Aus für nationale Alleingänge: AFIR macht Anpassung des Ladesäulenrechts zwingend

Neuausrichtung des Ladesäulenrechts: EU-Vorgaben verlangen rechtssichere, praxisgerechte und entschlossene nationale Umsetzung

Mit der Geltung der Verordnung (EU) 2023/1804 über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR, Alternative Fuels Infrastructure Regulation) wird seit dem 13. April 2024 ein umfassend harmonisierter Rechtsrahmen für öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur in der gesamten Europäischen Union geschaffen. Die AFIR ersetzt die Richtlinie 2014/94/EU (AFID, Alternative Fuels Infrastructure Directive) und legt unmittelbar verbindliche – technische, organisatorische und nutzerbezogene – Anforderungen fest. Im Zentrum stehen einheitliche Standards für Stecker und Schnittstellen, die verpflichtende digitale Vernetzung, transparente Informationen für Nutzerinnen und Nutzer sowie Regelungen zur Authentifizierung, Zahlung und Interoperabilität.

Damit ist die bisherige deutsche Ladesäulenverordnung (LSV), deren Grundlage im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verankert ist, in vielen Regelungsbereichen überholt. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts bedeutet, dass nationale Vorschriften, die mit der AFIR kollidieren, automatisch unanwendbar werden. Eine rechtliche Fortgeltung der bisherigen LSV ohne Anpassung würde nicht nur gegen Europarecht verstoßen, sondern auch zu einem gefährlichen Regelungsvakuum führen. Für Betreiber, Behörden, Hersteller und Endnutzer entstünde erhebliche Rechtsunsicherheit.

Die Neuordnung ist jedoch weit mehr als eine formale Anpassung. Sie bietet die Gelegenheit, die nationalen Vorschriften strukturell und inhaltlich weiterzuentwickeln, an moderne technologische Standards anzupassen und bürokratische Belastungen gezielt abzubauen. Unumgänglich ist die Ergänzung der Anforderungen der LSV um technische Vorgaben der AFIR sowie das Vorantreiben digitaler Datenverarbeitung und -vernetzung.

Durch Digitalisierung kann die Reform klare wirtschaftliche Vorteile schaffen.

Aber auch energiepolitisch ist die Reform ein zwingender Schritt: Die Ladeinfrastruktur ist das Rückgrat der Elektromobilität – und damit eine zentrale Säule der Verkehrswende. Ohne verlässliche, nutzerfreundliche und einheitliche Lademöglichkeiten droht der stockende Markthochlauf batterieelektrischer Fahrzeuge.

Ein verlässlicher Rechtsrahmen ist dafür Grundvoraussetzung. Nur wenn Investoren, Kommunen und Anbieter auf klare, durchsetzbare und rechtssichere Standards vertrauen können, wird der Ausbau zügig und bedarfsgerecht erfolgen. Die AFIR liefert hierfür den einheitlichen Rahmen – die nationale Umsetzung muss diesen konsequent aufgreifen, ohne neue Hürden zu schaffen.

Technologieoffenheit darf in diesem Zusammenhang nicht als Synonym für Verzögerung oder Passivität missverstanden werden. Die Reform richtet sich nicht gegen künftige alternative Antriebe, sondern stellt sicher, dass die bereits marktverfügbaren Lösungen wie die batterieelektrische Mobilität jetzt verlässlich funktionieren. Eine stabile, rechtsklare und digital vernetzte Ladeinfrastruktur ist dabei keine Option, sondern eine Voraussetzung.

Der Bundesgesetzgeber ist daher gefordert, die unionsrechtlich gebotene und inhaltlich sinnvolle Anpassung entschlossen und zügig umzusetzen. Die Verkehrswende kann nur gelingen, wenn regulatorische Rahmenbedingungen mit dem technologischen Fortschritt Schritt halten – und der Ausbau der Infrastruktur nicht an rechtlichen Unsicherheiten oder bürokratischen Altlasten scheitert.

