Auch im kommenden Bundestag braucht es viele Abgeordnete, die sich mit Klimaschutz und EEG auskennen – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Die Ampelkoalition ist zerbrochen. Neuwahlen für den Bundestag sollen nun am 23. Februar stattfinden.
Angesichts einer Erdaufheizung, die in diesem Jahr schon das Pariser Ziel von 1,5°C überschreitet (siehe Copernicus-Bericht) und angesichts der damit verbundenen katastrophalen Wetterextreme, müssen Klimaschutz und ein starker Ausbau der Erneuerbaren Energien im Zentrum der Daseinsvorsorge und somit in den politischen Programmen stehen.

Nötig ist, dass nun alle Parteien Kandidaten für den Bundestag aufstellen, die sich engagiert, mit Kompetenz und Erfahrung um einen weiter beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien kümmern. Die Materie des EEG und des Energiewirtschaftsgesetzes ist hochkomplex, weshalb es viel Sachverstand für Klimaschutz und den Ausbau aller Erneuerbaren Energien (Solar, Wind, Wasserkraft, Bioenergie, Geothermie) braucht. Aber vor allem braucht es überhaupt den Willen und das politische Ziel zum Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Wie steht es um den Willen der Parteien zum Ausbau der Erneuerbaren Energien?

Wenn man die Äußerungen des Spitzenpersonals der für den Einzug in den Bundestag aussichtsreichen Parteien anschaut, muss man größte Bedenken haben, dass Klimaschutz und ein beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren Energien im Ziel dieser Parteien ist. Ausnahme sind Bündnis 90/Die Grünen.

Die nach Umfragen stärkste Kraft, CDU und CSU, betont über ihre Vorsitzenden Merz und Söder vor allem den Wiedereinstieg und den Ausbau der Atomkraft (Quelle).

Söder will gar die gesetzlichen Klimaziele schwächen (Quelle).

Die AfD leugnet ganz den menschengemachten Klimawandel (Quelle) und agiert vehement gegen die Erneuerbaren Energien. Sie will wie die FDP die Förderung der Erneuerbaren Energien abschaffen und setzt auf Kohle und Atom (Quelle).

Die BSW will vor allem zurück zum Erdöl und Erdgas aus Russland, was die russische Kriegsfinanzierung stärken würde (Quelle).

Die SPD war in der großen Koalition unter Vizekanzler Scholz treibende Kraft für den Ausbau der Erdgasabhängigkeit von Russland und drückte in der Ampel den Ausbau der LNG-Terminals durch (Quelle). Allerdings gibt es in der SPD auch starke Kräfte, insbesondere um MdB Nina Scheer, Tochter von Hermann Scheer, die sich sachkundig und mit starkem Willen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien einsetzen.

Die FDP hat den Ampelbruch offensiv herbeigeführt mit einem „Wirtschaftswendeprogramm“, das vor allem die Abschaffung der Förderung der Erneuerbaren Energien beinhalten sollte (Quelle).

Bündnis 90/Die Grünen: Die einzige Partei für Erneuerbare Energien

Bei den aussichtsreichen Parteien bleibt nur Bündnis 90/Die Grünen.
So gut wie alle Redner auf dem Bundesparteitag letzte Woche hatten sich für den starken Ausbau der Erneuerbaren Energien, für Klimaschutz und das Ziel einer grünen Wirtschaft eingesetzt. Allen voran die neue Parteivorsitzende Franziska Brantner in einer mitreißenden Rede, die auch mich begeistert hat, sowie der Spitzenkandidat Robert Habeck. Auch Manuela Rottmann, neu als Schatzmeisterin im Bundesvorstand, setzte in ihrer Rede wichtige, sachkundige Akzente.

Weitere Führungskräfte wurden auf dem Bundesparteitag gewählt, die die Bedeutung und die notwendigen Aktivitäten für den Ausbau der Erneuerbaren Energien bestens verstehen und dafür kämpfen. Damit hat sich Bündnis 90/Die Grünen klar als die Partei für Erneuerbare Energien und eine grüne Wirtschaft positioniert. Ihr Spitzenpersonal ist – im Gegensatz zu allen anderen Parteien – ohne Wenn und Aber für Klimaschutz und den Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Daran habe ich keinen Zweifel, auch wenn in der grünen Regierungsbeteiligung Fehlentwicklungen wie der Neubau der LNG-Terminals oder das CCS-Gesetz irritieren. Doch fossile Strategien stehen im Gegensatz zu den Grünen bei allen anderen aussichtsreichen Parteien ganz oben und die Erneuerbare Energien ganz unten.

Solche klaren Bekenntnisse und gehaltvollen Vorschläge wie auf dem letzten grünen Parteitag für Erneuerbare Energien und Klimaschutz habe ich vom Spitzenpersonal der anderen Parteien noch nie gehört.

Der Bundestag ist der Gesetzgeber – nicht die Regierung. Jetzt sind die Parteien gefordert, gute Kandidaten aufzustellen

Hohes Gewicht in der öffentlichen Debatte und Berichterstattung bezüglich der kommenden Politik nimmt die Arbeit der Bundesregierung ein. Über diese und die Personen der Bundesregierung (Kanzler, Minister, Staatssekretäre) finden sich breite Berichterstattungen, Kommentare; die Meinungen der Personen der Bundesregierung gelten viel.
Die Regierungsabgeordneten im Bundestag aber finden wesentlich weniger Raum in der Berichterstattung und öffentlichen Aufmerksamkeit. Dies schafft ein Wahrnehmungsbild, dass die Bundesregierung das alles dominierende Organ der Politik sei. Im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung ist aber gerade die Arbeit der Regierungsabgeordneten entscheidend für den Erfolg einer Regierungskoalition – für erfolgreiche Gesetze und einen guten, ausgewogenen Bundeshaushalt.

Daher ist es besonders wichtig, dass die Parteien jetzt in der Vorbereitung auf die Wahl gute Kandidaten für den Bundestag auswählen. Fachliche und politische Qualitäten zeichnen erfolgreiche Abgeordnete aus. Die Parteien, die eben solche gut qualifizierten Frauen und Männer aufstellen, haben hinterher eine bessere Chance, gute Regierungsarbeit zu machen, wenn sie denn an die Regierung kommen. Für die Parteien ist es also wichtig, auch die fachlichen Qualitäten der Kandidaten zu berücksichtigen.

Bundestag als selbstständiger Gesetzgeber, EEG als Beispiel

Aus dem Bundestag heraus können sogar Gesetze entworfen werden, die auf keinen Regierungsentwurf zurückgehen.
Das EEG ist ein solches Gesetz. Es wurde aus der Mitte des rot-grünen Bundestages entworfen. Ich selbst hatte die ersten Eckpunkte für das EEG-Gesetz formuliert und danach den ersten Entwurf des Gesetzes mit meinen Mitarbeitern erstellt. Im Bundestag wurde dieser EEG-Entwurf dann unter den Regierungsfraktionen verhandelt und zum gemeinsamen Gesetz weiterentwickelt, natürlich in enger Abstimmung mit der eigenen Bundesregierung. Allerdings wiesen wir die meist destruktiven Einwände des zuständigen Wirtschaftsministers Werner Müller klar zurück. Hilfreiche Detailvorschläge aus dem Umweltministerium unter Jürgen Trittin konnten wir jedoch in den Verhandlungsrunden der Abgeordneten Hermann Scheer (SPD), Dietmar Schütz (SPD), Michaele Hustedt und ich selbst von Bündnis 90/Die Grünen gut integrieren. Wir Abgeordneten waren allesamt keine Regierungsmitglieder, brachten aber dennoch das die Welt der Energiewirtschaft verändernde EEG auf den Weg.

Das EEG ist somit ein Paradebeispiel für die Stärke des Parlaments. Der Bundestag hatte seine Gesetzgebungskompetenz ohne Regierungsentwurf selbst in die Hand genommen und ausgeführt. Solches politisches Selbstbewusstsein braucht es auch im kommenden Bundestag, damit der Bundestag seinem Verfassungsauftrag als Gesetzgeber und Kontrollorgan der Regierung gerecht werden kann.

