Windenergie in Sachsen – Gesetzentwurf „1.000m Abstand“ liegt vor

Der Gesetzentwurf zur Änderung der Sächsischen Bauordnung liegt vor. Geregelt werden u.a. ein 1.000m-Abstand neuer WEA zu Wohnbebauung, samt Ausnahmen.

Bereits im Beitrag vom 18.01.2022 berichteten wir vom Entwurf für die Änderung der Sächsischen Bauordnung. Jetzt wurde der Gesetzentwurf mit der Drucksachennummer 7/8836 dem Landtag übergeben und soll am 28.01.2022 im Ausschuss für Regionalentwicklung behandelt werden.

1.000m-Mindestabstand für Windenergieanlagen

Mit dem neu gefassten § 84 der Sächsischen Bauordnung (SächsBO) soll ein Mindestabstand von 1.000m etabliert werden, den neue Windenergieanlagen zu Wohngebäuden einhalten müssen. Hierdurch werden Windenergieanlagen, die diesen Mindestabstand nicht einhalten entprivilegiert – sie sind also nicht mehr als privilegierte Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch (BauGB) zu behandeln.

Für Wohnbebauung, die sich im Außenbereich befindet, gilt dabei eine Besonderheit: der Mindestabstand soll nur gelten, wenn die Wohnbebauung aus mindestens 5 Wohngebäuden besteht, eine zusammenhängende Siedlungsstruktur aufweist und die Wohngebäude zulässig errichtet wurden.

Unterschreiten des Mindestabstands möglich

Eine Ausnahme soll § 84 SächsBO jedoch auch vorsehen: Mit Zustimmung der Gemeinde und der Ortschaft, auf deren Gebiet die Windenergieanlage realisiert werden soll sowie mit Zustimmung der Gemeinde und Ortschaft, auf deren Gebiet die Wohnbebauung steht, ist eine Unterschreitung des Mindestabstands von 1.000m möglich.

Ausnahme für Projekte mit fortgeschrittener Planung

Schließlich soll § 84 SächsBO eine Übergangsregelung enthalten: Der Mindestabstand von 1.000m soll nicht für Windenergieanlagen gelten, für welche der Antrag auf Genehmigung bis zum 31. März 2022 vollständig bei der zuständigen Behörde eingegangen ist.

Zu betonen ist an dieser Stelle, dass laut der Begründung des Entwurfs diese Übergangsregelung explizit nur für vollständige Anträge auf bau- oder immissionsschutzrechtliche Genehmigung gilt. Demnach soll die Ausnahme der Übergangsregelung nicht für Anträge auf Erteilung eines Vorbescheids gelten.

Tipp: Schnelles Handeln erforderlich

Allen Projektierer:innen ist aufgrund des beabsichtigten Mindestabstands und der Übergangsvorschrift dringend zu raten, Genehmigungsanträge schnellstmöglich zu vervollständigen. Bereits anhängige Vorbescheidsverfahren sollten nach Möglichkeit auf Vollgenehmigungsanträge umgestellt und vervollständigt werden. Nur so ist eine Unterschreitung des Mindestabstands noch verlässlich möglich – auch wenn Streitigkeiten zur Frage der Vollständigkeit nicht auszuschließen sind.

Wir beraten Sie hierbei gerne!

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Sachsen nähert sich der 1.000 m-Regelung

Wie Presseberichten zu entnehmen ist, hat sich die sächsische Koalition im Streit um einen einheitlichen Abstand von Windenergieanlagen auf einen neuen Entwurf für eine Änderung der sächsischen Bauordnung geeinigt, nachdem der erste Entwurf in der Branche und auch bei dem grünen Koalitionspartner auf massive Kritik gestoßen ist.

Der neue Entwurf liegt uns noch nicht vor, er soll jedoch am heutigen 18.01.2022 im Kabinett beschlossen werden.

Nach Presseberichten ist vorgesehen, dass neue WEA 1.000 m Abstand von Wohnbebauung halten müssten, wobei lediglich Ansiedlungen mit „mindestens fünf Wohngebäuden“ Berücksichtigung finden sollen. Es soll außerdem eine „Experimentierklausel“ geben (deren Inhalt uns noch unbekannt ist). Außerdem wird eine Abweichungskompetenz für Kommunen enthalten sein: diese sollen mittels Gemeinderatsbeschluss (also mittels Bauleitplanung) eine abweichende Regelung treffen dürfen. Auch die genaue Ausgestaltung dieser Regelung bleibt offen.