 

LEE Sachsen e. V.
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Neue THG-Quotenregelung – Fortschritt auf dem Papier, Realität unter Vorbehalt

Sehr geehrte Mitglieder, Partnerinnen und Partner des LEE Sachsen,

mit Datum vom 19. Juni 2025 hat das Bundesumweltministerium den Referentenentwurf für ein zweites Gesetz zur Weiterentwicklung der THG-Quote veröffentlicht.

Ziel ist eine ambitionierte Fortsetzung der Treibhausgasminderungsverpflichtungen im Verkehrssektor unter Umsetzung der europäischen RED III-Richtlinie. Dabei sollen insbesondere erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs – etwa grüner Wasserstoff oder synthetische E-Fuels – massiv gefördert werden. Zugleich treten weitreichende Restriktionen für klassische Biokraftstoffe in Kraft.

Was ändert sich konkret?

Das Gesetz sieht unter anderem vor:

  • Eine lineare Erhöhung der THG-Quote bis 2040 auf 53 %, was einem Anteil von über 77 % erneuerbarer Energien im Verkehr entsprechen soll.
  • Einführung einer gesonderten Mindestquote für E-Fuels und andere erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs, ab 2026 stufenweise ansteigend bis auf 12 % im Jahr 2040.
  • Ausschluss zahlreicher Rohstoffe von der Anrechenbarkeit – etwa Sojaöl, Palmöl und deren Produktionsreste.
  • Wegfall der Doppelanrechnung für fortschrittliche Biokraftstoffe.
  • Einführung einer Unionsdatenbank zur durchgängigen Rückverfolgbarkeit und strengere Anforderungen an Zertifizierungsstellen.
  • Neuer Abgabenmechanismus bei Nichterfüllung – mit empfindlichen Strafbeträgen bis zu 17.000 €/Tonne bei synthetischen Flugkraftstoffen.

Ein Fortschritt mit Fragezeichen.

So ambitioniert die politischen Ziele erscheinen mögen, so kritisch ist ihr regulatorischer Unterbau zu hinterfragen. Die Gesetzesnovelle operiert mit zahlreichen Verpflichtungen, Kontrollmechanismen und technischen Bedingungen, deren praktische Umsetzbarkeit – insbesondere auf internationaler Ebene – keineswegs gesichert erscheint. Gerade der europaweite Flugkraftstoffmarkt, der durch die ReFuelEUAviation-Verordnung adressiert wird, dürfte sich als Achillesferse erweisen. Die Vorstellung, dass Anbieter von Kerosin oder E-Fuels in einem liberalisierten Luftverkehrsmarkt flächendeckend THG-Quoten erfüllen und dabei auch noch nationale Zertifizierungs- und Kontrollstandards akzeptieren, steht in einem eklatanten Spannungsverhältnis zu den realen Marktmechanismen der internationalen Luftfahrt. Freier Wettbewerb kontra Quotenregime. Die Luftverkehrswirtschaft – insbesondere auf Interkontinentalstrecken – ist geprägt von einem harten Wettbewerb und internationalen Angebotsketten. Wenn nun deutsche oder europäische Flugkraftstoffanbieter mit hohen Kosten für E-Fuels oder synthetischen Wasserstoff konfrontiert werden, während Drittstaatenanbieter weiterhin fossile Kraftstoffe zu günstigeren Konditionen vertreiben, drohen Marktverzerrungen, Wettbewerbsnachteile – und vor allem: ein systemisches Ausweichen. Denn anders als im Straßenverkehr ist im Luftverkehr die Tankstelle global – sie kann problemlos verlagert, umflogen oder umgangen werden. Die vorgesehene THG-Abgabe mag formal durchsetzbar sein – wirtschaftlich jedoch steht zu befürchten, dass sie keine Steuerungswirkung entfaltet, sondern schlicht zu Verkehrsverlagerungen und Emissionsauslagerungen führt.

Was bedeutet das für die erneuerbaren Energien in Sachsen? Für die sächsische Energie- und Wasserstoffwirtschaft eröffnet der Entwurf grundsätzlich neue Chancen: Die verstärkte Nachfrage nach nicht biogenen Kraftstoffen könnte langfristig Investitionsanreize für Power-to-X-Anlagen oder regionale Wasserstoffproduktion setzen. Allerdings bedarf es hierfür nicht nur ambitionierter Zielmarken, sondern auch:

  • verlässliche Investitionsbedingungen,
  • international anschlussfähige Zertifizierungsstrukturen,
  • sowie realistisch ausgestaltete Quotenmechanismen, die nicht am Markt vorbei konstruiert sind.