Die Abgeordneten im Bundestag spielten auch in den jüngsten EEG-Novellen eine zentrale Rolle

Die in der Ampelkoalition teilweise erfolgreichen EEG-Novellen wurden als Regierungsentwürfe in den Bundestag eingebracht. Dort wurden gegenüber den Vorschlägen der Ministerien erhebliche Verbesserungen vorgenommen, so wurde die Wasserkraft doch noch in Artikel 2 aufgenommen, weshalb sie nun auch im erheblichen öffentlichen Interesse steht. Viele der komplizierten, kleinen, aber sehr wichtigen Detailregelungen – wie die Regeln für Balkonmodule, das Ausräumen von Genehmigungshindernissen bei Solar- und Windkraft, Verbesserungen beim Netzanschluss, Verbesserungen der Bürgerenergie oder steuerliche Erleichterungen – gehen vor allem auf die Arbeit der am EEG arbeitenden Fachabgeordneten der Grünen und der SPD zurück. Die FDP-Abgeordneten hatten meist nur Steine in den Weg geworfen. Der Erfolg ist vor allem bei der Solarenergie sichtbar. Die Solarenergie konnte unter der Ampelkoalition stark zulegen. So wurde der PV-Zubau im letzten Regierungsjahr von Angela Merkel, 2021, von 4,9 Gigawatt auf 15 Gigawatt im Jahr 2023 etwa verdreifacht.

Die Wahlaufstellungen zur Bundestagswahl sind nun entscheidend, damit kompetente Experten für die Erneuerbaren Energien es auch in den Bundestag schaffen

Das Ziel der Grünen, den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter zu beschleunigen, muss mit Politikern unterlegt werden, die dazu auch Sachkompetenz und einen starken Willen haben. Daher müssen für den kommenden Bundestag Abgeordnete auf aussichtsreiche Listen- oder Direktmandatsplätze aufgestellt werden, die ein großes Wissen über die Erneuerbaren Energien und den Klimaschutz besitzen. Anders wird der von der Parteiführung geforderte starke Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht gelingen.

Die Delegierten auf den Aufstellungsversammlungen sollten daher darauf achten, dass sie Kandidaten auf aussichtsreiche Listenplätze wählen, die große Kompetenz in den unendlichen Tiefen des EEG und des Energiewirtschaftsgesetzes sowie im Bereich des Klimaschutzes haben und gezeigt haben, dass sie sich da auskennen. Nur so wird der grüne Spitzenkandidat Robert Habeck, sofern die Grünen wieder in Regierungsbeteiligung kommen, im Bundestag die Unterstützung erhalten, die er braucht. Abgeordnete, die auch die Kompetenz und Erfahrung von ehemaligen Abgeordneten schätzen und integrieren können, sind erfolgreicher, als solche, die jedes Rad neu erfinden wollen.

Ich habe mit einigen Abgeordneten in der Ampelkoalition immer wieder einen guten Austausch gehabt und gespürt, wie sie auch langjährige Erfahrungen in ihre Arbeit einfließen lassen. Mit drei MdBs der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hatte ich besonders oft Austausch und weiß um deren Kompetenz. Sie sollten aus meiner Sicht wieder in den Bundestag gewählt werden, um auf ihrer erfolgreichen Arbeit in der Ampelkoalition aufzubauen.

In Bayern empfehle ich den Delegierten von Bündnis 90/Die Grünen, vor allem Lisa Badum, die den Klimaschutz in der Bundestagsfraktion zu verantworten hat, wieder auf einen guten Platz zu wählen.

In NRW ist es Katrin Uhlig, die als Berichterstatterin für das EEG in der Bundestagsfraktion hervorragende Arbeit leistet.

In Sachsen ist es MdB Bernhard Hermann, der sich in der Bundesfraktion insbesondere für die Bürgerenergien einsetzt.

Bündnis 90/Die Grünen sind die Garanten für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und damit für eine grüne Industrie

Wer Klimaschutz und den Ausbau der Erneuerbaren Energien will, muss daher Bündnis 90/Die Grünen wählen. Wer die Atomparteien CDU/CSU, die Klimaleugner AfD, die fossile Russlandenergiepartei BSW oder die Anti-Erneuerbare-Energien-Partei FDP wählt, gefährdet nicht nur den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland, sondern auch die Industrieführerschaft Deutschlands.

Es wird hart und düster für das Industrieland Deutschland, wenn hier der Ausbau der sauberen Erneuerbaren Energien à la FDP wieder bekämpft, statt unterstützt wird. Der rasante weltweite Aufstieg der sauberen Klimaschutztechnologien wie Solar, Batterien und E-Mobile würde dann noch mehr an Deutschland vorbeigehen und noch mehr China überlassen. Wenn CDU, CSU, FDP, AfD und BSW mit ihren Aktivitäten für fossile und atomare Energien tatsächlich ohne Bündnis 90/Die Grünen in die Regierung kommen, ist der bereits jetzt abzeichnende Niedergang der deutschen Industrie vorprogrammiert.

Die deutsche Automobilwirtschaft geht doch gerade deshalb den Rückwärtsgang, weil sie jahrelang auf Verbrenner statt auf E-Mobilität gesetzt hat. Dies hat den chinesischen Elektromobilherstellern den Freiraum gegeben, die Weltmärkte zu erobern. Der bald größte Automobilhersteller der Welt, BYD aus Shenzhen in China, setzte von Anfang an auf E-Mobilität und Batterien. Heute beschäftigt BYD bereits 700.000 Menschen und wächst steil weiter. Zum Vergleich: Die ganze deutsche Autoindustrie – also VW, Daimler, BMW und Co. – beschäftigt als größter Industriezweig in Deutschland ebenfalls rund 700.000 Menschen, schrumpft jedoch.

Solche Konzerngrößen sind in der EU nicht zu finden. BYD beschäftigt inzwischen mehr als doppelt so viele Menschen wie Siemens weltweit. Wer da nicht begreift, welche Herausforderungen vor uns stehen und noch weiter an den fossilen Technologien festhält, hat nicht verstanden, wie schnell ein industrieller Abstieg vonstatten gehen kann. Nicht die Grünen sind schuld an der aktuellen Wirtschaftskrise, sondern 16 Jahre Merkelregierung mit CDU/CSU/SPD/FDP, die die Erneuerbaren Energien und andere grüne Technologien massiv politisch unterdrückt haben.

Die Industriezukunft liegt in den sauberen, klimaschützenden Technologien, nicht in den rückwärtsgewandten fossilen und atomaren Technologien wie Verbrennungsmotoren, Öl- und Gasheizungen oder Atomkraftwerken.

16 Jahre Stillstand und Niedergang des Ausbaus der Erneuerbaren Energien unter der Führung von Kanzlerin Merkel sollten eine Warnung genug sein. In genau dieser Zeit hat Deutschland die Solarenergie nach China vertrieben und die Umstellung auf saubere Verkehrsantriebe sowie Speichertechnologien versäumt. Wer die Zeichen der Zeit nicht erkennt und weiterhin gegen Klimaschutz und Erneuerbare Energien polemisiert sowie auf Atom- und fossile Energie aus Russland oder anderen Ländern setzt, wird Deutschland als Industrie- und Exportland weiter schwächen und somit indirekt China stärken.

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Eine konstruktive Nullzinspolitik kann und muss den Klimaschutz begleiten – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Auf der aktuell in Baku stattfindenden Weltklimakonferenz steht die Finanzierungsfrage des Klimaschutzes im Mittelpunkt. Diskutiert wird vor allem die Mobilisierung öffentlichen Kapitals, das von den wohlhabenden Nationen aufgebracht werden soll. Diese Strategie hat jedoch – wie bereits in den vergangenen Jahren – wenig Aussicht auf ausreichenden Erfolg. Der Grund: Selbst die öffentlichen Haushalte der wohlhabenden Länder der westlichen Welt sind inzwischen hoch verschuldet.