Nach unseren Informationen soll es auch eine Übergangsregelung geben; welche Verfahrensstadien davon umfasst werden ist jedoch ebenfalls unklar.

Über weitere Entwicklungen werden wir Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden halten.

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Energiepolitische Großwetterlage im Jahr 2022: Frischer Wind aus Berlin und Brüssel – EE-Förderung im generellen Wandel

In den vergangenen Wochen zeichneten sich an gleich mehreren Fronten anstehende Umwälzungen bei der Förderung der Erneuerbaren Energien ab. Den Anfang machte die EU-Kommission kurz vor Weihnachten mit der Vorstellung der Neufassung der Energie- und Umweltbeihilfeleitlinien. Nach dem Jahreswechsel folgten die Ankündigungen der neuen Bundesregierung im Rahmen ihres Klimaschutz Sofortprogramms.

Gelockerte Vorgaben aus Brüssel

Mehr Beinfreiheit bei der Förderung der Erneuerbaren versprachen zunächst die am 21.12.2021 veröffentlichten neuen Beihilfeleitlinien. Die überarbeiteten Kommissionsvorgaben für eine europarechtskonforme EE-Förderung fügen sich ein in das „Fit for 55“-Programm der der Brüsseler Behörde. Das neue Regelwerk ersetzt die Leitlinien von 2014, die zum Jahreswechsel ausliefen. Der Rechtsakt firmiert nunmehr unter dem Namen der „Climate, Energy and Environmental Aid Guidelines“ kurz „CEEAG“.

Wie schon der Name vermuten lässt, sprechen die CEEAG ein breites Feld klimafreundlicher Subventionen an. Wenig überraschend sind die Leitlinien daher auch hinsichtlich ihres Textumfangs deutlich angewachsen. So nehmen die Kommissionsvorgaben nunmehr neben Treibhausgasvermeidung auch Maßnahmen zur Treibhausgasspeicherung in den Blick. Die Förderung Erneuerbarer Energien ist „nur“ noch als ein Unterpunkt unter vielen geregelt. Nämlich unter dem allgemeinen Abschnitt betreffend die Beihilfen zur Reduzierung von Treibhausgasen (Ziff. 4.1 CEEAG).

Brüssel gibt den Mitgliedstaaten zukünftig mehr Spielraum hinsichtlich der Aussschreibungsschwellen. Auch bei der Kommission scheint man sich nunmehr im Klaren zu sein, dass eine wettbewerbliche Ermittlung der Fördersätze insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen sowie Bürgerenergieprojekte (noch) überfordert. Belegen ließ sich dies anhand der Akteursstruktur schon länger, wie unlängst auch das Umweltbundesamt aufzeigte.

Nach Rn. 107 CEEAG können nunmehr Anlagen unterhalb einer Leistung von 1 MW von der Ausschreibungspflicht ausgenommen werden. Privilegiert werden zudem Projekte, die zu 100 Prozent im Eigentum von kleinen und mittleren Unternehmen („KMU“ bzw. „SME“) oder Bürgerenergiegesellschaften stehen. Diese können bis zu einer Leistung von 6 MW von der Ausschreibungspflicht befreit werden. Bei Windenergie liegt der Schwellwert sogar bei 18 MW, vorausgesetzt es handelt sich um Bürgerenergie oder um Projekte von Klein- und Kleinstunternehmen.

Was heißt das für „unser“ EEG?

Damit auch deutsche Anlagenbetreiber von diesen Erleichterungen profitieren können, muss die Ampel die Vorgaben noch in das bestehende Ausschreibungsmodell integrieren. Eine unmittelbare Wirkung kommt auch den neuen Leitlinien nicht zu. Umsetzungsbedarf besteht hier insbesondere beim Stichwort Bürgerenergie. Das EEG steckt in diesem Bereich noch voller Altlasten aus Zeiten der großen Koalition. Die Vorangegangene Bundesregierung zeichnete sich bei der Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben vor allem durch Tatenlosigkeit aus. Die Bestimmungen der zweiten Erneuerbaren Energien Richtlinie (RED II) wurden trotz Ablaufen der Umsetzungsfrist kaum in deutsches Recht überführt. Verbände bemühten sich insbesondere hinsichtlich der Bürgerenergie um die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens. Für Teile des EEG steht die Unionsrechtswidrigkeit im Raum, insbesondere beim Eigenverbrauch. Ein Verfahren läuft (Az. INFR(2021)0192).

