Bis 2030 sollen insgesamt nur 80 Gigawatt Freiflächenanlagen gefördert werden.

Auf Seite 106 der Begründung zur EEG-Novelle steht:

„Eine Teilnahme an den Ausschreibungen ist für Freiflächenanlagen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen bis einschließlich des Jahres 2030 nur möglich, bis eine installierte Leistung von 80 GW auf solchen Flächen erreicht ist.“

Schon einmal hatte die Merkel Bundesregierung mit einem 40 Gigawattdeckel für die geförderte PV einen erheblichen Schaden für den Ausbau der Solarenergie geschaffen, der erst in letzter Minute im Gesetz wieder abgeräumt werden konnte.

Der 80 Gigawattdeckel für Freiflächen PV ist jedenfalls viel zu niedrig, um bis 2030 100 Prozent Erneuerbare Energien zu erreichen, was aus Klimaschutzgründen zwingend nötig ist. Nach der EWG-Analyse für eine Vollversorgung mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien bis 2030 braucht es etwa 40 Gigawatt jährlichen Zubau an Freiflächen und gleich viel an Dachanlagen. Der Gesetzesentwurf des Solarpakets orientiert sich jedoch am völlig unzureichenden Regierungsziel von 80 Prozent Ökostrom bis 2030 und nicht an einer Zielsetzung von 100 Prozent Erneuerbaren Energien bis 2030.

Mieterstrom und Balkonsolar werden durch das Solarpaket tatsächlich von hoher Bürokratie entlastet

Die Regelungen für die gemeinsame Nutzung von PV-Anlagen, z.B. auf einem Mehrfamilienhaus, werden stark vereinfacht: Mit der sogenannten „Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ wird es ermöglicht, PV-Strom innerhalb eines Gebäudes gemeinsam und unbürokratisch zu nutzen – ohne wie bisher alle Pflichten eines Stromversorgers erfüllen zu müssen. Gleichzeitig wird Mieterstrom vereinfacht und auch für Gewerbegebäude ermöglicht.

Damit werden im Bereich der Mieter erstmals nennenswerte Maßnahmen für das Energy Sharing (Energieteilen) festgesetzt. Energy Sharing sollte jedoch nicht nur für Mieter möglich werden, sondern für alle, einschließlich Hausbesitzer untereinander, ganze Quartiere oder Gewerbebetriebe.

Vereinfacht werden auch die Regeln für Balkonsolar: Statt wie bisher zwei Anmeldungen wird in Zukunft lediglich eine stark vereinfachte Anmeldung erforderlich sein. Auf den Einbau eines neuen Zählers muss auch nicht mehr gewartet werden – ein rückwärtslaufender Zähler kann vorübergehend weiterverwendet werden.

Dies sind durchaus wichtige Neuerungen, wenn sie denn so alle den Bundestag passieren und dann 2024 in Kraft treten.

Der Bundestag kann noch viel am Solarpaket verbessern

Der Bundestag hat mit diesem Solarpaket im Herbst wieder eine Herkulesaufgabe vor sich. Um den Solarausbau so stark zu beschleunigen, wie es der Klimaschutz erfordert, sollte er sich an folgenden Leitlinien orientieren:

Keine neuen Deckel. Der Deckel für Freiflächen von 80 GW bis 2030 muss wieder aus dem Gesetzesentwurf gestrichen werden.
Es sollte eine feste Einspeisevergütung für Agri-PV, Parkplatz-PV, Floating-PV und Moor-PV eingeführt werden, statt sie nun in lähmende und bürgerenergiefeindliche Ausschreibungen zu zwingen.
Einführung des Energy Sharings für alle, wie es die EU Richtline RED II schon seit 2021 auch für Deutschland fordert. Es ist gut, dass der SPD Bundestagabgeordnete Timo Gremmels genau dies schon für die Bundestagsberatungen gefordert hat, wie es der Tagesspiegel Background berichtete. Er braucht viel Unterstützung dafür.
Unterstützung von systemdienlichen Investitionen wie die Ergänzung der Solaranlagen mit anderen Erneuerbaren Energien und Speichern. Geeignet dafür wäre eine Kombikraftwerksvergütung, die systemdienliche Investitionen dezentral mit den Solarinvestitionen fördern würde.

Vollkommen zu Recht hat auch der BDWE darauf hingewiesen, dass es an Unterstützung für die Integration der Solarenergie in die Netze fehlt. „Neben dem Ausbau regenerativer Stromerzeugung sieht der BDEW eine besondere Herausforderung bei der notwendigen Netzintegration der Photovoltaik-Anlagen. Bereits heute geraten auch die Verteilnetze, an die nahezu 100 Prozent der Photovoltaik-Anlagen angeschlossen sind, zunehmend an ihre technischen Grenzen und stehen vor fundamentalen Herausforderungen.“

Der Bundestag muss also endlich auch die Systemintegration der Erneuerbaren Energien fördern. Das Solarpaket sollte dafür genutzt werden. Bisher ist nichts dazu vorgesehen.

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