Markus Söder beim Wirtschaftsempfang in Hammelburg – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien
Der Landkreis Bad Kissingen veranstaltete einen Tag nachdem auch von der CSU die Brandmauer gegen die AfD im Bundestag niedergerissen wurde, einen Wirtschaftsempfang mit dem CSU-Vorsitzenden und Bayerischen Ministerpräsident Markus Söder in meiner Heimatstadt Hammelburg. (s. Mainpost)
Landrat Thomas Bold (CSU) hatte als Leiter einer staatlichen Behörde eingeladen. Gesponsort wurde die Veranstaltung von Wirtschaftsunternehmen aus der Region. Als geladene Redner traten nur CSU-Mitglieder auf, Redner aus anderen Parteien waren nicht auf der Tagesordnung. Auch in der Berichterstattung des Landratsamtes gab es ein Gruppenfoto ausschließlich nur mit CSU-Vertretern. (s. Landkreis Bad Kissingen)
Damit wurde diese Veranstaltung einer zur parteipolitischen Neutralität verpflichteten staatlichen Behörde zu einer reinen CSU-Wahlkampfveranstaltung in der Hochphase des laufenden Bundestagwahlkampfes.
Geladen waren 250 Gäste.
Obwohl ich knapp 10 Jahre Stadtrat in Hammelburg und Kreisrat in Bad Kissingen, 15 Jahre lang den Kreis Bad Kissingen im Bundestag vertreten hatte und der einzige lebende Ehrenbürger der Stadt Hammelburg bin, bekam ich keine Einladung. Aber das bin ich seit Jahrzehnten gewohnt.
Keine Debatte zur gemeinsamen Abstimmung der CSU mit Rechtsradikalen im Bundestag
Auf der Veranstaltung traute sich offensichtlich niemand, den Dammbruch der CSU im Bundestag anzusprechen. Trotz des klaren Kalküls, dass eine Mehrheit nur mit der in Teilen rechtsradikalen AFD erreicht werden kann, setzten CDU/CSU ihren Entschließungsantrag auf die Tagesordnung und gewannen die Abstimmung mit den Stimmen der in Teilen rechtsradikalen AfD.
Ausgerechnet am Tag der 80 Jahre Gedenkfeier im Bundestag für die 1,1 Millionen Opfer der Nazis im Konzentrationslager Auschwitz machten CDU/CSU gemeinsame Sache mit der AfD.
Dabei vertritt die Partei AfD nach Recherchen der Jugendstrategie der Bundesregierung „ohne Scham in der Öffentlichkeit rassistische, antisemitische und Holocaust verleugnende Aussagen“. (s. Jugendstrategie der Bundesregierung)
Innerhalb von wenigen Stunden konnten wir im kleinen Hammelburg etwa 100 Demonstranten mobilisieren, die gegen die Kooperation der CSU mit der in Teilen verfassungsfeindlichen AFD protestierten.
Bundesweit sind in den Tagen nach dieser historischen Abstimmung im Bundestag mehrere Hunderttausend Menschen aus Protest gegen die offensichtliche Taktik der CDU/CSU, die Stimmen der AfD für ihre politischen Ziele zu nutzen, auf die Straße gegangen.
Söder polemisierte in seiner Rede gegen die Grünen und andere politische Gegner
Wie die Main-Post ausführlich berichtete, nutzte Söder die aus öffentlichen und privaten Geldern finanzierte Veranstaltung mit seiner bekannten und klaren Polemik gegen die politischen Kontrahenten. Insbesondere beschimpfte er erneut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) als nicht kompetent und lästerte gegen Gesundheitsminister Lauterbach. Von Achtung und Anstand in einer sachlichen Auseinandersetzung mit anderen demokratischen Parteien keine Spur mehr.
Bayerisches Kabinett beschließt insgeheim Aufweichung der bayerischen Klimaziele
Dabei fällt die Inkompetenz in Wirtschafts- und Energiefragen auf Söder selbst zurück.
Um den Energiebedarf zu decken und Kosten zu senken, möchte Söder Atomkraftwerke „wo es geht reaktivieren“ und das Bohren nach Gas ermöglichen, sagte er laut Main-Post auch wieder in Hammelburg.
Dass neue Erdgasbohrungen höchst klimaschädlich sind, ficht den Ministerpräsidenten offensichtlich nicht an. Klimaschutz interessiert ihn scheinbar nicht mehr, im Gegenteil, er heizt mit seinen Vorstellungen die Welttemperatur mächtig mit auf. So hat es offensichtlich gar einen geheimen Kabinettsbeschluss gegeben, wonach die sowieso schon unzulänglichen bayrischen Klimaziele nach hinten verschoben werden sollen.
Martin Stümpfig, energiepolitischer Sprecher der Grünen im bayerischen Landtag, deckte dies kürzlich auf.
Atomkraft ist nicht bezahlbar, so der französische Rechnungshof in einer umfangreichen Analyse
Wie absurd Söders Atomphantasien als Energiekostensenker sind, hat kürzlich der französische Rechnungshof in einer umfangreichen Analyse widerlegt. Demnach warnt der Rechnungshof den französischen Präsidenten Macron eindringlich vor dem Baubeginn von sechs neu geplanten Atomkraftwerken im Jahr 2026.