Entscheidend wird daher sein, wie die großen Geldvermögen der Privatleute für die Klimafinanzierung genutzt werden können. Dafür braucht es vor allem eine Nullzinspolitik, damit Investitionsanreize für die privaten Geldvermögen geschaffen werden, anstatt das private Kapital ohne Investitionen auf den Banken zu parken.

Gleichzeitig sollten die Regierungen die hohen und in den letzten Jahren noch einmal steil gestiegenen Subventionen für die fossile Wirtschaft beenden. Zudem sind feste, nicht handelbare Treibhausgas-Emissionsabgaben sowie steigende Bodenverbrauchsabgaben auf die Förderung von Kohle, Erdöl und Erdgas sinnvoll.

Lesen Sie hier einen Artikel, den Klaus Willemsen (Autor und freier Referent der Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung) und ich kürzlich auf der Seite von Makronom, einer großen Wirtschafts- und Finanzplattform, veröffentlich haben:


Eine konstruktive Nullzinspolitik kann und muss den Klimaschutz begleiten

Die privaten Investitionen in Erneuerbare Energien bleiben hinter dem klimapolitisch notwendigen Niveau zurück. Um sie zu steigern, braucht es entschlossene Maßnahmen.

Der notwendige Umbau zu einer grünen, klimaschützenden Wirtschaft und Gesellschaft bedarf hoher Investitionen. Der Fortschrittsmonitor 2024 von EY und BDEW schätzt die Kosten der Energiewende bis 2035 auf etwa 1,2 Billionen Euro für ganz Deutschland. Allseits wird händeringend nach staatlichen Finanzierungsmitteln für den Klimaschutz gesucht. Zwar wird in vielen Studien dargestellt, dass die Kosten des Nichthandelns durch Klimaschäden viel höher sind, dennoch gilt oft die Meinung, dass Klimaschutz zu teuer sei. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse wird häufig behauptet, dass eine Klimaschutzfinanzierung kaum mehr möglich sei. Der Ansatz, den Klimawandel über öffentliche Schulden zu finanzieren, greift jedoch zu kurz, da er für viele Länder nicht tragbar ist. Auch wenn derzeit ein Bürgerbegehren auf EU-Ebene für die Einführung einer Vermögenssteuer läuft, würde eine solche Steuer selbst im Erfolgsfall die hohen Investitionen in den Klimaschutz bei weitem nicht decken.

Zum Jahresende 2023 gab es in Deutschland 7,7 Billionen Euro privates Geldvermögen, das bis Mitte 2024 auf 8,4 Billionen Euro anwuchs. Weniger als 20% dieses Vermögens würden ausreichen, um eine vollständige Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien in Deutschland zu finanzieren. Es ist daher entscheidend, verstärkt auf Anreize für privates Kapital zu setzen. Hans-Josef Fell, einer der Autoren dieses Beitrags und Mitautor des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), zeigte, wie solche Anreize erfolgreich funktionieren können. Das EEG mobilisierte privates Kapital und ermöglichte massive Investitionen in Erneuerbare Energien, was zu einer deutlichen Kostensenkung führte. Professor Karl von der Universität Erlangen-Nürnberg wies zudem nach, dass die Strompreise ohne die EEG-Förderung heute deutlich höher wären. Diese Beispiele verdeutlichen, wie wirkungsvoll gesetzliche Rahmenbedingungen sein können, um den Klimaschutz voranzutreiben.

Die Inflation hat ihre Hauptursache in der Steigerung der fossilen und atomaren Energiepreise

Mit den hohen fossilen Energiepreisen stiegen auch die Preise in fast allen anderen Produkten des Warenkorbs, da deren Herstellung stark von fossilen Energien abhängt. Diese Preissteigerungen wurden durch historische Ereignisse wie die Ölpreiskrise von 2008-2012 und deren wirtschaftliche Folgen, einschließlich der Inflation und der Lehman-Pleite, verstärkt. Indirekt treiben fossile Energien die Preise weiter nach oben: Mit jeder Zehntelgrad-Steigerung der Erdtemperatur nehmen Wetterextreme zu, die Missernten verursachen und somit die Lebensmittelpreise zudem erhöhen. Auch die fossilen Chemierohstoffe tragen zur Preissteigerung in vielen Produkten bei.

Zusätzlich zu den gestiegenen Energiekosten trieben die Zinserhöhungen die Preise aller Produkte und Dienstleistungen weiter nach oben. Dies führte zu einer erheblichen Verschärfung der Wirtschaftskrisen und einem Einbruch in Teilen der Volkswirtschaft, insbesondere in der Baubranche, da viele Bauwillige die hohen Zinsen und Baupreise nicht mehr tragen konnten. Trotz dieser Entwicklungen bleiben die Notenbanken bei hohen Zinsen. Während die privaten Geldvermögen der Reichen wieder steigen, geht die Investitionsbereitschaft der Gesellschaft massiv zurück.

Negative Zinsen und Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien

Jedes Produkt, das der Abhängigkeit von fossilen und atomaren Energiepreisen entkommen ist, wird von deren Preissteigerungen unabhängig. Die Erneuerbaren Energien nutzen Sonnenstrahlen, Wind, Wellen, Wasserströmung und Erdwärme, die als Energie-„Rohstoff“ nichts kosten. Die Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien erfordert jedoch hohe Investitionen, die zwar in den privaten Geldvermögen vorhanden sind, aber aufgrund der aktuellen Geldmarktordnung nicht ausreichend schnell investiert werden. Historisch gesehen waren es vor allem private Investitionen, die den Erfolg der Erneuerbaren Energien mit dem EEG seit dem Jahr 2000 ermöglichten, wobei 2019 mehr als 50% der Anlagen in privater Hand waren.

Die Gründe für den großen Erfolg des privaten Investments in Erneuerbare Energien waren vor allem zwei: die feste, gesetzlich garantierte Einspeisevergütung und die Nullzinsphase, die das Anlegen von Geldvermögen auf Banken unattraktiv machte. Etwa seit 2016 sind die privaten Investitionen jedoch stark zurückgegangen, hauptsächlich aufgrund der Umstellung auf staatliche Ausschreibungen, der Corona-Zeit und der ab 2022 gestiegenen Zinsen, die das Anlegen von Geldvermögen auf Banken wieder attraktiv machten. Obwohl die privaten Investitionen in Erneuerbare Energien seit 2023 wieder gestiegen sind, bleiben sie hinter dem klimapolitisch notwendigen Maß zurück. Um den Ausbau der Erneuerbaren Energien auf das erforderliche Niveau zu bringen, sind daher wieder stärkere Anreize erforderlich, ähnlich denen des EEG von 2000.

Null- bzw. Minuszins macht ökologische Investitionen lukrativ

Solange der Zinsertrag einer Geldanlage höher erscheint als die Energiekostenreduzierung nach einem Investment, fehlt der ökonomische Anreiz für klimafreundliche Investitionen. Zinsen führen dazu, dass Geld angehäuft statt investiert wird. Nullzinsen hingegen fördern Investitionen, da selbst geringe Renditeerwartungen, wie bei Beteiligungen an einem Bürgerwindpark, attraktiver erscheinen.

Negative Zinsen auf Geld, auch Haltegebühren genannt, machen Investitionen attraktiver als das Horten von Geld bei der Bank und senken die Refinanzierungskosten. Dies steigert den Anreiz, in energiekostensenkende Technologien wie PV-Anlagen oder Wärmepumpen zu investieren. Zusammen mit gesetzlichen Anreizen könnten solche Maßnahmen teuren Strom aus fossilen Quellen unattraktiver machen und den notwendigen grünen Umbau der Wirtschaft finanzieren.

