Für die Unangemessenheit städtebaulicher Verträge gilt ein strenger Maßstab: Insb. wirtschaftliche Nachteile infolge privatautonom getroffener Vereinbarungen vermögen diese nicht zu begründen.
So urteilte das BVerwG mit Entscheidung vom 18.05.2021 (4 C 6/19), in der es spezifische Fragen des städtebaulichen Sanierungsrechts mit generellen Überlegungen zur Angemessenheit verknüpfte.
Hintergrund
Gegenstand des Urteils waren zwei städtebauliche Verträge i.S.d. § 11 BauGB zwischen der beklagten Gemeinde und einer Grundstückseigentümerin, in denen sich letztere zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen auf eigene Kosten verpflichtete. Zudem wurde eine Kostenerstattung nach § 155 Abs. 6 BauGB ausgeschlossen.
Die Grundstückseigentümerin hatte zuvor zwei Wohnsiedlungen von der Bundesrepublik Deutschland erworben, die im Geltungsbereich einer Sanierungssatzung der Gemeinde lagen. Kaufpreiserhöhend wurde berücksichtigt, dass die Erwerberin von künftigen sanierungsrechtlichen Ausgleichsansprüchen an die Gemeinde freigestellt wurde.
In dem Verfahren galt es nun zu klären, ob die Grundstückseigentümerin durch die Vereinbarungen unangemessen benachteiligt wurde.
Das Urteil: Strenger Maßstab für die Unangemessenheit
Das BVerwG lehnte eine Verletzung des Gebots der Angemessenheit ab.
Bei der „Konturierung“ des Gebots müsse sich am jeweiligen gesetzlichen Leitbild orientiert werden; im gegenständlichen Fall die gesetzlichen Wertungen des Sanierungsrechts (§§ 136ff BauGB).
Angesichts der in § 146 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 BauGB normierten Offenheit des Sanierungsrechts für vertragliche Regelungen, könne nur ein unauflösbarer Wertungswiderspruch zwischen den vertraglichen Regelungen und dem gesetzlichen Leitbild die Unangemessenheit begründen.
Einen solchen unauflösbaren Widerspruch lehnte das BVerwG ab. Durch den erhöhten Kaufpreis und die vertraglichen Regelungen sei zwar eine wirtschaftlich nachteilige Situation entstanden. Diese führe aber nicht zwangsläufig zu einer Verletzung des Gebots der Angemessenheit, wenn die Nachteile aus privatautonom getroffenen Vereinbarungen herrührten.
Das BVerwG führte dahingehend aus, dass Gemeinden nicht verpflichtet sind, die (wirtschaftlichen) Interessen ihres Vertragspartners beim Abschluss städtebaulicher Verträge umfassend zu würdigen – auch nicht im Rahmen der Kaufpreisprüfung nach § 145 Abs. 2, § 154 Abs. 2 BauGB. Zudem dürften Gemeinden wirtschaftliche Risiken im Zusammenhang mit sanierungsbedingten Vor- und Nachteilen auf die Eigentümer:innen abwälzen.
Kernaussage: Zivilrechtliche Verträge erforderlich
Das Urteil des BVerwG bestätigt – wie von uns in der anwaltlichen Beratungspraxis seit jeher gehandhabt – ausdrücklich, dass städtebauliche Verträge i.S.d. § 11 BauGB das falsche Instrument sind, um Kommunen auf rechtmäßige Weise gewichtige Vorteile zukommen zu lassen.
Dies geht vielmehr nur über einzelfallfallspezifische zivilrechtliche Verträge zwischen Projektierer:innen und Kommunen.