Durch die Privilegierungen innerhalb der CEEAG ist die neue Bundesregierung zusätzlich gefragt. Meint man es endlich ernst mit Bürgernaher dezentraler Energieerzeugung, muss der neu gewonnene Spielraum bei der nächsten EEG-Reform zwingend genutzt werden. Immerhin der Termin für die nächste Überarbeitung zeichnet sich bereits ab. Im Rahmen der Klimaschutz-Eröffnungsbilanz kündigte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck umfassende Änderungen beim EEG noch im Jahr 2022 an.

Reformpläne der Ampel: Große und kleine Änderungen

Zwei zentrale Aspekte dürften sich zukünftig bereits in § 1 EEG wiederfinden. Zunächst die neue Zielmarkte von 80 Prozent Erneuerbarer Energien am Strommix im Jahr 2030. Zu anderen feiert auch ein bereits bei der Novelle zum EEG 2021 angedachtes Konzept ein Revival: Das Gesetz soll die Erneuerbaren auch ausdrücklich als im überragenden öffentlichen Interesse stehend benennen. Ökostromerzeugung als Teil der öffentlichen Sicherheit. Hier hatte sich die CDU in der vorangegangenen Legislaturperiode noch quergestellt. Vermutlich um Verhandlungsmasse für Jamaika zu sammeln.

Im Übrigen sollen entsprechend des neuen Ausbauziels die Ausschreibungsvolumina heraufgesetzt werden. Im Rahmen eines Solarbeschleunigungspakets sollen auch die Ausschreibungsschwellen heraufgesetzt und die PV-Flächenkulisse erweitert werden. Auch die Rahmenbedingungen für Mieterstorm sollen verbessert werden. Geplant sind ebenso bessere gesetzliche Rahmenbedingungen für den die Verbrauch von EE-Strom unmittelbar in der Erzeugerregion.

An diesem Punkt schließt sich ein weiteres Vorhaben an: Das vollständige Entfallen der EEG-Umlage auf Verbraucher- und Eigenversorgerseite. Ab 2023 soll die Finanzierung der EEG-Förderungen vollständig aus dem Bundeshaushalt gespeist werden. Damit dürften auch die Eigenversorgungsprivilegien (§§ 61 ff. EEG) hinfällig werden. Das wiederum wirft die Frage auf, wie Eigenversorgungssachverhalte zukünftig gefördert werden sollen. Bis jetzt speisen dezentrale Selbstversorgungsprojekte ihre Wirtschaftlichkeit insbesondere aus reduzierten EEG-Umlagepflichten. Dies dürfte mit dem nächsten Jahreswechsel entfallen. Hier peilt man im BMWK wohl den ganz großen Wurf an: Ein neues Strommarktdesign „Klimaneutrales Stromsystem“. Abgaben, Umlagen, Steuern und Entgelte sollen reformiert werden. Nach der jahrelangen schwarz-roten Flaute kündigt sich also ein deutlicher Wetterumschwung an.

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Photovoltaik: Kritik am Entwurf des LROP Niedersachsen – Der Faktencheck

„Die Büchse der Pandora ist geöffnet“ liest man aktuell in der TopAgrar (Beitrag vom 15.12.2021) zum zweiten Entwurf des LROP. Hintergrund: Die Unzulässigkeit von Photovoltaik-Anlagen in Vorbehaltsgebieten für Landwirtschaft wird gestrichen. Die vehemente Kritik ist unberechtigt.

Beitrag: Durch LROP fallen Agrarflächen Photovoltaikprojektierer:innen zum Opfer
Die TopAgrar veröffentlichte zuletzt nahezu wortgenau eine Pressemitteilung des Landvolk e. V.. Der Landvolk e. V. kritisiert dort den zweiten Entwurf des LROP Niedersachsen, da dieser Vorbehaltsgebiete für landwirtschaftlich genutzte Flächen für Photovoltaik zugänglich mache. Die Flächen würden dadurch zum Objekt für Profitinteressen. Eine journalistische Einordnung dieser Mitteilung im Beitrag der TopAgrar erfolgte leider nicht. Dies kann indes nicht unkommentiert bleiben, denn durch die Pressemitteilung entsteht zu unrecht der nachhaltige Eindruck, der Gesetzgeber in Niedersachsen lege rechtsverbindlich Vorranggebiete für Photovoltaikanlagen in Vorbehaltsgebieten für Landwirtschaft fest.