Die Stimmen in Zentralbanken und Finanzwirtschaft für negative Zinsen werden lauter

Ein Nullzinsniveau oder negative Zinssätze sind heute konkrete Themen für westliche Zentralbanken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) diskutiert, wie Zentralbanken Systeme einrichten können, die stark negative Zinssätze umsetzbar machen. Ökonomen wie Kenneth Rogoff, Miles Kimball und Ruchir Agarwal haben sich intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt. Für die Europäische Zentralbank hat Katrin Assenmacher-Wesche, Leiterin der Abteilung Geldpolitikstrategie, zusammen mit Signe Krogstrup von der Schweizer Nationalbank, aktiv an der Diskussion teilgenommen.

Kate Raworth weist in ihrem Buch Die Donut-Ökonomie darauf hin, dass eine Währung mit Liegegebühr/Demurrage „Investitionen in Erneuerbare Energien fördern kann“. Weitere gesellschaftliche Vorteile sinkender Zinsen finden sich in den Werken von Helmut Creutz und Margrit Kennedy. Sie argumentieren, dass mit sinkenden Zinsen

  • das übersteigerte Wachstum der Geldvermögen und der Überschuldung zurückgeht;
  • Diskrepanzen zwischen Arbeit und Besitz sowie Arm und Reich verringert werden;
  • alle Schulden trag- und rückzahlbar werden;
  • die Wirtschaftsentwicklung mehr von den Interessen der nachfragenden und leistenden Menschen bestimmt wird.

Es ist an der Zeit, Feldversuche und die wissenschaftliche Durchdringung des Themas voranzutreiben. Regionalgelder wie der Chiemgauer und das Experiment von Wörgl in den 1930er Jahren bieten wichtige Hinweise. Zentralbanken sollten schnell zur Nullzinsphase oder besser noch zur Negativzinspolitik übergehen, um Investitionen zu fördern.

 

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In den USA wird ein Klimawandelleugner Präsidenten, in Deutschland bricht die Ampelregierung und in China beschleunigt sich der Ausbau einer klimaschützenden Wirtschaft. Wie geht es weiter mit dem Klimaschutz? – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Sehr viele Menschen sind wie auch ich entsetzt über die politischen Ereignisse der letzten Woche. Die engagierte Klimaschutzbefürworterin Kamala Harris verlor die US-Präsidentenwahl an Donald Trump, der den menschengemachten Klimawandel leugnet und schon lange verkündet, die Förderung Erneuerbarer Energien abzuschaffen und stattdessen die fossilen Energien, insbesondere die Erdölindustrie, massiv auszubauen.

In Deutschland trieb vor allem FDP-Vizekanzler Christian Lindner die Ampelkoalition zum Bruch. Unter großem grünem Einsatz hatte die Koalition den Ausbau der Solarenergie stark gefördert. Lindner fordert jedoch, ähnlich wie Trump, die Abschaffung der Förderung Erneuerbarer Energien und des EEGs. Stattdessen will er neue fossile Subventionen für Erdgas und/oder CCS-Technologien einführen.

Auch will er das ohnehin schon komplett unzulängliche Klimaneutralitätsziel Deutschlands, das bis 2045 erreicht werden sollte, auf 2050 verschieben und wichtige Klimaschutzregulationen abschaffen. Dabei beruft er sich auf das Verfassungsgerichtsurteil zur Schuldenbremse und ignoriert das Urteil, das auch den Schutz der Freiheitsrechte zukünftiger Generationen fordert – eine Forderung, die mit unzureichendem Klimaschutz nicht erfüllt wird. In der öffentlichen Debatte und in den meisten Medien wird das Verfassungsgericht jedoch oft einseitig auf Finanzierungsfragen reduziert, anstatt den zum Überleben der menschlichen Zivilisation nötigen Klimaschutz zu betonen.

Diese einseitige Fixierung auf finanzielle Themen, wie sie nicht nur von Lindner, sondern auch von CDU-Vorsitzendem Merz und CSU-Chef Söder vorangetrieben wird, führt letztlich zu einer unverantwortlichen Verlängerung der Nutzung fossiler Rohstoffe – in dieser Hinsicht sind sich Trump und Lindner völlig einig. Klimaschutzminister Robert Habeck von den Grünen bezeichnete die Forderungen der FDP nach einer Verlängerung der fossilen Energienutzung zu Recht als inakzeptabel.

Rekord-CO2-Emissionen 2023: Das Scheitern des Pariser Klimaabkommens

Der jüngste „Emission Gap Report“ der UN für die Klimakonferenz in Aserbaidschan zeigt: Die globalen Emissionen erreichten 2023 mit 57,1 Gigatonnen CO2-Äquivalenten einen Rekordwert. Die UN beschreibt die Situation der Welt drastisch: „Einige Teile der Welt stehen in Flammen, andere ertrinken, und überall kämpfen Menschen ums Überleben.“

Im gefeierten Pariser Abkommen von 2015 verpflichtete sich die Weltgemeinschaft, die jährlichen globalen Treibhausgasemissionen zu senken. Stattdessen sind die Emissionen von etwa 54 Gigatonnen 2015 auf 57,1 Gigatonnen CO2e gestiegen. Die globalen Klimaschutzabkommen, einschließlich des Pariser Abkommens, erweisen sich also als völlig wirkungslos. Dramatischer kann das Versagen des globalen Klimaschutzes nicht mehr dokumentiert werden.

Doch Lindner, Trump und andere scheint das nicht zu berühren. Sie haben kein Mitgefühl dafür, dass kürzlich in Spanien oder Florida hunderte Tote durch Extremwetter ums Leben kamen.

Gnadenlos gehen sie über die Opfer der Klimakatstrophe hinweg und verursachen mit der weiteren Unterstützung der fossilen Wirtschaft immer höhere Erdtemperaturen und damit immer mehr Katastrophen.

Müssen wir angesichts der Klimakrise und der Machtübernahme von Klimawandelleugnern kapitulieren? – Nein!

Trump hat angekündigt, mit den USA aus dem Pariser Klimaabkommen auszutreten. Angesichts des bisherigen Versagens des Abkommens scheint dieser Austritt jedoch eher symbolisch.

Bereits vor zwei Jahrzehnten betonten Hermann Scheer, ich selbst und andere, dass Weltklimakonferenzen keine wirksame Lösung für den Klimaschutz bieten können. Wenn der größte Bremser mitentscheiden muss, bestimmt er auch das Tempo.

Klimaschutz hat nur dann eine Chance, wenn starke Vorreiternationen vorangehen und eine technologische und ökonomische Revolution für eine emissionsfreie Wirtschaft vorantreiben. Sobald klimafreundliche Technologien günstiger und zugänglicher werden als fossile Alternativen, können sie sich weltweit durchsetzen – sofern die fossilen Energien nicht durch Subventionen künstlich gestützt werden.

Aktuell ist allein China auf dem Weg, den globalen Klimaschutz voranzubringen

China ist aktuell die einzige Nation, die tatsächlich eine Klimaschutz-Technologierevolution anführt. Die Entwicklung, die ich auf meiner Chinareise beobachte, ist beeindruckend: PV-Anlagen, Windräder, E-Mobilität (E-Autos, E-Roller, E-Busse, E-Bahnen, E-LKW u.a.), Batterien und Biokunststoffproduktion wachsen mit enormer Geschwindigkeit, und die Preise sinken kontinuierlich. Es gibt bereits komfortable, platzsparende E-Autos unter 20.000 Euro, die mehrere hundert Kilometer Reichweite bieten. China hat kürzlich sogar eine unglaubliche 26-Megawatt-Windturbine vorgestellt.

Mit einer Reisegeschwindigkeit von 350 km/h bin ich schnell, sicher, bequem und pünktlich etwa 1400 km mit dem Zug von Peking über Bengbu nach Qingdao gefahren. Die chinesische Regierung hat gerade angeordnet, dass die Stahlproduktion in den kommenden Jahren zunehmend sauberer und umweltfreundlicher werden muss – neue kohlebetriebene Stahlwerke sind bereits verboten. Es ist zu erwarten, dass China ähnlich zügig eine klimafreundliche Stahlproduktion aufbauen wird, wie es bereits bei Photovoltaik, Batterietechnologien und E-Mobilität geschehen ist.