 

Unser Fazit

Die Novelle zur Weiterentwicklung der THG-Quote ist ein Schritt in Richtung einer klimaneutralen Verkehrswirtschaft – sie setzt richtige Akzente, etwa mit dem Ausschluss problematischer Biokraftstoffe und der Förderung synthetischer Alternativen. Zugleich bleibt fraglich, ob die hochkomplexe nationale Regelungsarchitektur tatsächlich internationale Wirkung entfalten kann – oder ob sie in einem liberalisierten Kraftstoffmarkt schlicht verpufft. Insbesondere im Luftverkehr drohen die europäischen Quoten und Sanktionssysteme von marktmächtigen internationalen Akteuren durchkreuzt zu werden – eine Herausforderung, die nur mit globalen Vereinbarungen gelöst werden kann.

Wir bleiben für Sie an der Thematik dran – und setzen uns dafür ein, dass die Erneuerbaren Energien nicht durch Überregulierung gehemmt, sondern durch kluge Rahmensetzung gefördert werden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Prof. Dr. Martin Maslaton

Prof. Dr. Martin Maslaton
Vorstandsvorsitzender LEE Sachsen e. V.
Resort Luftverkehr
 
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Die Energiewende schreitet voran – haben PV-Anlagen ohne Batteriespeicher noch eine Zukunft?

Die Energiewende in Deutschland schreitet voran – und damit wächst auch der Anteil der Solarstromerzeugung stetig. Während im Jahr 2022 der maximale monatliche Anteil der solaren Stromerzeugung an der Nettostromerzeugung noch bei 20,3 % lag, waren es im Jahr 2024 bereits 28,3 % und im Jahr 2025 bisher sogar 31,3 % [1].

 

Mit dem steigenden Anteil an Solarstrom sinkt jedoch der sogenannte Marktwert Solar – also der durchschnittliche Preis, den Solarstrom am Strommarkt erzielt. Vergleicht man den allgemeinen durchschnittlichen Marktwert (siehe Bild 1) mit dem spezifischen Marktwert für Solarstrom (siehe Bild 2), zeigen sich insbesondere in den Jahren 2024 und 2025 folgende Entwicklungen:

  1. Der Marktwert Solar sinkt vor allem in den Monaten von Frühling bis Herbst deutlich und erreichte im April 2025 mit 3,04 ct/kWh einen historischen Tiefstand.
  2. Der allgemeine durchschnittliche Marktwert hingegen ist weniger stark vom Solarstrom beeinflusst und sank im Jahr 2025 beispielsweise nur halb so stark wie der Marktwert Solar.

Diese sinkenden Erlöse für Solarstrom sind besonders wichtig im Hinblick auf die Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Denn über die sogenannte Marktprämie wird die Differenz zwischen dem anlagenspezifischen anzulegenden Wert und dem tatsächlichen Marktwert Solar ausgeglichen. Dadurch konnte in der Vergangenheit die Wirtschaftlichkeit und Refinanzierung von Solaranlagen sichergestellt werden – ein Aspekt, der bei weiter sinkenden Marktwerten immer mehr unter Druck gerät.

 

Bild 1: Durchschnittlicher Marktwert
Bild 2: Durchschnittlicher Marktwert Solar

Der Einfluss von Solarstrom auf die Strompreise an der Börse lässt sich besonders gut in sogenannten Heatmaps erkennen. Diese zeigen deutlich: Von Frühling bis Herbst sowie zwischen Vormittag und Nachmittag führt die starke solare Erzeugung zu einem spürbaren Rückgang der Strompreise.