Die Änderung im Landesraumordnungsplan bietet lediglich die Möglichkeit zur Abwägung
Die rechtliche Einordnung des Landvolk e.V. ist – freundlich ausgedrückt – inhaltlich unzutreffend. Raumordnungspläne dienen dazu die gesamträumliche Entwicklung des Landes zu regeln, indem Ziele und Grundsätze zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung von Siedlungs- und Versorgungsstrukturen, von Freiraumnutzungen und -funktionen sowie von technischen Infrastrukturen festgelegt werden. Dabei sind nur die jeweils festgelegten Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG für die nachfolgenden Planungsebenen verbindlich. Als Ziele gelten jedoch nur Ausweisungen als Vorrang- und Eignungsgebiete i.S.d. § 7 Abs. 3 ROG. Indem der LROP die Unzulässigkeit von Photovoltaik in Vorbehaltsgebieten der Landwirtschaft streicht, wird eben gerade kein Ziel festgelegt, also auch nicht „die Büchse der Pandora geöffnet“ (aus der – die Prosa sei verziehen – auch die Hoffnung stammt). Am Planungsgefüge und an den Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Photovoltaikanlagen ändert sich gar nichts. Es wird lediglich den nachfolgenden Plangebern die Möglichkeit der raumverträglichen Abwägung zwischen diesen Nutzungen eröffnet.
Hintergrund: Bis 2040 sollen 65 GW Strom in Niedersachsen aus Solarenergie gewonnen werden; allein 50 GW davon in Vorranggebieten ohne Agrarnutzung. Die heftige Kritik ist vor allem deswegen unberechtigt, weil es im aktuellen Entwurf weiterhin heißt, dass landwirtschaftlich genutzte Flächen von Photovoltaikanlagen freigehalten werden sollen. Es wird mit der geplanten Änderung des LROP also lediglich eine weitere Flächenkategorie der Abwägung zugänglich gemacht. Das heißt übrigens auch, dass eine Vielzahl von Projekten, die von den Landwirten als Flächeneigentümern ausdrücklich gewollt sind, endlich starten können. Damit schafft die Änderung des LROP für alle Beteiligten mehr Flexibilität – und zwar insbesondere auch für die Landwirte.

Angriff auf die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Planungshoheit
Es verbleibt der Eindruck, dass das Verständnis für die rechtlichen Planungsinstrumente der Raumordnung nicht so gewichtig ist, wie das „Selbstbewusstsein“, die kommunale Planungshoheit der Gemeinden anzugreifen. Die Entscheidung Photovoltaikanlagen der planerischen Konzeption – etwa durch Flächennutzungspläne oder Regionalpläne – zugänglich zu machen, liegt nach Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 57 Abs. 1 NsVerf ausschließlich bei den kommunalen Hoheitsträgern und der Raumordnung. Dass Flächen zu „Objekten für Spekulanten“ würden oder „noch mehr Druck auf die planenden Kommunen“ ausgeübt würde, offenbart ein dürftiges Verständnis über die Abläufe der kommunalen Planung. Ein Rechtsanspruch besteht nicht.

Perspektivisch bleibt durch diesen Entwurf die „Büchse der Pandora“ also geschlossen. Vielmehr öffnet sich eine Tür, um die Energiewende in Niedersachsen bis 2040 voranzubringen! Es wäre schön gewesen, wenn die TopAgrar diesen Aspekt ebenfalls angesprochen hätte. Aber mit dem Slogan „Agrarflächen fallen Profitgier zum Opfer“ macht sich die TopAgrar leider zum Handlanger einer Lobby, die sich der Verhinderung Erneuerbarer Energien verschrieben hat. Die gesamtgesellschaftliche (!) Aufgabe der Energiewende hat man in der Redaktion offensichtlich nicht begriffen. Und weiter: Erneuerbare Energien sollten als echte (neue) Landwirtschaft begriffen werden. Zu Beginn der gesetzlichen Vorschriften zur Realisierung der Energiewende wurde immer wieder angesprochen, ob das ziehen der „Frucht“ Wind und Sonne nicht als regelmäßige Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB begriffen werden sollte. Nicht nur viele Probleme würden dadurch beseitigt, sondern vor allem würde man fortschrittliche (ökologische Energie-)Landwirtschaft helfen. Landvolk e.V. und TopAgrar haben zu dieser modern gedachten Landwirtschaft indes (wohl noch) keinen Zugang gefunden.

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OVG Lüneburg – Abstandsbaulast muss die Höhe des Bauvorhabens nicht bezeichnen

Das OVG Lüneburg hat sich in seinem Beschluss vom 19.07.2021 (Az.: 1 ME 75/21) mit der Frage befasst, wann eine bewilligte Abstandsbaulast dem Bestimmtheitsgebot genügt.