Trump wird die geopolitischen Machtverhältnisse verändern

Trump wird mit den USA weitreichende schmerzhafte geopolitischen Veränderungen schaffen. Mit seiner Politik des Antiklimaschutzes und Ausländerhasses werden Fluchtbewegungen verstärkt, großflächige Zerstörungen in vielen Ländern durch Wetterextreme beschleunigt, Kriege um Erdöl angeheizt. Nationale Egoismen werden verstärkt, anstatt einer notwendigen globalen Zusammenarbeit, die die Menschheit angesichts der drohenden Klimakatastrophe so dringend braucht.

Neue Kooperationen auch mit China sind jetzt nötig

Die kommende deutsche Regierung und die EU müssen auf dem von Trump vorgezeichneten Weg neue Initiativen für globale Kooperationen starten. Entscheidend wird dabei eine China-Politik sein, die auf Zusammenarbeit statt Konfrontation setzt. Europa und China sollten gemeinsam agieren, anstatt durch Marktabschottungen die Spannungen weiter zu schüren.

Die neue Bundesregierung sollte die Haltung der Scholz-Regierung beibehalten und in der EU darauf hinwirken, die Konfrontation mit China zu beenden, insbesondere im Hinblick auf die Zölle auf E-Autos. Diese Zölle werden nur die chinesischen E-Autohersteller dazu anspornen, noch schneller, effizienter und günstiger zu werden, wodurch sie sich verstärkt den bevölkerungsreichen BRICS-Staaten (Indien, Brasilien, Südafrika, Indonesien u.a.) zuwenden werden. Die E-Auto-Zölle werden den Niedergang von VW und der gesamten europäischen Automobilindustrie beschleunigen, da diese zwar noch einige Jahre im EU-Raum Verbrenner verkaufen kann, aber weiterhin keine echten klimafreundlichen Innovationen vorantreibt. Ein ähnlicher Fehler wurde mit den Solarzöllen auf chinesische PV-Anlagen gemacht: Letztlich führte dies dazu, dass China eine Solarindustrie aufbaute, die nun 90% des Weltmarktes beliefert. Lindner und seine FDP, gemeinsam mit der CDU/CSU und später der SPD, hatten die Solarwirtschaft nach China verdrängt und setzen weiterhin auf diese falschen Denkmuster.

Am Ende einer Politik der Abschottung und der fossilen/atomaren Subventionierung wird Europa einen Großteil seines industriellen Fundaments verlieren, da China in seinem riesigen Binnenmarkt und den BRICS-Staaten rasch saubere Technologien hochskaliert. Dies wird das geopolitische Gewicht der BRICS-Staaten stark steigern und die EU wird geopolitisch zwischen einer Trump-USA und den BRICS an Bedeutung verlieren.

Chinesische Firmen, Forscher und Politiker wollen Kooperationen mit Deutschland

Chinesische Firmen suchen die Kooperation mit Deutschland und der EU. Sie möchten mit ihren Klimaschutztechnologien unsere Märkte erschließen, gemeinsam mit unserer starken Forschungslandschaft Innovationen vorantreiben und hier Fabriken errichten.

Dies eröffnet Chancen für deutsche Unternehmen, sich an neuen Fabriken zu beteiligen, Arbeitsplätze zu sichern, Steuereinnahmen zu generieren und die logistischen Wege zu verkürzen. Vor allem jedoch werden China und Europa den globalen Klimaschutz gemeinsam vorantreiben und über die BRICS-Staaten weiter stärken. Am Ende wird die USA unter dem Klimawandelleugner Trump sowohl wirtschaftlich als auch geopolitisch als Verlierer dastehen, während der Klimaschutz dennoch vorangetrieben wird.

Zusammenarbeit und Völkerfreundschaften führen zum Frieden; Abschottung und Konfrontationen aber eher zum Krieg

Wenn wir in der EU den Klimaschutztechnologieriesen China also einladen, gemeinsam eine klare Klimaschutzwirtschaft zu schaffen, können wir vielleicht das drohende Ende der menschlichen Zivilisation noch abwenden und bekommen zudem eine wiederauflebende starke Völkerfreundschaft.

Trotz des Scheiterns der UN-Klimakonferenzen besteht noch Hoffnung. Laden wir China ein, gemeinsam eine emissionsfreie Wirtschaft mit starken Kohlenstoffsenken zu schaffen. Verstärken wir den aktuellen Turbo Chinas in den Nullemissionstechnologien und beteiligen wir uns mit fairen Kooperationen.

Völkerfreundschaften und Kooperationen führen zu Frieden, Wohlstand und Klimaschutz. Abschottung und Konfrontation führen zum Niedergang der Wirtschaft, erzeugen Armut und vielfach auch Kriege.

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Die Mongolei wird zunehmend vom Klimawandel geschädigt, verschmutzt das Klima jedoch weiterhin stark durch den Einsatz von Kohle – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Letzte Woche war ich als Redner zur 3. Mongolischen Photovoltaikkonferenz eingeladen worden.

Bezeichnend ist, dass die erste PV-Konferenz schon 2001 und die zweite 2002 stattfand. Mitte der Nullerjahre führte die Mongolei ein EEG ein, welches jedoch nur kleine Fortschritte für die Erneuerbare Energien brachte – in einem Land mit über 300 Sonnentagen, großem Windkraftpotenzial und riesigen, oft menschenleeren Flächen.

Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der gesamten Energieversorgung liegt bei nur 2%, bei der Elektrizitätsversorgung hingegen bei 10% – hauptsächlich aus Windkraft, gefolgt von Solarenergie und Wasserkraft. Die Hauptenergiequelle des Landes ist Kohle für Stromversorgung und Heizung – in einem Land mit extrem kalten Wintern, die oft Temperaturen unter -40°C erreichen. Die heimische Kohle deckt etwa 70% der Energieversorgung, der Kohleverbrauch ist seit 2000 um 143% gestiegen. Erdöl, vor allem im Verkehrssektor, macht etwa 27% aus; Erdgas aus Russland spielt eine untergeordnete Rolle.

Die Ergebnisse des Versagens des Ausbaus der Erneuerbaren Energien in dem Land mit etwa 3,5 Millionen Einwohnern – davon etwa 1,5 Millionen in der Hauptstadt Ulaanbaatar – sind erschreckend: Die CO2 Emissionen stiegen seit 2000 um 164%. Die Pro-Kopf-Emissionen sind mit 7 Tonnen etwa so hoch wie die eines Deutschen, obwohl weiterhin Armut weit verbreitet ist. Auch die Mongolei erlebt immer stärkere Auswirkungen des Klimawandels mit häufigeren Wetterextremen. Dabei nehmen sowohl die Sommerhitze als auch die Kälteperioden im Winter zu. Diese extremen Wechsel, bei denen auf einen heißen Sommer ein besonders kalter Winter folgt, nennt man „Dzud“ – diese Wetterextreme treten immer häufiger auf.

In Ulaanbaatar ist die Luft zudem durch Kohlekraftwerke und Kohleheizungen stark belastet, was ich sofort bei meiner Ankunft in der Stadt feststellen konnte. Laut der Weltgesundheitsbehörde (WHO) beläuft sich die Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch Luftverschmutzung in der Mongolei auf etwa 132 pro Jahr pro 100.000 Einwohner – im Weltdurchschnitt sind es 92. Die Gesundheitsbelastungen durch Kohle verteilen sich ungefähr je zur Hälfte auf die Elektrizitätserzeugung durch Kohlekraftwerke, die die Außenluft (outdoor) verschmutzen und auf Kohleheizungen in den Häusern und sogar Jurten in ländlichen Räumen, die die Raumluft (indoor) belasten.