Auffällig ist auch, dass die Anzahl negativer Strompreise stark zunimmt – also Zeiten, in denen Stromüberschuss herrscht und Erzeuger Geld dafür zahlen müssen, dass ihr Strom abgenommen wird. Dieser Effekt wird hauptsächlich durch die Solarstromproduktion verursacht und tritt inzwischen nicht mehr nur am Wochenende, sondern auch unter der Woche auf. Das hat zur Folge, dass Anlagen häufiger abgeregelt werden müssen.

Im Gegensatz dazu steigen die Strompreise in den Morgen- und Abendstunden, wenn wenig oder kein Solarstrom erzeugt wird. Dann erreichen die Preise oft 15 bis 20 ct/kWh.

 

Bild 3: Heatmap der Börsenstrompreis im DayAhead-Markt im Jahr 2024 [3]

Was bedeutet das für die Refinanzierbarkeit?

Sehr niedrige oder sogar negative Strompreise an der Börse stellen für Betreiber von erneuerbaren Energieanlagen ein Problem dar – insbesondere mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit und Refinanzierbarkeit der Anlagen. Negative Preise entstehen, wenn das Stromangebot – vor allem durch erneuerbare Energien – die Nachfrage übersteigt. In Verbindung mit der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) (z. B. über die Marktprämie oder Einspeisevergütung) und der Tatsache, dass viele kleine PV-Anlagen nicht abschaltbar sind, kann es zu einer Überproduktion kommen.

Wenn der Börsenstrompreis über einen Zeitraum von sechs Stunden oder mehr bei null oder darunter liegt, dann entfällt für größere Anlagen in diesem Zeitraum die Marktprämie. Das bedeutet: Keine EEG-Förderung für diese Stunden – die finanzielle Absicherung greift nicht mehr, was die Refinanzierung der Anlage deutlich erschwert.

Die Heatmap in Bild 3 macht außerdem deutlich, dass es dem Energiesystem an Flexibilität fehlt. Der Börsenstrompreis zeigt hier, wo Anreize für flexible Stromnutzung – etwa durch verschiebbare Lasten oder Stromspeicher – vorhanden sind.

Besonders im Bereich Batteriespeicher wird aktuell viel diskutiert. Manche sprechen bereits von einem „Batterie-Tsunami“, der auf Deutschland zukommt. Dieser wird vor allem durch zwei Faktoren begünstigt:

  • Attraktive Arbitragemöglichkeiten an den Strommärkten (also günstiger Strombezug und teurer Verkauf zu einem späteren Zeitpunkt)
  • Sinkende Kapazitätskosten von Batteriespeichern, die deren Einsatz wirtschaftlich immer interessanter machen

Zwischen 2022 und 2025 sind die Kosten für Batteriespeicher um rund 40 % gesunken [4]. Schon im Jahr 2025 wird erwartet, dass deutsche Batteriehersteller ihre Speicher zu einem Kapazitätspreis von 150 bis 250 €/kWh anbieten können. Gleichzeitig erzielen Batteriespeicher auf dem Markt beachtliche Einnahmen: In der klassischen Vermarktung über die Strombörse (standalone) liegt der Jahresumsatz bei etwa 80.000 €/MWh, In der kombinierten Vermarktung (Strombörse + Regelleistung, sogenannte cross-market Optimierung) sind es sogar rund 170.000 €/MWh. Das bedeutet: Batteriespeicher können sich bereits nach nur 2 bis 3 Jahren vollständig refinanzieren – ein wirtschaftlich sehr attraktives Modell.

 

Alleiniger Netzanschluss oder gemeinsame Nutzung mit PV-Anlage?

In der Praxis ist die Integration von Batteriespeichern ins Energiesystem oft deutlich komplizierter als gedacht – vor allem bei Großbatteriespeichern. Diese haben häufig mit fehlenden Netzanschlüssen, langen Bearbeitungszeiten bei Netzbetreibern und Vorbehalten zu kämpfen. Einfacher ist die Integration, wenn die Speicher gemeinsam mit bestehenden PV-Anlagen betrieben werden – sogenannte colocated-Batteriespeicher. Hier nutzen Batterie und PV-Anlage denselben Netzanschluss. Das hat mehrere Vorteile:

Die Genehmigung erfolgt schneller und Vorbehalte der Netzbetreiber lassen sich abbauen.