Plant ein Vorhabenträger die Errichtung einer baulichen Anlage, hat er dabei zu den Grenzen der Nachbargrundstücke bestimmte Abstandsflächen einzuhalten. Für die Bemessung des einzuhaltenden Grenzabstands gilt grundsätzlich das Maß H (Höhe). Dies ist Folge des sog. nachbarrechtlichen Rücksichtnahmegebots. Die Vorschriften der Landesbauordnungen sind daher teilweise dispositiv. Nach §§ 5 Abs. 5 S. 2, 6 Abs. 2 NsBauO kann von den Abstandsvorgaben abgewichen werden, wenn durch Baulast gesichert ist, dass auch bauliche Anlagen auf dem benachbarten Grundstück den vorgeschriebenen Abstand von der bestimmten Grenze einhalten.

Hintergrund der Entscheidung
Dem Eigentümer (späterer Beigeladener) eines Grundstücks wurde am 05.03.2021 durch die Gemeinde (spätere Antragsgegnerin) eine Baugenehmigung für den Bau einer Doppelgarage erteilt. Die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vor dem OVG Lüneburg war die Eigentümerin des unmittelbar angrenzenden Grundstücks. Zwei Jahre zuvor wurde durch die Antragstellerin die Eintragung einer sog. Abstandsbaulast bewilligt. Darin gestattete die Antragstellerin (sowie seinerseits der Beigeladene) sinngemäß, für die Bemessung des Grenzabstands für Vorhaben auf dem benachbarten Grundstück die Nutzung einer Teilfläche ihres Grundstücks. Der beigefügte Lageplan stellte lediglich eine in der Tiefe begrenzte Baulastfläche – unmittelbar gegenüber vom Wohnhaus der Antragstellerin – dar. Der Abstand zwischen der Baulast und dem Wohnhaus betrug demnach noch ca. 2 m. Der Beigeladene plante – unter Einhaltung der Baulastfläche – die Errichtung der Garage mit einer Höhe von ca. 5, 30 m.

Die Antragstellerin wandte sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung. Sie vertrat die Rechtsauffassung, die Baugenehmigung beruhe auf einer nichtigen bzw. rechtswidrigen Baulast. Aufgrund der Höhe des Vorhabens käme es zu unzumutbaren Verschattungen, daher sei die Baulast wegen des Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 NsBauO nichtig. Mangels hinreichender Bestimmtheit sei sie auch rechtswidrig.

Erwägungen im Beschluss
Das OVG hat die Beschwerde der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen. Interessanterweise stellte der Senat zunächst fest, dass in der Bewilligung einer Baulast regelmäßig als minus die Erklärung liege, ihre Ausnutzung nicht mit Rechtsbehelfen angreifen zu wollen (sog. Rechtsmittelverzicht). Demzufolge würde eine entsprechende Klage bereits am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis scheitern.

Eine Nichtigkeit der Baulast wegen unerträglicher Zustände komme im Übrigen nicht in Betracht, da die (vermeintlich) verschatteten Räume nach der Niedersächsischen Bauordnung nicht auf Belichtung durch Fenster angewiesen seien.

Die Baulast stelle sich auch als hinreichend bestimmt dar. Das Bestimmtheitsgebot folgt aus Art. 20 Abs. 3 GG, es besagt – abstrakt formuliert – Verwaltungshandeln muss klar verständlich sein, damit der Bürger die Möglichkeit hat, sich rechtstreu zu verhalten. Das gilt auch für die Baulast, da diese Grundlage für eine Baugenehmigung sein kann. Es genüge – so das OVG Lüneburg – für die Bestimmtheit der Baulast, dass die Tiefe der Baulastfläche den Kreis der mit der Baulast ermöglichten Vorhaben hinreichend eingrenze. Zulässig sei nicht jedes beliebige, sondern nur ein Vorhaben, das den Grenzabstand nach § 5 NBauO zur fiktiv verschobenen Grundstücksgrenze wahre. Dies sei ausreichend, um die Rechtswirkungen der Bewilligung verlässlich einzugrenzen.

Fazit
Das OVG Lüneburg prüft in seiner Entscheidung lehrbuchmäßig am Gesetz entlang. Bei der Bewilligung einer Baulast ist also Vorsicht geboten. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die möglichen Vorhaben durch eine genaue Bezeichnung der Baulast eindeutig begrenzen. Darüber hinaus zeigt die Entscheidung, für die Frage der Nichtigkeit bzw. Rechtswidrigkeit einer Baulast, kommt es entscheidend auf den Schutzzweck des Abstandsflächenrechts an.

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