Der Anteil der Erneuerbaren Energien soll nur moderat steigen

Auf der 3. Mongolischen PV-Konferenz stellte die seit Frühjahr 2024 neu gewählte Regierung ihr Energieprogramm vor: 30% Erneuerbare Energien an der Stromversorgung und zusätzlich ein weiterer Ausbau der Kohle bis 2030. Zudem führte sie kürzlich erste Gespräche mit dem französischen Atomkonzern EDF über einen möglichen Bau eines Atomkraftwerkes und Uranabbau für die französischen Kraftwerke.

In meinem Beitrag stellte ich dar, dass dies die teuerste Option für die künftige Energieversorgung sei. Heute sind Erneuerbare Energien plus Speicher bereits die kostengünstigste Option, selbst im Vergleich mit bestehenden Kohlekraftwerken und erst recht im Vergleich mit Kernenergie. Zudem würden die hohen gesellschaftlichen Kosten, wie die der krankmachenden Luftverschmutzung oder Radioaktivitätsemissionen aus Bergwerken, sogar noch steigen.

Prof. Dr. Eicke Weber, ehemals Professor in Berkeley und früherer Leiter des ISE Freiburg, zeigte in seinem Vortrag die rasante Entwicklung und Kostensenkung der PV weltweit und unterstrich so unsere gemeinsame Empfehlung, dass auch die Mongolei innerhalb von zehn Jahren auf 100% Erneuerbare Energien umstellen könnte und müsste – aus Gründen des Klima- und Gesundheitsschutzes. Zudem stellte er eindrucksvoll dar, dass dies auch ökonomisch die beste Option für die Mongolei wäre.

Ich empfahl den Regierungsvertretern zudem im persönlichen Gespräch, eine technisch-ökonomische Studie anfertigen zu lassen, die den Energiebedarf im Strom-, Heizungs-, Verkehrs- und Industriesektor ganzjährig zu jeder Stunde des Jahres in etwa 10 Jahren auf 100% Erneuerbare Energien umstellt – so wie sie die Energy Watch Group zusammen mit der Lappeenranta Universität längst für die ganze Welt und einzelne Nationen veröffentlicht hat. Die Regierungsvertreter zeigten Interesse, und wir vereinbarten, dazu weiter in Kontakt dazu zubleiben.

Ich empfahl der mongolischen Regierung auch, sich an der chinesischen Provinz Innere Mongolei zu orientieren. Diese ist ähnlich kohlereich wie die Mongolei. Den Ministerpräsidenten der Inneren Mongolei hörte ich auf der größten PV-Konferenz der Welt, der SNEC 2024 in Shanghai, im Juni sprechen. Er strebt einen schnellen Ausstieg aus der Kohle und den Umstieg auf ausschließlich Erneuerbare Energien an.

Meinen Vortrag in Ulaanbaatar können Sie auf meiner Homepage einsehen genauso wie meinen wissenschaftlichen Beitrag für die Konferenzbroschüre.

Das mongolische EEG wird gerade novelliert

Da die Regierung der Mongolei gerade das EEG novellieren will, gab ich die Empfehlung, zu den Grundstrukturen des mongolischen EEG vor 2015 mit gesetzlich geregelter, fester Einspeisevergütung zurückzukehren. 2015 stellte die Mongolei auf Ausschreibungen um und setzte Vergütungssätze für kleine Dach-PV fest, die unter der Wirtschaftlichkeitsschwelle liegen. Der Ausbau wurde dadurch massiv blockiert, da bürgerliche Investitionen nicht mehr möglich waren und sich nur noch auf wenige Großinvestoren beschränkten. Auch die Mongolei folgte so dem verheerenden Vorbild Deutschlands, das unter Kanzlerin Merkel auf Ausschreibungen umgestellt hatte – eine Entscheidung, die den globalen Klimaschutz insgesamt behinderte.

Scheers Buch „Energetischer Imperativ“ wurde ins Mongolische übersetzt

In der Abendveranstaltung mit wunderschöner mongolischer Folklore wurde auch die mongolische Übersetzung des Buches „Energetischer Imperativ“ von Hermann Scheer (leider schon 2010 verstorben) vorgestellt. Prof. Dr. Enebish Namji, auch Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der EWG, von der University of Mongolia und Organisator der PV-Konferenz, hatte das Buch, wie schon vor Jahren „Energieautonomie“, ins Mongolische übersetzt. Zu dieser neuen Übersetzung habe ich ein Vorwort verfasst. Dieses können Sie auf meiner Homepage sehen.

Beeindruckendes Solarhaus in Ulaanbaatar

Am Nachmittag des zweiten Konferenztages besuchten wir gemeinsam das Haus von Herrn Batbold, einem mongolischen Solarunternehmer von der Firma Erchim Engineering. Er entwickelt speziell für die extremen klimatischen Bedingungen der Mongolei angepasste Solarlösungen. Sein Privathaus am Rand von Ulaanbaatar ist sehr beeindruckend. In der Mongolei herrscht etwa sechs Monate Winter. Jetzt, Ende Oktober, liegen die Nachttemperaturen bereits bei -10°C; im tiefen Winter sinken sie oft unter -40°C. Allerdings scheint die Sonne auch im Winter sehr konstant.

Mit einer PV-Anlage (16 kW), einer Solarthermieanlage, einer Batterie (16 kWh), einem Wärmepufferspeicher, einer Wärmepumpe und einem Wintergarten, der die passive Sonnenenergie einfängt, kann das sehr gut gedämmte Haus ganzjährig beheizt und mit Strom versorgt werden.

Herr Batbold legt bei seinen Entwicklungen angepasster Solarhäuser auch großen Wert auf eine emissionsfreie Kreislaufwirtschaft. Er plant, solar versorgte Strohballenhäuser zu entwickeln, da Holz in der Mongolei eher rar ist. Zudem entwarf er solare Konzepte für die noch immer weit verbreiteten Jurten in den ländlichen Räumen. Für eine bessere Dämmung der Jurten entwickelte er eine spezielle Schafwolledämmung. Die komplette Energieversorgung, einschließlich der Heizung der Jurten, gelingt ihm allein mit PV. Sein Ziel ist es, alle Kohlekamine bei mongolischen Jurten abzuschaffen und den Menschen eine saubere Raumluft ohne gesundheitsgefährdende Kohleabgase zu ermöglichen.

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Buch Beitrag für Hermann Scheer: Der Energetische Imperativ. – Hans-Josef Fell – Botschafter für 100% Erneuerbare Energien

Für eine Übersetzung ins Mongolische.

Eigenständiges Kapitel von Hans Josef Fell

100% Erneuerbare Energien sind heute technisch machbar und ökonomisch vorteilhaft.

Hermann Scheer hat in seinem Buch Der Energetische Imperativ in klarer Sprache herausgearbeitet, dass eine weltweite Energieversorgung mit 100 % Erneuerbaren Energien unverzichtbar ist. Heute 10 Jahre nach der Veröffentlichung des Buches zeigt sich, dass der Siegeszug der Erneuerbare Energien weltweit große Fortschritte gemacht hat und nicht mehr aufzuhalten ist. Erneuerbare Energien sind die billigtse Art der Energieerzeugung geworden, weshalb sich schon alleine aus ökonomischen Gründen eine Energieversorgung zu 100% mit Erneuerbare Energien überall auf der Erde früher oder später duchsetzen wird.

Angesichts der Fülle der globalen Probleme der fossilen und atomaren Energieversorgung ist die Notwendigkeit für 100 % Erneuerbare Energien offensichtlich: Die Nutzung der fossilen und atomaren Energieressourcen verursacht die alles überragenden globalen Probleme wie Klimaerhitzung, Krankheiten, Kriege um Ressourcen und auf der einen Seite Armut für große Teile der Bevölkerung sowie auf der anderen Seite obszönen Reichtum für wenige Eliten.