Die Atomkraft sei schlicht zu teuer und würde die in der EU schon höchste Staatsverschuldung Frankreichs weiter massiv nach oben treiben. Ohne eine klare Finanzanalyse sei der Neubau von Atomkraftwerken in Frankreich nicht verantwortbar.
Doch Söder will gar bayrische Staatsmittel bereitstellen, um sich an den sündteuren und hochverschuldeten französischen Atomkraftwerken des Typs EPR zu beteiligen.
Statt billiger Energie gäbe es dann auch in Bayern horrente neue Verschuldung nach französischem Vorbild.
Die Tschechische Zeitung Ekonomický deník analysierte den französischen Bericht genauer und kommt u.a zu folgender Analyse, die leicht mit im Internet verfügbaren Programmen übersetzt werden kann:
Flamanville 3 ist das Paradebeispiel für sündteuren Atomstrom
Der französische Rechnungshof berechnete die Gesamtkosten des gerade an das Netz angeschlossenen Atomkraftneubaus in Flamanville, einschließlich der Finanzierungskosten, auf 23,7 Milliarden Euro. Gleichzeitig beklagte er sich über die Zurückhaltung von EDF, Daten zur erwarteten Rentabilität des Blocks Flamanville 3 bereitzustellen. Der Rechnungshof aber schätzt selbst, dass bei einer Rentabilitätsrate von 4 Prozent und einer Auslastung von 85 Prozent das Kraftwerk einen Preis von 12 Cent/kWh benötigen wird, damit sich die Investition lohnt. Bei einer Rentabilität von 7 Prozent müsste der Stromverkaufspreis 17,6 Cent/kWh betragen.
Somit ist klar, dass das vor über 30 Jahren in Frankreich angekündigte Neubauprogramm mit einem eigenen European Pressure Reactor (EPR) schon mit dem ersten ans Netz gegangenen Reaktor nur ein finanzielles Desaster ist.
Zum Vergleich:
Die Stromgestehungskosten für Erneuerbare Energien liegen deutlich unter denen der Atomkraft. Bei Onshore-Windenergieanlagen lagen sie laut dem Fraunhoferinstitut ISE im Jahr 2024 in Deutschland zwischen 4,3 und 9,2 €Cent/kWh.
Die Kosten der Stromerzeugung von PV-Anlagen variieren laut Studie je nach Anlagentyp und Sonneneinstrahlung zwischen 4,1 und 14,4 €Cent/kWh. (s. IWR)
Laut Analyse des Rechnungshofes steigen auch die Kosten für andere EPR-Reaktoren ständig.
So verteuert sich der Bau des britischen Atomkraftwerks Hinkley Point C mit zwei 1650-Megawatt-EPR-Reaktoren. Nach der jüngsten Schätzung aus dem vergangenen Jahr betragen die Kosten in laufenden Preisen bereits 46,5 Milliarden Pfund. Auch die Bauzeit wird ständig verlängert, die ersten Anlagen werden voraussichtlich erst 2030 in Betrieb gehen. Der geplante Bau des Kraftwerks Sizewell C, das sich derzeit in der Vorbereitungsphase befindet, könnte laut Rechnungshof ebenfalls ähnlich schlimm enden.
„Zusätzliche Baukosten und Unsicherheiten hinsichtlich der Rentabilität der EPR-Einheiten stellen ein Risiko für den Anteilseigner, also den Staat, dar. Das EPR2-Programm ist weiterhin von Planungsverzögerungen, dem Fehlen einer endgültigen Kostenschätzung und eines Finanzierungsplans gekennzeichnet, während der Französische Atomkonzern EDF nach wie vor sehr hoch verschuldet ist. Der Rechnungshof spricht daher eine neue Empfehlung aus: die endgültige Investitionsentscheidung für das EPR2-Programm abzulehnen, bis seine Finanzierung gesichert ist“, heißt es in dem Bericht des Gerichtshofs.
Alleine aus diesem Bericht des französischen Rechnungshofes wird klar:
Die atompolitischen Vorstellungen des bayrischen Ministerpräsidenten würden nur zu massiven Verteuerungen der bayerischen Stromerzeugung und zu einer Erhöhung der Staatsverschuldung führen. Die bayerische Wirtschaft würde bei solch hohen Strompreisen sicherlich groß aus Bayern abwandern. Die den politischen Gegnern ständig vorgeworfene Inkompetenz in Sachen Wirtschaft liegt also klar beim bayerischen Ministerpräsidenten und der CSU selbst.
Die billige Windenergie wird in Bayern immer nur weit unter den Möglichkeiten ausgebaut.
Die 10-H-Gesetzgebung hat den Ausbau der Windenergie in Bayern blockiert und damit den Ausbau der auch in Bayern günstigsten Stromerzeugung. Wenn Söder hohe Strompreise in Bayern beklagt, ist er selbst für die Ursache der Blockade verantwortlich.
Die auf dem Wirtschaftsgipfel des Landkreises Bad Kissingen geladenen Vertreter hatten offensichtlich nichts zu den atompolitisch inkompetenten Äußerungen des CSU-Vorsitzenden gesagt. Aber so ist das eben in Bayern: Auch wenn der Ministerpräsident offensichtlich Inkompetenz und Unwissenheit versprüht, so widerspricht man dennoch aus Höflichkeit nicht, ansonsten verdirbt man es sich dann mit den CSU-Oberen und muss fürchten bei kommenden Veranstaltungen nicht mehr geladen zu werden.
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