Der Netzanschluss wird gezielt überbaut, das heißt: Die kombinierte Leistung von PV und Speicher liegt über der eigentlich vereinbarten Netzanschlussleistung.

Für die Vermarktung solcher Systeme gibt es verschiedene Modelle, zum Beispiel:

  • Projektumsetzung im Rahmen einer Innovationsausschreibung [5]
  • Projektumsetzung im Sinne einer Standalone-Vermarktung, bei der der Speicher auch Strom aus dem Netz bezieht
  • Projektumsetzung mit PV-Shifting des Batteriespeichers

Solche Modelle werden meist für Batteriespeicher ab einer Leistung von 100 kW eingesetzt.

 

 

Wie kann Energiekoppler unterstützen?

Energiekoppler ist Anbieter von Virtuellen Kraftwerken und übernimmt damit eine zentrale Schnittstellenfunktion zwischen Direktvermarktern, Flexibilitätsvermarktern und den steuerbaren Anlagen (Assets). Dadurch spielen wir eine Schlüsselrolle bei der Integration und Vermarktung von Anlagen.

Wir arbeiten eng mit führenden Direkt- und Flexibilitätsvermarktern wie z.B. SUENA, Flexpower, Enspired oder Entrix zusammen. So können wir eine schnelle und reibungslose Anbindung der Anlagen und deren Vermarktung sicherstellen.

Darüber hinaus übernehmen wir zunehmend Aufgaben klassischer Energiemanagementsysteme, insbesondere wenn es um die Vermarktung von behind-the-meter Flexibilitäten geht – also Flexibilitätspotenzialen, die sich hinter dem Netzanschlusspunkt befinden, etwa bei Gewerbe- oder Industriekunden.

 

Quellen:

[1] https://www.energy-charts.info/charts/renewable_share/chart.htm?l=de&c=DE&share=solar_share_total&year=2025&legendItems=01 (Abrufdatum 02.06.2025)

[2] https://www.netztransparenz.de/de-de/Erneuerbare-Energien-und-Umlagen/EEG/Transparenzanforderungen/Marktpr%C3%A4mie/Marktwert%C3%BCbersicht (Abrufdatum: 02.06.2025)

[3] https://www.energy-charts.info/charts/price_heatmaps/chart.htm?l=de&c=DE&year=2024 (Abrufdatum: 02.06.2025)

[4] https://www.gs.de/de/articles/energiewende-die-preise-fuer-elektrobatterien-fallen-schneller-als-erwartet (Abrufdatum: 02.06.2025)

[5] https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Ausschreibungen/Innovation/start.html

Irina Weis
Mitglied LEE Sachsen e. V.
 
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Was bringt der Koalitionsvertrag den erneuerbaren Energien in Sachsen?

Koalitionsvertrag und die Energiewende in Sachsen: Zwischen Aufbruch und Altlasten

Der LEE Sachsen begrüßt die energiepolitischen Ambitionen des Koalitionsvertrags (Rz. 896–1150), sieht aber zugleich erhebliche Lücken bei der regionalen Umsetzung. Während einige Maßnahmen Sachsens Stärken in der dezentralen Energieversorgung nutzen könnten, drohen strukturelle Herausforderungen den Fortschritt zu bremsen.

 