Es gibt keine fossilen Brückentechnologien

Erdgas wird oft als Zwischenlösung für den Umstieg von fossilen Brennstoffen auf Erneuerbare Energien dargestellt. Diese Darstellung beruht jedoch oft auf falschen Annahmen, was die Emissionen von Erdgas betrifft. Zwar stimmt es, dass Erdgas weniger Kohlenstoffdioxid-Emissionen verursacht als zum Beispiel Kohle, jedoch führt es zu immens hohen Emissionen durch Methan, ein sogar 85-mal stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid, welches das Klima ebenfalls exorbitant aufheizt. Zudem bringt Erdgas neue Energieabhängigkeiten mit sich, die in Krisenzeiten schnell zu kriegerischen Spannungen führen können. Hinzu kommt, dass eine so genannte Brückentechnologie, die umweltschädlich ist, in einer Klimakrise wenig sinnvoll ist, da jede Investition in eine Übergangslösung, die in weniger als 10 Jahren nicht mehr genutzt werden kann, zu Stranded Assets führt.

Auch die Atomenergie kann keinen wirksamen Beitrag zur zukünftigen Energieversorgung leisten, da die sie betreffenden Probleme unüberwindbar groß sind. So produzieren Atomkraftwerke wesentlich teureren Strom als Erneuerbare Energien. Der Bau eines Atomkraftwerkes benötigt oftmals über zwei Jahrzehnte, wogegen Solar- und Windenergie gleicher Größenordnung in wenigen Monaten installiert werden können. Die ungelösten Fragen der Atomenergie sind weiterhin die Entsorgung von Atommüll und die Gefahr von Supergaus wie in Tschernobyl oder Fukushima. Zudem sind Atomkraftwerke eine potentielle Quelle für Atomwaffenmaterial.

Erneuerbare Energien wirken dagegen wie ein Katalysator zur Lösung dieser globalen Menschheitsprobleme. Sie emittieren keine Treibhausgase, keine Radioaktivität und sind so der wichtigste Beitrag zum Stopp der Erdüberhitzung und der Atomgefahren. Sie schaffen eine Energieversorgung ohne Luftverschmutzung, belasten nicht die Gewässer mit Abfällen und sind so ein wesentlicher Beitrag für die Gesundheit der Menschheit. Solarstrahlen und Wind sind unbegrenzt und an jedem Ort der Erde vorhanden, weshalb es um diese Energie keine Kriege geben kann. Erneuerbare Energien sind dezentral für jedermann verfügbar und ermöglichen somit auch Ländern und Regionen ohne fossile Rohstoffe eine weitgehende Energieunabhängigkeit. Damit können sie Wohlstand und Energiesicherheit für Alle bringen, ohne Gewinnmaximierung für wenige Konzerne.

100% Erneuerbare Energien sind möglich

Doch in der öffentlichen Debatte dominieren die Argumente, die die Vertreter der fossilen und atomaren Wirtschaft unentwegt einbringen, um die Umsetzung von 100 % Erneuerbaren Energien in Frage zu stellen. Obwohl längst widerlegt, wird ständig wiederholt, dass Erneuerbare Energien vom Wetter abhängig seien und deshalb keine verlässliche Energieversorgung möglich wäre. Doch viele realisierte Projekte zeigen auf, dass ein Mix aus Erneuerbare Energien Erzeugung plus Speichern eine verlässliche ganzjährige Energieversorgung liefern kann. Unentwegt wird behauptet, dass Erneuerbare Energien zu teuer seien und ein Ausbau zu 100 % noch viele Jahrzehnte benötigen würde und deshalb ein Festhalten am fossilen und atomaren Energiesystem, mit Kohle, Erdöl, Erdgas und Uran noch viele Jahrzehnte neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien unverzichtbar sei. Doch genau diese Argumente sind längst widerlegt und entsprechen nicht der Wirklichkeit.

Heute sind in weiten Teilen der Welt die Solar- und Windenergie die billigste Art der Energieerzeugung. Sofern sie in wenigen Länder noch teurer sind, liegt es daran, dass dort fossile und atomare Energien mit horrenden Steuergeldern subventioniert werden. Doch genau diese Steuermittelverschwendung führt dazu, dass das öffentliche Geld fehlt für Bildung, Infrastruktur oder das Gesundheitswesen.

Abgesehen von den offensichtlichen Vorteilen, die Erneuerbare Energiesysteme in Hinblick auf die Klimaerwärmung mit sich bringen, sind sie schon von den privaten Kosten her den fossilen Brennstoffen vorzuziehen. Prof. Mark Z. Jacobson von der Stanford University und sein Team zeigen in ihrer Studie „Impacts of Green New Deal Energy Plans on Grid Stability, Costs, Jobs, Health, and Climate in 143 Countries“, dass es sich für alle 143 untersuchten Länder lohnt, heute schon auf einen Wind-Wasser-Solar-Energiemix umzusteigen, da dieser in allen Fällen günstiger ist, als den Status Quo bis 2050 beizubehalten.

Preisentwicklung der Erneuerbaren Energien

In Europa, den USA und anderen Ländern zeigt sich 2020 folgende ökonomische Grundlage der Energieerzeugung: Für die Erzeugung einer Megawattstunde mit Kraftwerken betrieben mit Kohle, Erdöl, Erdgas oder Atomkraft müssen Kosten von etwa 80 bis 120 US-Dollar bezahlt werden. Strom aus Windkraftanlagen dagegen kann man vielfach schon für 60 US-Dollar und aus Solarkraft je nach Standort sogar weit unter 40 US-Dollar pro Megawattstunde erzeugen. Die Mongolei hat herausragend gute Standortfaktoren für Solar- und Windenergie, so dass die Ökostromerzeugung hier sogar noch wesentlich billiger ist.

Dass heute die Erneuerbaren Energien mit Abstand die billigste Art der Energieerzeugung sind, ist ein Ergebnis des rasanten technologischen Fortschrittsgerade in den letzten Jahrzehnten. Laut der jüngsten Analyse der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) hat nicht nur die Solarenergie in den letzten 10 Jahren enorm im Preis nachgelassen. Bei neu in Betrieb genommenen Projekten sanken die globalen gewichteten durchschnittlichen Stromkosten für Solar im industriellen Maßstab im Zeitraum 2010-2019 um 82%, für Onshore-Wind 39%, für Offshore-Wind 29 % und für Bioenergie 13 %. Auch die Kosten für Speichersysteme, insbesondere moderne Lithium-Ion-Batterien sind in den letzten Jahren so stark gesunken, dass in den USA und anderen Ländern bereits reihenweise Kohle und Atomkraftwerke abgeschaltet und durch Kraftwerke mit Solar-, Windkraft und Speichern ersetzt wurden. In den USA wurden seit 2016 keine neuen Kohlekraftwerke mehr gebaut. Stattdessen wurden in den letzten zehn Jahren über 28 GW an neuen Kraftwerkskapazitäten abgesagt und in den letzten 20 Jahren über 120 GW aus Kohlekraftwerken stillgelegt. Ein wichtiger Grund ist die viel billigere Stromerzeugung aus Sonne und Wind in Verbindung mit Speichern.

In Indien wurden noch in 2016 viel mehr Kohlekraftwerke als Solarparks in Betrieb genommen: 21 GW Kohle und 7 GW Solar. Doch schon im Jahr danach hatte sich das Verhältnis komplett umgekehrt zu 2/3 Solarparks und nur noch 1/3 Kohlekraftwerke. Schon heute ist absehbar, dass auch Indien aus der Kohle aussteigen wird.

Die Rasante Entwicklung der erneuerbaren E-Mobilität

Hand in Hand mit der Umstellung auf Strom, der durch Erneuerbare Energien gewonnen wurde, vollzieht sich die Umstellung der Automobilindustrie von herkömmlichen Benzinern und Dieseln zu Elektroautos. Im Jahre 2020 kostet es 15.000 US-Dollar, um einen mit Benzin betriebenen Jeep Liberty für 5 Jahre aufzutanken. Im gleichen Zeitraum einen elektrischen Jeep Liberty elektrisch aufzuladen, kostet nur ein Zehntel davon, 1.565 US-Dollar. Hinzu kommt noch, dass Elektroautos drei- bis siebenmal so lange halten bzw. mehr gesamte Fahrdistanz zurücklegen können als mit Diesel oder Benzin betriebene Autos.

Und selbst die Kaufpreise für neue E-Autos fallen und fallen. Bereits in drei bis vier Jahren werden die Batteriepreise soweit gefallen sein, dass sogar die Neuanschaffung eines typischen E-Autos ebenso teuer und später sogar billiger sein wird als der Kauf eines vergleichbaren Autos mit Verbrennungsmotor.

Mit dem billig gewordenen Strom aus Solarenergie, Windkraft und Speichern werden auch saubere Heizungen, insbesondere mit Ökostrom betriebene Wärmepumpen, immer billiger und können zunehmend Heizungen mit schmutziger Kohle, Erdöl und Erdgas ersetzen.

Fossile Brennstoffe haben hohe Gesundheitskosten

Die Umstellung auf Erneuerbare Energien in der Stromerzeugung, bei Heizungen und im Verkehr ist die alles entscheidende Maßnahme auch für die Gesundheit der Bevölkerung. Über sieben Millionen Menschen sterben jährlich in der Welt an Luftverschmutzung. Im Jahre 2016 überholte die Millionenstadt Ulan Bator Neu-Delhi und Peking als die Hauptstadt mit der höchsten Luftverschmutzung. Im selben Jahr starben schätzungsweise 1800 Menschen an Krankheiten, die auf Luftverschmutzung im Haushalt, und weitere 1500 Menschen an Krankheiten, die auf die Luftverschmutzung im Freien zurückzuführen sind. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird der größte Teil dieser Verschmutzung durch die Verbrennung von Rohkohle zur Abwehr der Winterkälte verursacht.

Die durch Luftschadstoffe verursachten Lungenkrankheiten sind ein Hauptgrund, dass die Infektionen mit lungenangreifenden Viren, wie COVID-19 zu schweren Krankheiten bis zum Tod führen können. Eine schnelle Umstellung auf 100 % erneuerbare Energien ist daher gerade auch für Ulan Bator entscheidend für die Gesundheit der Bevölkerung.

Wissenschaft belegt die Umsetzbarkeit der Energiewende

Die Behauptung der fossilen und atomaren Wirtschaft, dass erneuerbare Energien wegen ihrer Wetterabhängigkeit keine verlässliche Energieversorgung liefern könnten und deshalb Grundlast-Kraftwerke betrieben mit Kohle und Atomenergie notwendig seien, ist wissenschaftlich längst widerlegt.

2019 wurde von der Energy Watch Group in Berlin zusammen mit der Universität Lappeenranta in Finnland unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Breyer eine Studie veröffentlicht, die klar aufzeigt, dass ein globales 100% Erneuerbares Energiesystem technisch und ökonomisch möglich ist. Mit über 120 verschiedenen Technologien zur Energieerzeugung aus Sonne, Wind, Wasser, Pflanzen und Erdwärme sowie Speichern wie Batterien oder grünem Wasserstoff und emissionsfreien Anwendungen wie Wärmepumpen in der Heizung und elektrischen Fahrzeugen. Dadurch wird nachgewiesen, dass zu jeder Stunde des Jahres an jedem Ort der Erde eine Energieversorgung nur mit Erneuerbaren Energien möglich ist. Zudem ist ein solches Erneuerbares Energiesystem kostengünstiger als das heutige fossile-atomare.

Ein 100% Erneuerbares Energiesystem ist technologisch machbar & ökonomisch vorteilhaft: Beispiele aus Deutschland und Vietnam

Allen Bedenken zum Trotz kann es auch sehr schnell umgesetzt werden. In Deutschland wurde in nur 20 Jahren die Stromversorgung von 6% im Jahre 2000 auf 50 % im Jahre 2019 Ökostrom gesteigert, obwohl keine deutsche Regierung dieses Ziel jemals ausgerufen hätte. Dabei muss bedacht werden, dass noch vor zehn Jahren die technologische Reife der Erneuerbaren Energien noch nicht weit fortgeschritten war und zudem die Kosten relativ hoch. Das hat sich heute fundamental gewandelt, weshalb davon auszugehen ist, dass Deutschland bereits 2030 voll mit 100 % Erneuerbarem Strom versorgt werden kann.

Die technologischen Fortschritte führen dazu, dass nun auch in Entwicklungs- und Schwellenländern ein steiles Wachstum der Erneuerbaren Energien zu sehen ist. So wurden in Vietnam in 2020 über 9.500 MW an PV-Dachanlagen installiert, im Jahr 2019 waren es nur 378 MW. Der Grund ist klar: Vietnam hat einen unbürokratischeren Einspeisetarif für PV-Dachanlagen ohne Ausschreibungen. Der niedrige Einspeisetarif von 0.0838 US-Dollar pro kWh über 20 Jahre hat den rasanten Boom ausgelöst. Das rasante Wachstumsbeispiel in Vietnam zeigt auf, dass die notwendigen Investitionen in wenigen Jahren möglich sind, die bis 2030 erforderlich sind, um 100% Erneuerbaren Energien zu erreichen.

Politischer Wille kann den Wandel ermöglichen

Das alles Entscheidende dafür ist der politische Wille von Regierungen und Parlamenten dies mit Gesetzen und Förderprogrammen auch umzusetzen.

Die wichtigsten politischen Maßnahmen dafür sind:

  • Ein Gesetz, dass die Einspeisung von erneuerbaren Energien mit einer festen Einspeisevergütung über 20 Jahre garantiert. Diese Einspeisevergütung muss gesetzlich garantiert sein und darf nicht über Ausschreibungen festgelegt werden, da Ausschreibungen kleine und mittlere Akteure, wie beispielsweise Dachanlagen Besitzer, aussperren und so eine Marktkonzentration in den Händen weniger Großkonzerne schafft. Besonders wichtig wäre eine Einspeisevergütung, welche kombinierte Investitionen befördert, die auch Speicher und die Kopplung der Sektoren Heizung und Verkehr mit beinhalten.
  • Neben der direkten Förderung mit Einspeisevergütungen für die Investoren in erneuerbare Energien ist die Abschaffung jeglicher Unterstützung für die fossile und atomare Wirtschaft von höchster Wichtigkeit. Insbesondere müssen alle steuerlichen Subventionen zur Unterstützung der Kohle, des Erdöls und Erdgas abgeschafft werden.
  • Darüber hinaus wäre eine Aufklärungs- und Bildungskampagne für die Vorteile der erneuerbaren Energien und deren technische Umsetzung hilfreich, um breite Unterstützung von der Bevölkerung zu erhalten.
  • Genehmigungshürden für den Ausbau der erneuerbaren Energien sind abzuschaffen.

Wenn Regierung und Parlament in der Mongolei noch im Jahre 2021 entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen, dann kann die Mongolei bis 2025 zu 100% durch Erneuerbare Energien versorgt werden. Die Menschen in Ulan Bator werden endlich saubere Luft atmen können und den freien Himmel an vielen Tagen im Jahr sehen. Zehntausende neue Arbeitsplätze können geschaffen werden und damit die Arbeitslosigkeit mildern. Die Mongolei würde damit auch den eigenen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung des Klimaschutzabkommen von Paris leisten.

Über den Autor:

Hans-Josef Fell war Vizepräsident von Eurosolar. Er arbeitete erfolgreich mit Hermann Scheer viele Jahre im Bundestag und bei EUROSOLAR zusammen. Heute ist er Präsident der Energy Watch Group, die mit wissenschaftlichen Studien und Politikempfehlungen Regierungen und Parlamente berät. Von 1998 bis 2013 war er Mitglied im deutschen Bundestag und hat dort im Jahre 1999 den Entwurf zum Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) geschrieben. Dieses Gesetz wurde vielfach in der Welt kopiert und hat die Grundlagen gelegt für den rasanten Ausbau der Erneuerbaren Energien.

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