Sachsens Chancen: Tradition trifft Innovation

1. Biogas aus der Oberlausitz – Vom Kohlerevier zur Bioökonomie
Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Förderung von Biogas trifft in Sachsen auf bestehende Strukturen:
• Über 150 landwirtschaftliche Biogasanlagen, wie die Anlage Rietschen, versorgen bereits heute Gemeinden mit grüner Wärme.
• Die sächsische „Bioökonomie-Strategie“ zielt darauf ab, Reststoffe aus der Land- und Forstwirtschaft verstärkt energetisch zu nutzen – ein Modell mit bundesweitem Vorbildcharakter. „Hier verbindet sich ländliche Tradition mit moderner Klimapolitik“, so Dr. Lena Hartmann, Energieexpertin des LEE Sachsen.
2. Solarboom mit sächsischer Technologie
Die geplante Solaroffensive des Bundes könnte Sachsens PV-Industrie stärken:
• Unternehmen wie Solarwatt (Dresden) und NexWafe (Freiberg) entwickeln hocheffiziente Solarmodule und Recyclingtechnologien.
• Pilotprojekte wie Agri-PV in Nossen zeigen, wie Landwirtschaft und Energieerzeugung symbiotisch genutzt werden können.
3. Wasserstoff-Lausitz: Vom Braunkohle- zum H2-Revier
Der Koalitionsvertrag setzt auf grünen Wasserstoff – ein Thema, das in der Lausitz bereits Fahrt aufnimmt:
• Der Energiepark Schwarze Pumpe testet die Integration von Wasserstoff in bestehende Industrie-Infrastrukturen.
• Die Wasserstoff-Allianz Mitteldeutschland vernetzt sächsische Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer IWU Chemnitz mit regionalen KMUs.
4. Energiegenossenschaften als Rückgrat der Dezentralität
Sachsen ist Heimat von über 30 Energiegenossenschaften, darunter die Energiegenossenschaft Leipzig, die Mieterstromprojekte in Plattenbauten realisiert. Der Koalitionsvertrag betont zwar die Rolle dezentraler Akteure, lässt aber konkrete Förderinstrumente vermissen.

Herausforderungen: Strukturschwäche und Bürokratie

1. Abwanderung vs. Energiewende
In Regionen wie dem Vogtland oder der Sächsischen Schweiz erschwert die demografische Schieflage den Ausbau erneuerbarer Infrastrukturen.
Beispiel: Die geplante Geothermie-Anlage in Bad Schlema stockt, weil Fachkräfte und Investoren fehlen.

2. Finanzierungslücken bei Kommunen
Obwohl der Koalitionsvertrag „klimagerechte Stadtentwicklung“ fordert, fehlen Mittel für:
• die Sanierung von Plattenbau-Wärmenetzen in Dresden-Gorbitz.
• die Umrüstung von Schwimmbädern wie dem Nordbad Leipzig auf Solarthermie.
3. Genehmigungsdilemma
Während der Koalitionsvertrag „beschleunigte Verfahren“ verspricht, dauert die Genehmigung einer Biomasse-Anlage im Erzgebirge derzeit bis zu 18 Monate – ein Hemmnis für die Wärmewende im ländlichen Raum.

 

Sachsen-spezifische Forderungen des LEE Sachsen
1. „Sächsischer Wärmefonds“
Ein Landesprogramm zur Finanzierung von Nahwärmenetzen in strukturschwachen Kommunen.
2. Forschungs-Offensive
Stärkung des CleanTech-Campus Freiberg für Wasserstoff- und Speichertechnologien.
3. Bürokratieabbau jetzt
Einführung eines „Energie-Beschleunigungsgesetzes“ für Sachsen, um Genehmigungen auf 6 Monate zu begrenzen.

 

Ambivalente Bilanz: Licht und Schatten
„Der Koalitionsvertrag erkennt die Bedeutung der Wärmewende und grüner Technologien an. Doch ohne sachsenspezifische Lösungen für Finanzierung, Bürokratie und den ländlichen Raum bleibt er Stückwerk“, resümiert Hartmann.

 


Der LEE Sachsen e. V. vertritt Unternehmen und Institutionen der Erneuerbare-Energien-Branche in Sachsen und setzt sich für eine klimaverträgliche, regionale Energieversorgung ein.

Statistischer Hintergrund: Sachsens Anteil erneuerbarer Energien (2023): 28 % am Bruttostromverbrauch (Bundesdurchschnitt: 46 %). Potenzial bis 2030: Laut sächsischem Energie- und Klimaprogramm könnte der Anteil auf 65 % steigen – vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen.

Hinweis: Diese Meldung ist frei zur Veröffentlichung – Belegexemplar erbeten.

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2-%-Flächenziel für Windenergie in Sachsen nicht verhandelbar

2-%-Flächenziel für Windenergie in Sachsen nicht verhandelbar – Landesverband der Erneuerbare-Energien-Branche weist Vorstoß von Staatsministerin Kraushaar entschieden zurück

Mit großer Besorgnis reagiert der LEE Sachsen und Vertreter der sächsischen Erneuerbare-Energien-Branche auf die jüngsten Äußerungen der Staatsministerin Regina Kraushaar. In einer öffentlichen Erklärung hatte sie die Umsetzung des bundesgesetzlich normierten 2-%-Flächenziels für Windenergieflächen nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) als für Sachsen „schwer umsetzbar“ bezeichnet und sich gleichzeitig für eine technologieoffene Strategie ausgesprochen.

„Die Ampel-Regierung hatte den Ländern in der letzten Legislaturperiode mit dem Wind-an-Land-Gesetz starre Flächenziele für den Ausbau erneuerbarer Energien vorgegeben. Bis 2032 müssen danach insgesamt 2 % der Landesfläche für Windenergie ausgewiesen werden. Bei uns in Sachsen ist diese Regelung schwer umsetzbar, weil wir ein dicht besiedeltes Land mit teilweise ungünstiger Topographie sind. In meinen Gesprächen vor Ort höre ich darüber hinaus immer wieder, dass die Bevölkerung übermäßige Belastungen bei der Umsetzung des starren Flächenziels befürchtet“, so Kraushaar.

Diese Einlassung ist nicht nur energiepolitisch fahrlässig, sondern auch rechtlich und wirtschaftlich bedenklich. Die Festlegung auf das 2-%-Ziel wurde im WindBG als verbindliches Planungsziel aufgenommen – mit breiter Zustimmung der Bundesländer im Bundesrat. Es handelt sich dabei um kein starres, sondern ein rechtsstaatlich abgesichertes, zielgerichtetes Steuerungsinstrument, das den Ländern zugleich einen hinreichenden planerischen Spielraum lässt.

„Das Windenergieflächenbedarfsgesetz stellt einen verfassungsrechtlich legitimen, planungsrechtlich ausgewogenen und energiepolitisch zwingend erforderlichen Mechanismus dar, um Planungssicherheit und Investitionsbereitschaft zu sichern. Wer diese Zielvorgaben relativiert, gefährdet nicht nur den weiteren Ausbau der Windenergie, sondern auch die wirtschaftliche Zukunft des Industriestandortes Sachsen.“ – Prof. Martin Maslaton, LEE Sachsen

Technologieoffenheit darf nicht als Ausweichstrategie zur Verhinderung realisierbarer Klimaschutzmaßnahmen missbraucht werden. Der pauschale Verweis auf zukünftige oder spekulative Technologien wie etwa sogenannte „schnelle Brüter“, Fusionsreaktoren oder Wasserstoffwirtschaft ohne Grundlage im gegenwärtig Machbaren, war bereits in der Vergangenheit mit erheblichen energiepolitischen Fehlentwicklungen verbunden.

„Der Windkraftausbau in Sachsen ist eine wirtschaftliche Notwendigkeit – keine ideologische Option. Unternehmen aus allen Industrie- und Mittelstandsbereichen brauchen stabile, langfristig planbare und kostengünstige Energiequellen – das kann nur durch eine ehrgeizige Umsetzung des 2-%-Ziels gelingen.“ So Maslaton weiter.

Auch juristisch darf daran erinnert werden: Im kooperativen Föderalismus kann die Zielverfehlung einzelner Länder zu einer nicht gleichmäßigen Lastenverteilung führen – was sowohl gegen das bundesstaatliche Solidaritätsprinzip als auch gegen Gleichheitsgrundsätze aus Art. 3 GG verstoßen kann. Sachsen droht sich damit ins klimapolitische und wirtschaftliche Abseits zu stellen.

Wir fordern daher die sächsische Staatsregierung und insbesondere Frau Staatsministerin Kraushaar auf, den gesetzlich fixierten Verpflichtungen nachzukommen, anstatt sie zu relativieren. Der Transformationsprozess der Energieversorgung duldet
keine weiteren Verzögerungen. Sachsen darf nicht zum weißen Fleck auf der Energiewende-Landkarte werden.

Prof. Dr. Martin Maslaton
Vorstandsvorsitzender LEE Sachsen e. V.
 
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